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Rente mit 60. Wie das bezahlt werden soll? Das sagt sie lieber nicht. Marine Le Pen am Sonntag in Lyon.

© Reuters

Wahlkampfauftakt in Frankreich: Marine Le Pen will raus aus EU und Nato

Frankreich zuerst: Marine Le Pen macht bei ihrem Wahlkampfauftakt in Lyon große Versprechungen. Ob sie die halten kann? Und noch ein anderer Kandidat bekommt große Aufmerksamkeit.

Marine Le Pen setzt auf den Trump-Effekt. „Donald Trump hält seine Versprechen. Er handelt schnell, stark und im Interesse des Volkes“, schwärmte die Chefin des rechtsextremen Front National. Sie ist am Wochenende mit einer großen Parteiversammlung in Lyon in den Wahlkampf gestartet. Vor 3000 Personen stellte sie im Amphitheater ihr Wahlprogramm für die Präsidentschaftswahlen am 23. April und 7. Mai vor. Zum Abschluss ihrer einstündigen Rede sagte sie: „Wir sind immer noch und vor allem Franzosen.“

Trump plädiert für Amerika zuerst, Le Pen will Frankreich wieder stark machen. „Ich bin die Kandidatin des französischen Volkes“, verkündete sie. Den anderen Parteien ginge es dagegen nur ums große Geld. Le Pen konzentriert sich in ihrem Wahlprogramm mit 144 Punkten auf eine nationale Politik, setzt auf „Frexit“, einen Austritt Frankreichs aus dem Euro und der Europäischen Union: „Die EU ist ein Misserfolg.“ Frankreich müsse seine Unabhängigkeit wiederfinden. Im Falle eines Wahlsieges will sie ein Referendum dazu abhalten. Außerdem fordert sie, dass Frankreich aus der Nato austritt. Ihre Begründung: Frankreich dürfe nicht in Kriege hineingezogen werden, die nicht seine sind.

Gegen Globalisierung

Ganz schön selbstbewusst sagte sie: „Ich will Frankreich in fünf Jahren wieder in Ordnung bringen.“ Sie ist gegen Globalisierung und will die französische Wirtschaft durch protektionistische Maßnahmen wie Zölle schützen, auch einheimische Landwirte, Rentner und Geringverdiener sollen unterstützt werden. Sie möchte auch die Rente mit 60 wieder einführen.

Wie das alles bezahlt werden soll? Das lässt sie im Ungewissen, mit Zahlen hält Le Pen sich zurück.

Dafür setzt sie um so mehr auf Stimmungen. Le Pen will die Einwanderung stark einschränken und setzt damit auf die Angst vieler Franzosen vor muslimischen Zuwanderern. Ausländer ohne Aufenthaltsrecht sollen schneller abgeschoben werden. Die Terroranschläge der letzten Jahre und Le Pens Werbung für eine Null-Toleranz-Sicherheitspolitik haben ihr Zulauf gebracht.

So sollen die Sicherheitskräfte verstärkt werden, Frankreich den Schengen-Raum verlassen. Le Pen setzt ganz auf den Begriff der Nation und betont die Wichtigkeit einer französischen Währung. Franzosen sollen bei der Vergabe von Arbeitsplätzen und Wohnungen bevorzugt werden. Eines hat sie aus ihrem Programm genommen: die Rückkehr zur Todesstrafe. Nun soll es stattdessen lebenslange Freiheitsstrafen geben, die vollständig abgesessen werden sollen.

Vorne, und doch chancenlos

Derzeit steht Le Pen noch ganz vorne in den Umfragen – zumindest, was den ersten Wahlgang angeht. Sie kommt konstant auf etwa 25 Prozent. Doch die Stichwahl dürfte sie kaum gewinnen, denn dann müssten zahlreiche Wähler anderer Parteien auf sie setzen. Dicht verfolgt wird sie in den Umfragen von dem unabhängigen Kandidaten und ehemaligen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron und dem konservativen Kandidaten François Fillon. Egal wer von beiden in die Stichwahl kommt, dürfte – so jedenfalls die Umfragen – Le Pen besiegen. Die meisten Linkswähler würden eher einem konservativen Kandidaten ihre Stimme geben, als Le Pen. Genau daran scheiterte ihr Vater Jean-Marie Le Pen auch schon im Präsidentschaftswahlkampf 2002 gegen Jacques Chirac in der Stichwahl und kam nur auf knapp 18 Prozent.

Wie es bei Fillon weitergeht, ist allerdings nicht klar. Er ist durch die Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Frau stark unter Druck geraten. „Penelope-Gate“ hält Frankreich seit über einer Woche in Atem, das Schicksal der konservativen Partei der Republikaner steht dabei auf dem Spiel.

Fillons Umfrageergebnisse sinken und es gilt als sehr wahrscheinlich, dass er sich aus dem Wahlkampf zurückziehen muss, weil er die Partei belastet. Dabei war er vor der Affäre klarer Favorit für den Elyséepalast. Doch Fillon gibt sich noch nicht geschlagen und will weiter kämpfen. Es wirkt so, als ob sich niemand aus seinen Reihen traut, ihn zu einem Rücktritt aufzufordern. Und selbst wenn er zurücktritt, stehen die Republikaner vor dem Problem einen neuen Kandidaten finden zu müssen, vermutlich wieder in einer Vorwahl. Inzwischen profitieren die Konkurrenten Le Pen und Macron von dem Skandal.

Emmanuel Macron, unabhängiger Kandidat, zieht die Massen an.
Emmanuel Macron, unabhängiger Kandidat, zieht die Massen an.

© REUTERS

Macron steht bestens da

Der wirtschaftsliberale Macron, der sich in der Mitte des politischen Spektrums bewegt, steht derzeit bestens da. Um sich als starker Konkurrent von Marine Le Pen zu beweisen, hatte er auch in Lyon im Sportpalast am Wochenende einen großen Wahlkampfauftritt und schlug Le Pen zahlenmäßig um Längen. Als er am Ende seiner Rede die Nationalhymne – die Marseillaise – anstimmte, jubelten 16000 Menschen mit, viele davon gehören zur jungen Generation.

Der Pro-Europäer will die EU reformieren und die deutsch-französische Freundschaft wiederbeleben. Er ist der Kandidat, der sich am meisten für Europa einsetzt, während alle anderen eher skeptisch oder ablehnend sind. Das bewies er in seiner Rede: „Ich versichere Ihnen, in meinem Programm wird es keine Mauern geben. Wir haben europäische Grenzen, sie garantieren unsere Sicherheit.“

Macron steht für vielen Franzosen für den Neuanfang. Denn der erst 39jährige, studierter Philosoph und Ex-Bankier, hat keine Partei hinter sich. Er tritt mit seiner unabhängigen Bewegung „En Marche“ (Vorwärts) außerhalb des etablierten französischen Politikbetriebs an. Und diese Alternative macht den Franzosen Mut, seit Wochen steigen Macrons Beliebtheitswerte daher ständig in den Umfragen. Dabei hat er noch nicht mal ein konkretes Programm, dieses will er erst Ende Februar vorstellen.

Unter anderem will er die Ausgaben für Frankreichs riesigen Staatsapparat senken. Wie, ist allerdings noch nicht klar, das sollen 300 französische Wirtschaftsexperten noch ausarbeiten, die der Newcomer um sich gesammelt hat. Das ist bisher noch Macrons Schwachpunkt und seine Konkurrenten attackieren ihn dafür. Er setzt ganz auf seine Person als Hoffnungsträger, um die Massen hinter sich zu sammeln.

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