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Bernie Sanders hält am Tag der Vorwahl eine Rede in Des Moines, Iowa.

© AFP/Kerem Yucel

Vorwahl-Chaos in Iowa: Spins und Halbwahrheiten – das gefährliche Spiel der US-Demokraten

Die Demokraten sehen sich gegen Donald Trump im Kampf zwischen Wahrheit und Lüge. Doch in Iowa zeigen sie selbst wenig Respekt vor dem Wähler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

„Der Tag heute markiert den Anfang vom Ende von Donald Trump, dem gefährlichsten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten.“ Mit diesem markigen Statement trat Bernie Sanders am Montagabend amerikanischer Zeit vor die Kameras, während seine Anhänger, die Wähler von Iowa, Washington und viele Menschen auf der ganzen Welt auf die Ergebnisse der ersten „caucuses“ warteten – der ersten Vorwahl der Demokraten, die bestimmen soll, wer am 3. November 2020  gegen Donald Trump ins Rennen um die Präsidentschaft geht.

Doch den Start in den Wahlkampf haben die Demokraten mit der traditionell ersten Vorwahl im Orakel-Staat Iowa in der Nacht von Montag auf Dienstag ordentlich verstolpert. Das historisch aufgeladene Pathos der Kandidatenreden kollidierte in der Nacht mit zunehmendem Chaos, das an diesem europäischen Dienstagmorgen, in der amerikanischen Nacht, vor allem eines zeigt: die Uneinigkeit der Demokraten und die Härte, die von diesem innerdemokratischen Wahlkampf noch zu erwarten sein wird – und wie weit Anspruch und Wirklichkeit bei den Demokraten noch auseinanderfallen.

Bei den Vorwahlen in Iowa ist das Chaos ausgebrochen

Viele Stunden, nachdem die Vorwahlen in den über 1600 Bürgerversammlungen im ländlich geprägten Staat Iowa vorüber waren, konnte die Parteiführung in Iowa noch immer keine Ergebnisse bekannt geben. Es gebe Probleme, die genaue Zahl der Delegierten aus den Wahllokalen zu ermitteln, sagte Troy Price, Chef der Demokraten in Iowa, in der Nacht. Lokale Wahlleiter berichteten, die App, die zur Übermittlung der Ergebnisse an die Zentrale eingesetzt werden sollte, funktioniere nicht. Telefone seien dauerbesetzt gewesen.

Die Partei war offenbar schlecht auf das komplizierte Verfahren vorbereitet: Es musste aus den vereinzelten Versammlungen nicht nur das Endergebnis gemeldet werden, die Kandidaten hatten durchgesetzt, dass auch die Ergebnisse der ersten und zweiten Runde durchgegeben werden, das komplizierte das ohnehin sehr komplizierte Verfahren zusätzlich.

[Mehr zum Thema: So funktioniert das hochkomplexe Wahlsystem in Iowa]

Bernie Sanders und Pete Buttigieg suggerieren schon vor Auszählung aller Stimmen, sie seien die Sieger

Der demokratische Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Pete Buttigieg, in der Nacht zum Dienstag bei einem Event mit Anhängern in Iowa
Der demokratische Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Pete Buttigieg, in der Nacht zum Dienstag bei einem Event mit Anhängern in Iowa

© AFP

Die Kandidaten wiederum nutzten das Chaos, um zu versuchen, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Pete Buttigieg, der ehemalige Bürgermeister von South Bend, twitterte noch vor Mitternacht: „Iowa, du hast die Nation geschockt. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass wir siegreich nach New Hampshire fahren.“ In New Hampshire finden schon in der kommenen Woche, am 11. Februar, die nächsten Vorwahlen statt.

Ein Sieg Buttigiegs wäre eine kleine Sensation – in den Umfragen lag er hinter Sanders und Joe Biden. Etwa 20 Minuten nach Mitternacht versandte dann die Sanders-Kampagne vorläufige Zahlen, ausgezählt waren bis dahin 40 Prozent der Stimmen, was die Kampagne kenntlich machte.

Die Zahlen zeigten Sanders als Frontrunner – und suggerierten so ebenfalls, er sei der wahrscheinliche Gewinner. Diesem Zwischenstand zufolge lag er in der Nacht mit 29,66 Prozent vor dem zweitplatzierten Buttigieg mit 24,59 Prozent.

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Wann das Ergebnis bekannt gegeben wird, stand am Dienstagvormittag deutscher Zeit nicht fest. Fest steht aber jetzt schon: Es war ein Fehlstart.

Natürlich ist die Bedeutung von Iowa für die Kandidaten groß: Sie gelten für den Gewinner oder die Gewinnerin als bedeutendes Momentum – seit den 70er Jahren wurden sieben von zehn Kandidaten, die hier gewannen, am Ende tatsächlich auch nominiert.

Doch das Verhalten von Kandidaten wie Buttigieg und Sanders, überhaupt die Nickeligkeit in dem engen Rennen, die schon damit anfing, dass die Kandidaten auf ein komplizierten Verfahren bestanden, wird der Partei am Ende schaden.

Die Demokraten erklären den Wahlkampf zum Kampf zwischen Gut und Böse

Die Demokraten erklären den Wahlkampf gegen Trump zum Kampf zwischen Gut und Böse, Wahrheit und Lüge, als Kampf um die amerikanische Demokratie an sich.

Wenn sie nun versuchen, die Stimmung vorschnell und mit Suggestivnachrichten für sich zu drehen, sich aufgrund vorläufiger Zahlen als Sieger auszurufen, betreiben sie das Spiel des Präsidenten mit Halbwahrheiten und Spins selbst. Sie zeigen nur wenig Respekt vor dem Willen der Wähler. Wer die Ansprüche hochsetzt, muss ihnen auch selbst genügen – das hat in der ersten Vorwahl schon einmal nicht funktioniert.

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