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Ein Tankwagen versorgt Menschen im Al-Zaatri-Flüchtlingslager nahe Mafraq, Jordanien, mit Wasser.

© Reuters/ Muhammad Hamed

Wasser-Deal zwischen Jordanien und Israel: Wenn Wasser zur politischen Ware wird

Wasser birgt angesichts des fortschreitenden Klimawandels enormes Konfliktpotenzial - und wird wohl bald ein bestimmendes Element der Geopolitik. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Matthias Jauch

Ein Blick auf eine der schwersten Dürren in der Geschichte Jordaniens genügt, um einen Fingerabdruck des Klimawandels zu erahnen. Von einem drastisch sinkenden Grundwasserspiegel könnte die Rede sein, mehr als drei Meter im Jahr, von Rinnsalen, wo einst breite Ströme flossen, von 40 Litern Wasser, die vielen Menschen pro Tag nur bleiben. Für viele Jordanier ist das bereits der Normalzustand.

Die Wasserknappheit ist in dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land, das seit Jahren auch mehrere Millionen Geflüchtete versorgt, längst Teil des Alltags. Jede Dürreperiode trifft dieses Land, das zu den trockensten der Erde gehört, hart.

Nun haben Jordanien und Israel einen Handelsvertrag über die knappe Ressource geschlossen: Israel verkauft 50 Millionen Kubikmeter Wasser an das benachbarte Königreich, einen Stabilitätsanker in der oft so unruhigen Region. Es handelt sich eine Rekordmenge und eine Einigung mit Strahlkraft. Gewiss, der Streit um das Wasser des Jordan ist nicht beigelegt. Die Verteilung des gemeinsamen Wassers ist seit dem Friedensabkommen von 1994 ein zentrales Thema zwischen den Staaten. Die neuen Wasser-Lieferungen können auch politische Abhängigkeiten schaffen.

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Die Partnerschaft der Länder ist gerade für Israel die wohl wichtigste in der unmittelbaren Nachbarschaft, sie litt jedoch in den letzten Monaten der Regierung von Benjamin Netanjahu. Nun gelingt eine Einigung ausgerechnet mit der neuen Regierung des Hardliners Naftali Bennett. Sie setzt das Signal: Die Zusammenarbeit gelingt, wenn es sein muss. Die Politik um Wasser gewinnt an Bedeutung – immerhin beugt sie auch Spannungen vor.

Der Wettkampf um das knappe Wasser wird sich zuspitzen

Dies ist das bessere Beispiel eines Umgangs mit der knappen Ressource. Der Disput um den Nil-Staudamm in Äthiopien, 1800 Meter lang und bald fertiggestellt, ist das schlechtere Beispiel. Seit Beginn des Projekts 2011 herrscht Streit mit den Anrainern Ägypten und Sudan, die sich um die Wassermengen sorgen, die diese Talsperre dem Fluss entziehen könnte. Ägypten nimmt über 90 Prozent seines Wassers aus dem Nil. Unzählige Verhandlungsrunden brachten keinen Erfolg. Selbst Krieg wurde angedroht. Nun liegt die Causa im UN-Sicherheitsrat.

Wasser birgt angesichts des fortschreitenden Klimawandels enormes Konfliktpotenzial. Wer es hat, wird an Bedeutung gewinnen. Wem es fehlt, könnte es sich mit Gewalt holen. Der Wettkampf um das knappe Wasser wird sich zuspitzen, warnte schon vor Jahren die EU-Denkfabrik „Joint Research Center“. Konflikte um Wasser werden eine der größten Herausforderungen der Diplomatie im 21. Jahrhundert werden, ein bestimmendes Element der Geopolitik.

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