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Michael Bloomberg gibt sich als Kandidat der Mitte.

© Andrew Kelly/REUTERS

Wahlkampf mit unbegrenzten Mitteln: Das Michael-Bloomberg-Experiment

Er startet spät, nimmt extrem viel Geld in die Hand: Michael Bloomberg macht einen Wahlkampf, wie es ihn noch nie gab – das macht sogar Donald Trump Angst.

Zu sehen sind Blumen, Kuscheltiere, Kerzen, trauernde Menschen. Getragene Musik erklingt, eine tiefe Stimme spricht: „Trump hat sich auf die Seite der Waffenlobby gestellt. Kongressmitglieder nehmen das Geld der NRA und tun nichts.“ Die Musik wird schneller, und Michael Bloomberg ist zu sehen, im Gespräch mit Menschen, bei der Arbeit.

Die Stimme sagt: „Als Bürgermeister schlug er zurück. Er reduzierte die Zahl der durch Schusswaffen Getöteten um 30 Prozent. Er brachte 1000 Bürgermeister aus dem ganzen Land zusammen, die sich für vernünftige Waffengesetze einsetzen.“ Und er habe „Every Town for Gun Safety“ mitgegründet, eine Organisation, der inzwischen sechs Millionen Amerikaner angehörten, „Mütter, Studenten, Überlebende“, die ein Umdenken forderten.

Bloomberg, der milliardenschwere Medienunternehmer, ehemalige New Yorker Bürgermeister und seit dem 24. November offizieller Bewerber für die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten, wird hier als Macher gezeigt, als einer, der Menschen, der das Land zusammenbringt und tröstet.

Der 70 Sekunden dauernde Werbefilm endet mit den Worten: „Wie können wir sicher sein, dass Michael das schafft? Weil er es schon mal getan hat.“

So richtig ist er im Wahlkampf noch nicht in Erscheinung getreten. Ein paar eher unauffällige Termine: in Virginia, Texas, Georgia, Arkansas, Colorado oder Mississippi.

Später Einstieg: Michael Bloomberg, Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten, bei einer Pressekonferenz.
Später Einstieg: Michael Bloomberg, Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten, bei einer Pressekonferenz.

© Michael Holahan/The Augusta Chronicle/AP/dpa

Aber keinen einzigen in den vier Bundesstaaten, in denen im kommenden Jahr die ersten von insgesamt 50 parteiinternen Vorwahlen stattfinden: Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina. An diesen will Bloomberg gar nicht teilnehmen, dafür ist er wohl auch zu spät in den Wahlkampf eingestiegen. Die anderen Kandidaten sind dort seit Monaten im Dauereinsatz.

Knapp 60 Millionen Dollar sind bereits für Werbung eingeplant

Bloomberg betreibt einen Wahlkampf, wie ihn das Land wohl noch nie gesehen hat. Der 77-Jährige setzt darauf, mit seinen schier unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten erst dann einzugreifen, wenn es sich so richtig lohnt: ab dem „Super Tuesday“ am 3. März 2020, dem Tag, an dem die Demokraten in 14 Staaten gleichzeitig ihre Delegierten für den Nominierungsparteitag im Juli bestimmen, darunter auch so große wie Kalifornien.

Bloomberg kalkuliert, dass sich bei den ersten Vorwahlen noch kein klarer Favorit herauskristallisiert, sondern die vier Topkandidaten möglicherweise abwechselnd vorne liegen: Joe Biden, Elisabeth Warren, Pete Buttigieg und Bernie Sanders. Diese Situation will er dann für sich nutzen, dafür überschwemmt er Fernseh- und Radiosender in diesen Staaten mit seinen Werbebotschaften wie der zu schärferen Waffengesetzen. Weitere wichtige Themen sind der Kampf gegen den Klimawandel, wofür er die Klimaschutzkampagne „America’s Pledge“ (Amerikas Versprechen) unterstützt, und eine Gesundheitsreform.

Knapp 60 Millionen Dollar hat er bereits für Werbung ausgegeben beziehungsweise eingeplant, eine Obergrenze gibt es nicht. Zum Vergleich: Die vier Topfavoriten haben zusammen in diesem Jahr nur rund 28 Millionen Dollar für ähnliche Werbung aufgebracht. Auch kauft Bloomberg massenhaft Anzeigen auf Google und Facebook. Und im Unterschied zu seinen Konkurrenten muss er nicht um Spenden für seinen Wahlkampf bitten. Geld hat der laut „Forbes“-Liste achtreichste Mensch der Welt genug: Gut 55 Milliarden Dollar beträgt sein Vermögen, das er mit Börseninformationsdiensten angehäuft hat.

Nur er könne Trump schlagen – davon ist Bloomberg fest überzeugt

Daher wächst auch sein Wahlkampfteam rasant. Die „Washington Post“ berichtet von hunderten, extrem gut bezahlten Mitarbeitern, die vor Ort in jenen 25 Staaten Wahlkampf machen sollen, die am „Super Tuesday“ und den darauffolgenden gut zwei Wochen wählen werden.

Und in Pennsylvania und Wisconsin, zwei Staaten, die später im Jahr ihre Delegierten bestimmen. In diesen beiden „Swing States“, in denen mal Demokraten, mal Republikaner führen, könnte die Präsidentschaftswahl am 3. November entschieden werden. In der derzeitigen Wahlkampfzentrale in New York arbeiten zudem bereits mehrere hundert Leute, und fast jeden Tag verkündet die Kampagne den Neuzugang erfahrener Strategen.

Sie alle sollen für einen Kandidaten werben, der nach seinem eigenen Verständnis der einzige ist, der Donald Trump besiegen kann. Das ist die Kernbotschaft. In seiner ersten Wahlkampfrede erklärte er, Trump müsse geschlagen werden, eine zweite Amtszeit dieses Präsidenten werde das Land nicht überleben.

Er sprang gegen schlechter Umfragewerte für Joe Biden ein

Lange hatte Bloomberg gezögert, in das bereits übervolle Kandidatenfeld der Demokraten einzusteigen. Vor allem wollte er nur kandidieren, wenn Joe Biden aussteige, der für eine ähnlich moderate Politik steht wie er selbst. Das hat sich geändert. Nachdem die „New York Times“ Umfragen in wichtigen „Swing States“ veröffentlichte, in denen Trump alle bisherigen Kandidaten schlagen könnte, entschied er sich anzutreten.

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Michael Bloomberg am Tag nach seiner Kandidaturankündigung
Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Michael Bloomberg am Tag nach seiner Kandidaturankündigung

© Foto: Joshua Robert/Reuters

Auch liegt Biden zwar in landesweiten Umfragen immer noch deutlich vorne. Aber in den frühen Vorwahlstaaten, wo derzeit der Hauptwahlkampf stattfindet, sind mal die linke Senatorin aus Massachusetts, Elisabeth Warren, mal der junge, schwule Bürgermeister aus South Bend/Indiana, Pete Buttigieg, an ihm vorbeigezogen.

Auch Letzterer zählt zum Lager der Moderaten, hat mit seinen 37 Jahren aber vergleichsweise wenig Erfahrung, ist vielen Amerikanern immer noch unbekannt – und hat ein Akzeptanzproblem bei den wichtigen Wählergruppen der Afroamerikaner und Hispanics.

Zwar hat hier auch Bloomberg Schwierigkeiten, da er in seinen zwölf Jahren als Bürgermeister vom New York eine Kriminalitätsbekämpfung favorisierte, die Kritikern zufolge Nicht-Weiße diskriminierte. Aber seine drei Amtszeiten in New York haben ihn zumindest landesweit bekannt gemacht.

Entscheidet am Ende das Geld?

Da hat er bewiesen, dass er regieren kann. Seine Kandidatur zählt vor allem auch auf die noch unentschlossenen Wähler. Er will vor allem überparteilich daherkommen, ein Mann der Mitte, wählbar für alle, nicht nur für überzeugte Demokraten. Immerhin war er ja auch mal Mitglied der Republikanischen Partei.

Ob das alles reichen wird, ob am Ende wirklich das Geld entscheidet, ist derzeit eine der meistdiskutierten Fragen. Dass Bloomberg in Umfragen schon nach kurzer Zeit auf sechs Prozent hochschnellte, löste Unruhe im immer noch großen Kandidatenfeld aus. Kamala Harris, die Senatorin aus Kalifornien, die am Anfang zu den aussichtsreichsten Bewerbern zählte, hat schon aufgegeben. Sie beendete ihren Wahlkampf mit den Worten: „Ich bin keine Milliardärin.“

Donald Trump hat schon einen Spitznamen für Michael Bloomberg

Auch der Präsident, mit einem geschätzten Vermögen von 3,1 Milliarden Dollar „nur“ auf Platz 275 der „Forbes“-Liste, scheint den neuen Kandidaten ernst zu nehmen. Trump hat bereits einen Spitznamen („Mini Mike Bloomberg“) gefunden. Und er hat angekündigt, für Bloombergs gleichnamigen Konzern arbeitende Journalisten von seinen Wahlkampfveranstaltungen auszuschließen.

Kein Wunder, hatte Bloombergs Kampagne ja von Anfang an ein Ziel: Trump. Zehn Tage vor seiner Kandidaturankündigung startete er eine Anzeigenaktion gegen den Präsidenten – im Wert von 100 Millionen Dollar.

„Das ist ein Alle-Mann-an-Deck-Augenblick. Wir werden direkt gegen Trump kämpfen“, erklärte er da. Die Online-Anzeigen legten den Grundstein seiner Kampagne: Sie richten sich an die Wähler in den „Swing States“.

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