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Ein Mitglied der irakischen Wahlkommission vergleicht die Stimmzettel mit den elektronischen Print-outs der Zählmaschine.

© AFP/Haidar HAMDANI

Wahl im Irak: Regierungschef al Abadi kann mit weiterer Amtszeit rechnen

Laut ersten inoffiziellen Ergebnissen hat Ministerpräsident Haider al Abadi die Parlamentswahl im Irak gewonnen. Allerdings lag die Wahlbeteiligung nur bei 44,5 Prozent.

Enttäuscht von der politischen Elite sind viele Iraker der Parlamentswahl am Wochenende ferngeblieben. Die Wahlbeteiligung betrug nur 44,5 Prozent, wie die Wahlkommission mitteilte. Von der geringen Beteiligung profitierten offenbar Anti-System-Parteilisten. Der seit vier Jahren amtierende Ministerpräsident Haider al-Abadi kann laut ersten inoffiziellen Ergebnissen vom Sonntag aber trotz starker Konkurrenz aus dem schiitischen Lager mit einer weiteren Amtszeit rechnen.

Die Stimmenauszählung wird Tage dauern, mit ersten offiziellen Ergebnissen wird am Dienstag gerechnet. Am Sonntag teilten allerdings mehrere hochrangige irakische Politiker der Nachrichtenagentur AFP mit, dass al-Abadis Gefolgsleute mit rund 60 der 329 Sitze stärkste Kraft im neuen Parlament seien. Nach diesen vorläufigen inoffiziellen Angaben bekäme der Regierungschef eine zweite Amtszeit. Zuvor hatte bereits ein Behördenvertreter gesagt, dass al-Abadi vorn liege.

Zweitstärkste Kraft wurde den Angaben zufolge mit 51 Sitzen das Bündnis Der Marsch für Reformen des Schiitenführers Moktada Sadr und der Kommunisten. Die Regierungsbildung dürfte sich hinziehen.

Deutlich wurde am Tag nach der Wahl bereits, dass viele Menschen in dem kriegszerrütteten Land das politische Establishment satt haben, das seit dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 regiert. "Die Politik der letzten 15 Jahre überzeugt die Wähler nicht mehr", sagte Amir al-Saadi, Politikprofessor aus Bagdad.

Fünf Monate nach dem militärischen Sieg über die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) verlief die Stimmabgabe ohne größere Zwischenfälle. 24,5 Millionen registrierte Wähler waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Dafür bewarben sich knapp 7000 Kandidaten, etwa 2000 von ihnen waren Frauen. Insgesamt traten 87 Parteilisten bei der Wahl an.

Viele junge Iraker boykottierten die Wahl

Die Wahlbeteiligung war so niedrig wie noch nie seit dem Sturz von Saddam Hussein. 2005 hatte sie 79 Prozent betragen, 2010 waren es 62,4 Prozent gewesen und 2014 zumindest 60 Prozent. Während die Schiiten sonst durch hohe Wahlbeteiligung ihre Macht zu sichern suchten und Sunniten sich aus Enttäuschung über ihren Machtverlust enthielten, war die Wahlbeteiligung in diesem Jahr in allen Gruppen gleich schwach.

Vor allem viele junge Iraker boykottierten die Wahl. Sie erklärten, wenig Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu haben. Zahlreiche Wähler forderten ein Ende der weit verbreiteten Korruption im Land. In der Hauptstadt Bagdad betrug die Wahlbeteiligung nur 32 Prozent, wie aus der Wahlkommission verlautete.

Höher war sie in den Kurdengebieten und in der ehemaligen IS-Hochburg Mossul, die nach den monatelangen Kämpfen gegen die IS-Miliz teilweise noch in Trümmern liegt. Der IS hatte 2014 ein "Kalifat" im Irak und Syrien ausgerufen. Auch nach der Vertreibung der Dschihadisten sind noch mehr als zwei Millionen Iraker Binnenflüchtlinge.

Viele Wähler monierten, dass seit Jahren immer dieselben Politiker bei den Wahlen antreten. Ein neues elektronisches Wahlsystem bereitete zudem vielen Wählern Probleme.

Viele Iraker machen Ministerpräsident al-Abadi für die weit verbreitete Korruption im Land verantwortlich. Allerdings gelang es ihn, die Dschihadisten zurückzudrängen und eine Abspaltung der Kurden zu verhindern. Er präsentiert sich als Verfechter einer Politik des Ausgleichs zwischen Schiiten und Sunniten sowie zwischen Teheran und Washington.

Deutliche Verluste dürften die Parteien der Kurden erleiden. Sie sind geschwächt, nachdem ein kontroverses Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Autonomieregion im September dazu geführt hatte, dass die Zentralregierung den Kurden einen Teil ihrer Gebiete abnahm.

Die künftige Regierung steht vor der Mammutaufgabe, das Land wieder aufzubauen. Internationale Geber haben dafür bereits 25 Milliarden Euro zugesagt. (AFP)

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