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Setzt auf einen Impfstart Anfang 2021: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

© REUTERS

Wann kommt der Impfstoff?: Spahn rechnet mit baldigem Durchbruch

Weihnachten, Anfang 2021? Es gibt neue Hoffnung, dass bald ein Corona-Impfstoff einsatzbereit sein könnte - die Logistik läuft bereits auf Hochtouren.

Überall ist eine Corona-Erschöpfung zu spüren, Sorgen dominieren die Alltag - da wächst eine Sehnsucht immer stärker, die nach einem Impfstoff. So kann ein Wort von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in diese Richtung mittlerweile börsenrelevant werden. Das zeigt sich am Freitag, sein Ministerium hat Mühe, einen „Bild“-Bericht einzufangen. In einer Videoschalte der Gesundheitsminister habe Spahn erklärt, das Mainzer Unternehmen Biontech stehe dicht vor Zulassung eines Impfstoffs. Auf Nachfragen, wann er mit ersten Impfungen rechne, habe Spahn gesagt: „Das könnte noch vor Ende des Jahres passieren.“

Sein Sprecher betont zu dem Bericht: Interne Gespräche würden generell nicht kommentiert. Ob Zufall oder nicht: Der Biontech-Aktienkurs legte zeitweise um rund 5 Prozent auf bis zu 77,70 Euro zu. Spahn, derzeit selbst mit dem Coronavirus infiziert, ebenso sein Ehemann, hält offiziell weiterhin einen Impfstoff Anfang 2021 für das realistischere Szenario. Er und Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) rechnen mit einem Impfstart im ersten Quartal 2021. Damit es mit dem Impfen dann auch sofort losgehen kann, hat das Ministerium die Landesregierungen nun aufgefordert, bis 10. November Lieferadressen für den Impfstoff zu nennen und damit die Standorte für Impfzentren.

Geplant sind bundesweit 60 große Impfzentren, die Zahl der Liefer- und Lagerorte je Bundesland richtet sich nach der Bevölkerungsgröße, dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. So heißt es in niedersächsischen Regierungskreisen, man sei aufgefordert worden, fünf Anlieferstationen zu benennen. Spahn kann sich Haupt-Impfzentren zum Beispiel in Messehallen vorstellen. Die Impfstoffe müssen bei bis zu minus 70 Grad transportiert und gelagert werden. Dafür braucht es entsprechende Geräte, zumal die Stoffe in sehr großen Mengen kommen sollen. Berlin will den Impfstoff von dem Lagerort so verteilen, dass er in mindestens 15 Impfstellen verabreicht werden kann

Alle Bürger in 6,7 Monaten impfen

Dem „Spiegel“ sagte der Minister nun, es könne im Januar so weit sein, vielleicht auch Februar oder März – oder sogar noch später. „Natürlich wäre es das Beste, ein Impfstoff würde Neuinfektionen verhindern. Aber es wäre auch schon ein Gewinn, wenn er den Krankheitsverlauf milder macht“, so Spahn. Sobald es genug Impfstoff gebe, könnte „in sechs, sieben Monaten ein großer Teil derjenigen, die wollen, geimpft werden“. Klar sei, dass Pflegekräfte, Ärzte und medizinisches Fachpersonal als erste geimpft werden müssen.

Eine Impfpflicht lehnt er weiter kategorisch ab und versteht nicht, warum er immer und immer wieder danach gefragt und das zum xten Mal klarstellen muss. Zudem verspricht er, dass es dank abgeschlossener Vorverträge für alle, die sich impfen lassen wollen, genug Stoff geben werde: „Wir sichern uns deutlich mehr Impfstoff, als wir brauchen werden“. Was übrig bleibe, könne immer noch an andere Länder weiterverkauft oder an arme Nationen gespendet werden.“

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Auch deutsche Firmen wie Biontech und Curevac sind vorn dabei im Renne um den Corona-Impfstoff
Auch deutsche Firmen wie Biontech und Curevac sind vorn dabei im Renne um den Corona-Impfstoff

© dpa

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betont bei einer Digital-Konferenz des SPD-Wirtschaftsforums, die Wahrscheinlichkeit einer guten Wirkung bei vertretbaren Nebenwirkungen sei hoch: „Aktuell sind fast 200 Impfstoffe gegen das Corona-Virus in der Entwicklung. Bei keiner Infektion hat die Wissenschaft je so stark und schnell kooperiert.“ Sorge bereitet der Branche, dass auch in Deutschland die Fertigungs- und Abfüllkapazitäten rasch ausgeweitet werden müssen.

Wer macht das Rennen?

Einige Impfstoff-Entwicklungen sind inzwischen in den entscheidenden Phase-3-Studien angelegt. CoronaVac der chinesischen Firma Sinovac Biotech befindet sich gerade in einer Erprobung mit Zehntausenden Freiwilligen in Brasilien, der Türkei und Indonesien. In China wurde CoronaVac schon Ende August zur Impfung von Hochrisikogruppen, darunter vor allem die Angestellten im Gesundheitswesen, für den Notfalleinsatz zugelassen.

Das Duo Pfizer und das Mainzer Unternehmen Biontech sind ebenfalls in einer Phase-3-Studie mit 44.000 Freiwilligen in Südamerika – und hofft auf eine Notfallzulassung in den USA bis Dezember.

Seit Ende Juli befindet sich auch mRNA-1273, ein Impfstoff des US-Unternehmens Moderna in seiner klinischen Phase-3-Studie. Auch Moderna hofft auf eine US-Notfallzulassung noch in diesem Jahr. Die Tübinger Firma Curevac testet seit Ende September seinen Impfstoff-Kandidaten an Hunderten Probanden in Peru und Panama, ist aber „erst“ in einer Phase-2-Studie.

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Es soll keine Impfpflicht geben - auch wenn das die Gegner von Minister Spahn weiter glauben.
Es soll keine Impfpflicht geben - auch wenn das die Gegner von Minister Spahn weiter glauben.

© epd

Bei der Entwicklung des Impfstoffes AZD1222, an dem das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca und die Universität Oxford arbeiten, wurde diese Woche ein Rückschlag vermeldet: Ein Proband, der angeblich ein Placebo und nicht den Impfstoff erhalten hatte, ist in der Studie, die in Brasilien durchgeführt wird, gestorben.

In Moskau soll zwischen Dezember und Januar sogar bereits mit Massenimpfungen gegen das Coronavirus begonnen werden. Die ersten größeren Lieferungen des ersten russischen Impfstoffes würden im nächsten Monat eintreffen, teilte Bürgermeister Sergej Sobjanin mit. „Das wird der endgültige Sieg über die Pandemie sein“, meinte Sobjanin. Das russische Vakzin mit Namen „SputnikV“ war schon im August freigegeben worden. International gibt es Kritik daran, weil die Freigabe noch vor dem Abschluss wichtiger Tests erfolgte.

Steinmeier sieht globalen Charaktertest

Aber unter Strich zeigt sich, dass zumindest auf diesem Feld die Hoffnung überwiegt: Schon Anfang April hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Jordaniens König, den Präsidentinnen Singapurs und Äthiopiens sowie mit Ecuadors Präsident in der „Financial Times“ für eine globale Allianz geworben. „Die menschliche Erfahrung lehrt uns, dass fast alle Seuchen, die Menschenleben forderten – Tuberkulose, Pocken, Ebola, Aids –, von der modernen Medizin überwunden wurden, der es gelang, Therapien und Impfstoffe zu entwickeln“, schrieben die Staatschefs damals.

Und sie betonten, hier gehe es um einen globalen Charaktertest, in der Krise könne eine Chance liegen. Ihre Hoffnung bis heute: Die Internationalisierung der Entwicklung, Herstellung und Verteilung von Impfstoffen werde nicht nur das Gegenmittel gegen das Virus selbst hervorbringen, „sondern auch gegen die politischen Verwerfungen, die sich seit seinem Ausbruch vertieft haben“.

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