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Der deutsche Bundestag und seine Abgeordneten.

© imago images/Christian Spicker

Was folgt aus dem Fall Amthor?: Klarere Regeln für Nebentätigkeiten gefordert

Als Konsequenz aus der Lobby-Affäre wird über ein Lobbyregister diskutiert. „Wir brauchen Initiativen für mehr Transparenz", sagt Grünen-Politikerin Haßelmann.

Das Schreiben, das jetzt dem Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor (CDU) so viel Ärger einbringt, trägt den offiziellen Briefkopf des Parlaments, mit Bundesadler und Adresse am Platz der Republik 1. Amthor warb darin bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für ein „spannendes und politisch vielversprechendes Investitionsvorhaben“ der Firma Augustus Intelligence, wie es in dem vom „Spiegel“ in Auszügen veröffentlichten Brief heißt.

Mit dem Firmengründer wolle er den Minister „gern zu einem Gespräch zusammenbringen“. Tatsächlich kann der Abgeordnete für das Start-up-Unternehmen im November 2018 gleich zwei Termine mit dem Ministerium organisieren, der Minister ist allerdings nicht dabei. Bei beiden Gesprächen sitzt Amthor mit am Tisch.

Dass sich ein Abgeordneter für Unternehmen einsetzt, ist zunächst nichts Ungewöhnliches. Doch Amthor machte nicht nur Lobbyarbeit für die in den USA angesiedelte Firma, er erhielt auch einen Posten im Board of Directors sowie Aktienoptionen, die er im Falle eines wirtschaftlichen Erfolgs der Firma später hätte gewinnbringend einlösen können.

Amthor bezeichnete seine Tätigkeit für Augustus nach deren Bekanntwerden als „Fehler“ und betonte: „Ich bin nicht käuflich.“ Er habe die Aktienoptionen zurückgegeben und die Nebentätigkeit beendet. Zugleich betonte er, er habe diese Tätigkeit beim Bundestag angezeigt.

Amthor muss in seiner Fraktion Rede und Antwort stehen

In den kommenden Tagen wird der 27-jährige CDU-Politiker in seiner Fraktion Rede und Antwort stehen müssen. „Es wird sicherlich ein persönliches Gespräch geben, um den Sachverhalt zu klären“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, dem Tagesspiegel.

Abgeordnete können grundsätzlich bezahlte Nebentätigkeiten ausüben, müssen diese aber sauber von ihrem Mandat trennen. Denn im Abgeordnetengesetz heißt es, Mitglieder des Bundestages dürften für die Ausübung ihres Mandats „keine anderen als die gesetzlich vorgesehenen Zuwendungen oder andere Vermögensvorteile annehmen“. Wenn sich also ein Politiker in seiner Funktion als Abgeordneter für ein Unternehmen einsetzt, mit dem er geschäftlich verbunden ist, könnte es bereits schwierig werden.

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Dass es die Treffen im Wirtschaftsministerium gab, wurde erst durch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Oliver Krischer öffentlich. Denn die Bundesregierung ist nicht verpflichtet, von sich aus Kontakte mit Lobbyisten offenzulegen. Auch Interessenvertreter müssen nicht angeben, in wessen Auftrag sie unterwegs sind.

Lobbyregister kommt seit Jahren nicht voran

Als Konsequenz aus dem Fall Amthor werden nun Forderungen nach einem Lobbyregister laut. Der SPD-Vize Kevin Kühnert sprach sich für ein solches Register und „volle Transparenz bei den Nebeneinkünften“ aus. Der Union warf er vor, eine solche Regelung bisher verhindert zu haben. „CDU und CSU müssen ihre jahrelange Blockade beenden und den Weg für mehr Transparenz endlich frei machen.“ Tatsächlich gibt es seit Jahren zwar eine Debatte über ein Lobbyregister, doch das Projekt kommt politisch nicht voran.

Während die Sozialdemokraten die Unionspolitiker beschuldigen, schärfere Transparenzregeln zu verhindern, kontern letztere mit dem Verweis auf die Koalitionsverhandlungen, in denen sich die SPD am Ende nicht für das Lobbyregister stark machte: In den Verhandlungen hätten „alle Koalitionspartner von diesem Punkt Abstand genommen“, sagte Patrick Schnieder, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion.

Allerdings sei die Union „gesprächsbereit“, in dieser Woche solle es wieder ein Gespräch dazu geben. Schnieder betonte, es sei wichtig, „die Transparenz des Austauschs von Politik und Interessenvertretern zu erhöhen und dabei den geschützten Bereich des freien Mandats zu erhalten. „Der Kontakt zu Abgeordneten kann nicht eingeschränkt werden.“

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Vertreter der Opposition werfen beiden Koalitionspartnern vor, sich nicht für strengere Lobbyregeln einzusetzen. „Der Fall Amthor zeigt: Aussitzen geht nicht mehr“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann. „Wir brauchen dringend Initiativen für mehr Transparenz.“ Nötig seien neben einem Lobbyregister auch klarere Regeln für die Nebentätigkeiten von Abgeordneten.

Der Bundestag hatte im vergangenen Jahr eine Rüge der Staatengruppe gegen Korruption (Greco) kassiert, weil er seit Jahren Empfehlungen zur Prävention von Abgeordnetenbestechung nicht umsetzt. Die Experten der Staatengruppe des Europarats bemängelten die geltenden Anzeigepflichten und forderten, dass Abgeordnete mögliche Interessenkonflikte sowie auch kleinere Unternehmensbeteiligungen offenlegen sollten.

Dabei hat bereits der Fall der CDU-Bundestagsabgeordneten Karin Strenz gezeigt, dass die bestehenden Verhaltensregeln nicht ausreichen. Strenz hatte Geld von einem Unternehmen erhalten, das aus Aserbaidschan bezahlt wurde. Zugleich hatte sie sich im Europarat für die Interessen des autoritär regierten Landes stark gemacht. Der Bundestag verhängte ein Ordnungsgeld gegen Strenz – allerdings nur wegen der verspäteten Meldung ihrer Nebentätigkeit.

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