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Seit 2006 gibt es in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

© Stefan Puchner/dpa

Was Diskriminierung auslöst: "Eine sehr emotionale und oft lebenslange Erfahrung"

Über Diskriminierung zu reden, fällt vielen schwer, weil sie meist geleugnet wird. Ein Gespräch über Folgen für die Seele, Hilfen und juristische Schritte.

Frau Andrades Vazquez, wie erleben Menschen Vorurteile und Diskriminierung im Alltag?

Diskriminierung kann in jedem Lebensbereich auftreten und auf allen Ebenen, beispielsweise bei der Wohnungssuche, beim Besuch einer Diskothek, am Arbeitsplatz oder beim Amt. Es ist ein strukturelles Problem. Für Betroffene ist das eine sehr emotionale und oft lebenslange Erfahrung. Diskriminierung wertet ab und schließt aus. Das macht traurig, unsicher, wütend und kann auch gesundheitliche Folgen haben.

Wie kann man Betroffenen von Diskriminierung helfen?

Die Betroffenen brauchen einen Ort, um über ihre Erfahrungen zu sprechen und an dem sie Unterstützung erfahren. Über Diskriminierung zu sprechen, fällt vielen schwer, weil sie in der Regel geleugnet wird. Vorfälle werden bagatellisiert und lächerlich gemacht. Häufig wird die Situation ins Gegenteil verkehrt: Wenn Menschen über Diskriminierung sprechen, wird ihnen vorgeworfen, schwierig zu sein. Betroffene müssen ernst genommen  – und über ihre Rechte informiert werden.

Was heißt das?

Seit 2006 gibt es in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Doch nur wenig Betroffene kennen das Gesetz und nehmen es für sich in Anspruch. Dafür sind qualifizierte Beratungsstellen sehr wichtig. Das Gesetz sieht zum Beispiel vor, dass alle Unternehmen Beschwerdestellen einrichten müssen. Diskriminierungsmeldungen müssen geprüft und geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Leider werden diese Stellen nur von wenigen Unternehmen ernsthaft betrieben.

Eva Maria Andrades Vazquez (43) ist Juristin.
Eva Maria Andrades Vazquez (43) ist Juristin.

© Promo

Wie können Menschen besser zu ihrem Recht kommen?

Es braucht in Deutschland ein starkes Netz von Antidiskriminierungsberatungsstellen, die Betroffene unterstützen. Zudem braucht es ein Verbandsklagerecht. Menschen, die sich gegen Diskriminierung juristisch zur Wehr setzen wollen, müssen bisher alleine klagen. Das geschieht selten, weil es schwierig  ist. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss entsprechend geändert werden, damit Verbände für die Rechte der Betroffenen vor Gericht gehen können.

Eva Maria Andrades Vazquez (43) ist Juristin und Ko-Geschäftsführerin des Antidiskriminierungsverbands Deutschland (ADVD). Zuvor war Sie Projektleiterin beim Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg.

Jonas Mielke

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