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Der Kandidat der konservativen Republikaner, François Fillon.

© AFP

Wahlkampf in Frankreich: „Es ist eine Katastrophe“

Angesichts der Beschäftigungsaffäre um den konservativen französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon herrscht bei Unterstützern blankes Entsetzen. Die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen freut sich.

In der Affäre um eine mögliche Scheinbeschäftigung von Familienmitgliedern kommt der konservative französische Präsidentschaftskandidat François Fillon weiter in Bedrängnis. Nach der Beschäftigung von Fillons Ehefrau Penelope gerät nun auch eine mögliche Begünstigung von zweien seiner Kinder in die Kritik.

Fillon hatte in der zurückliegenden Woche angegeben, dass er in seiner Zeit als Senator zwischen 2005 und 2007 seine Tochter Marie und seinen Sohn Charles mit bezahlten Aufträgen versehen habe, weil sie als Anwälte über die entsprechende Kompetenz verfügten. Nach französischen Medienberichten erhielten die beiden Kinder allerdings erst später eine Anwaltszulassung. Die Beschäftigung von Familienangehörigen ist für Parlamentarier in Frankreich zulässig – im Gegensatz zu einer Scheinbeschäftigung, die inzwischen im Fall von Fillons Ehefrau Penelope von der Finanzstaatsanwaltschaft im Rahmen von Vorermittlungen wegen einer möglichen Veruntreuung öffentlicher Gelder untersucht wird.

Aus Fillons Umfeld hieß es, dass sich der Präsidentschaftskandidat der Republikaner lediglich unklar ausgedrückt habe, als er auf die Anwaltstätigkeit seiner beiden Kinder hingewiesen habe. Dennoch gelingt es dem 62-Jährigen nicht, aus der Defensive herauszukommen. In der „Penelopegate“-Affäre hatte die Zeitung „Le Canard enchaîné“ enthüllt, dass Fillons Ehefrau als parlamentarische Mitarbeiterin innerhalb von rund neun Jahren rund 500.000 Euro brutto und in der Zeit von Mai 2012 bis Dezember 2013 ein monatliches Bruttogehalt von 5000 Euro für eine Mitarbeit bei der Literaturzeitschrift „La Revue des Deux Mondes“ erhalten hatte. Die Literaturzeitschrift gehört einem Freund Fillons. Am Donnerstagabend durchsuchten Ermittler die Redaktion.

Fillon im Sinkflug in den Umfragen

Fillon will seine Kandidatur erst dann zurückziehen, falls ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet wird. Er möchte an diesem Sonntag in Paris mit einer großen Kundgebung im Beisein seiner Ehefrau seinem Wahlkampf neuen Schwung verleihen. Allerdings hat die Affäre bei Fillons Beliebtheitswerten Spuren hinterlassen. Schon nach seiner Ausrufung als Kandidat der Konservativen hatte der frühere Premierminister, der als Staatschef einen radikalen Sparkurs durchsetzen möchte, an Popularität eingebüßt. Nach einer am Freitag veröffentlichten Umfrage haben inzwischen nur noch 38 Prozent der Franzosen eine positive Meinung von dem Kandidaten.

„Es ist eine Katastrophe, es gibt keinen Plan B“, zitierte die Zeitung „La Dépêche du Midi“ einen Unterstützer des Ex-Regierungschefs angesichts der seit Tagen schwelenden Affäre. Der frühere Premierminister Alain Juppé, der bei der Urwahl der konservativen Republikaner im November auf dem zweiten Platz gelandet war, hat bereits abgewunken – er will nicht antreten, falls Fillon in den verbleibenden drei Monaten bis zur Präsidentschaftswahl einen Rückzieher machen sollte.

Der Radiosender RTL berichtete derweil, dass Ex-Präsident Nicolas Sarkozy den angeschlagenen Kandidaten am vergangenen Freitag angerufen habe, um ihm seine Unterstützung zu versichern. Sarkozy war bereits vor der Stichwahl bei den Republikanern beim parteiinternen Auswahlprozess ausgeschieden.

Bislang hatte Fillon bei der Präsidentenwahl als aussichtsreichster Gegenspieler der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen gegolten. Doch die Vorsitzende des Front National kann sich nun angesichts der Probleme des 62-Jährigen freuen. „Das Problem von François Fillon, das ist auch das Problem des Vertrauens zwischen dem Kandidaten und den Franzosen“, twitterte sie am Samstag.

Front National ist in Korruptionsaffäre verstrickt

Mit den Details der Beschäftigungsaffäre möchte sich Le Pen aber offenbar nicht allzu intensiv beschäftigen. Denn ihre Partei ist selbst in eine Korruptionsaffäre verwickelt: Das Europaparlament verlangt von der EU-Abgeordneten Le Pen 340.000 Euro zurück, weil sie mit EU-Geldern zwei Mitarbeiter beschäftigte, die aber tatsächlich ausschließlich für die rechtsextreme Partei tätig waren.

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