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CSU-Chef Horst Seehofer und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel

© AFP/John MacDougall

Wahlforscher Matthias Jung: "Natürlich geht auch die CSU beschädigt aus diesen letzten Wochen hervor"

Matthias Jung kann sich momentan nicht vorstellen, dass die CSU bei der Landtagswahl in Bayern noch die absolute Mehrheit erreichen kann. Ein Interview.

Wie stark hat der Unionsstreit dem Ansehen der CSU in Bayern geschadet?

Beziffern kann ich das im Moment nicht, wir haben keine aktuelle Umfrage dazu. Aber natürlich geht auch die CSU beschädigt aus diesen letzten Wochen hervor. Die Auseinandersetzung ist nur noch als unwürdiges Gesamtschauspiel wahrgenommen worden. Gerade bürgerliche Wähler mögen es überhaupt nicht, wenn ein Streit so ausartet. Die erwarten von einer politischen Führung, dass sie Probleme sachlich löst.

Kommt das Ende des Streits für die CSU denn noch rechtzeitig, um ein Debakel bei der bayerischen Landtagswahl im Oktober abzuwenden?

Aus heutiger Sicht kann ich mir nicht vorstellen, dass die CSU die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl noch erreichen kann. In der CSU-Anhängerschaft gibt es ja auch Merkel-Anhänger. Die werden durch solche Auseinandersetzungen bestenfalls in eine Wahlenthaltung gedrängt. Außerdem hat die CSU den Streit ohne jede zwingende Notwendigkeit vom Zaun gebrochen, die Asylbewerberzahlen sind stark zurückgegangen. Aber sie hat dadurch das polarisierende Thema Asyl und Flüchtlinge wieder in den Vordergrund gepusht. Davon wird nur in erster Linie die AfD profitieren, die das Original in Sachen Ausländerfeindlichkeit und nationaler Abschottung ist.

Erwarten die CSU-Anhänger denn keinen so harten Kurs in der Flüchtlingspolitik?

Die CSU konzentriert sich im Moment vor allem auf den Übergangsbereich von CSU-Hardlinern zu potenziellen Abwanderern zur AfD. Wer in Bayern die absolute Mehrheit erreichen will, darf sich aber nicht allein auf diese Wähler fokussieren, sondern muss sich stärker für die Mitte der Gesellschaft interessieren. Und auch wenn es in Bayern eine starke landsmannschaftliche Identität gibt: In ihren gesellschaftspolitischen Einstellungen unterscheidet sich die Masse der Wähler nicht von der in anderen westlichen Bundesländern. Die Wählerschaft der CSU lebt eben nicht in einer anderen Welt, wie eine unserer letzten Studien gezeigt hat.

Der Streit ist immer weiter eskaliert, bis hin zu Rücktrittsdrohungen von CSU-Chef Horst Seehofer. Wie bewerten die Bürger diese Art der Auseinandersetzung?

Rücktrittsdrohungen, die weniger als 24 Stunden später schon wieder zurückgenommen werden, kommen bestimmt nicht gut an. Die verletzende Härte eines solchen Streits schadet nicht nur dem Ansehen der CSU, sondern auch der Politik insgesamt.

Matthias Jung ist Chef der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen.

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