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Der politische Übervater im Hintergrund war schon Kanzler, Olaf Scholz möchte es erst noch werden.

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Wahlprogramm der SPD: Respekt als Dreh- und Angelpunkt und ganz viel Fortschritt

Als erste Partei, die den Kanzler stellen will, hat die SPD ihr Wahlprogramm vorgelegt. Ist es zu progressiv für die traditionelle SPD-Klientel?

Von Hans Monath

Die Zukunft, so verspricht die SPD, wird großartig unter ihrer Regierungsführung. Doch in der Gegenwart haben die Sozialdemokraten noch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen – nicht nur mit bislang schlechten Umfragen, sondern auch mit technischen Problemen.

Zumindest waren die ersten Minuten der Übertragung der virtuellen Pressekonferenz am Montag von kratzend-knarrenden Störgeräuschen überlagert. Sie erschwerten aber nur kurz die Verständlichkeit von Kanzlerkandidat Olaf Scholz sowie den Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die nach der Sitzung des Parteivorstands das Wahlprogramm der SPD präsentierten.

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„Zukunft, Respekt, Europa“ lauten die auf eine Formel gebrachten Zentralversprechen der SPD. Parteichefin Esken deklinierte zuerst die neue Bedeutung des Begriffs „Respekt“ durch, was insofern bemerkenswert war, da die Bundestagsabgeordnete aus dem Schwarzwald selbst bislang nicht durch einen respektvollen Umgang zum Beispiel mit der Meinung Andersdenkender oder der Arbeit der Polizei aufgefallen war.

Auch wenn alle drei SPD-Politiker die Harmonie bei der gemeinsamen Erarbeitung des Programms betonten, tut man ihnen wohl nicht unrecht, wenn man festhält, dass der Vizekanzler schon lange vor der Abwertung zum Beispiel von Menschen ohne Universitätsdiplom warnt und politischen Erfolg davon abhängig macht, dass seine Partei Mittel- und Geringverdienern Anerkennung vermittelt. 

Hat Anerkennung auch kulturelle Aspekte?

Allerdings in dieser Hinsicht für die Sozialdemokraten noch einiges zu tun, weil sich Anerkennung nicht nur mit dem von der SPD versprochen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro ausdrückt, sondern auch im Verzicht darauf, kulturelle Differenzen zu Menschen zu betonen, die anders leben oder denken als die Spitze des Fortschritts.

Wenn es nach der SPD geht, bleibt Deutschland auch als klimaneutrale Gesellschaft wirtschaftlich stark.
Wenn es nach der SPD geht, bleibt Deutschland auch als klimaneutrale Gesellschaft wirtschaftlich stark.

© dpa

Esken jedenfalls nannte Respekt eine der wichtigsten Ressourcen einer Gesellschaft im Wandel, weshalb der Begriff „einer der Dreh- und Angelpunkte unseres Regierungsprogramms“ sei. In der Corona-Pandemie sei deutlich geworden, welche Berufsgruppen den Betrieb aufrechterhielten und Respekt verdienten. Auch sei in dieser Zeit wieder klar geworden, wie wichtig Familien für die Stabilität seien.

Laut der Parteichefin will die SPD Anerkennung nicht nur traditionellen gesellschaftlichen Gruppen geben, sondern auch neue Ansprüche anerkennen. In der Debatte „über die so genannte Identitätspolitik“ müsse sie klarstellen: „Erst durch den Respekt vor der Vielfalt der Menschen, vor ihrer Eigenart, vor ihrer individuellen Identität kann Zusammenhalt und Gemeinsinn entstehen.“

"Es ist ein zuversichtliches Programm"

Kanzlerkandidat Scholz hob hervor: „Es ist ein zuversichtliches Programm. Ein Programm, das einen Plan für die 20er Jahre beschreibt.“ Die SPD sei „als Erste auf dem Platz von den großen Parteien, die sich um die Führung des Landes bewerben“.  

Weil seine Partei sich „so früh auf den Platz gestellt“ habe, beanspruche sie nun die Meinungsführerschaft und bestimme die Debatte: „Deswegen legen wir auch die Latte vor, was zu diskutieren ist“, sagte der Vizekanzler.

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Die Sozialdemokraten präsentieren sich in ihrem Programm als Partei der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs. Sie setzen aber erstmals auch sehr stark auf Klimaschutz.

Außerdem versprechen sie, die Hartz-IV-Grundsicherung in heutiger Form abzuschaffen und durch ein Bürgergeld zu ersetzen. Eine Kindergrundsicherung soll das bisherige Kindergeld ersetzen.

Den gesetzlichen Mindestlohn will die Partei auf „mindestens 12 Euro“ anheben. In dem Entwurf ist zudem ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen vorgesehen. Bürger mit hohem Vermögen sollen mehr Steuern zahlen.

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