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Robert Habeck (l), Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP

© dpa/Michael Kappeler

Vorteile gegenüber Lindner: Habeck als Finanzminister? Warum nicht!

FDP und Grüne kabbeln sich ums Finanzministerium. Warum Robert Habeck gegenüber Christian Lindner die besseren Karten hat. Ein Kommentar.

Natürlich, sagt Annalena Baerbock, wollen die Grünen gestalten. Und weil das so ist, wollen sie das Finanzministerium des Bundes besetzen. Was ist falsch daran?

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Nichts. Nur weil die Freidemokraten auf alle erdenkliche Weise ein öffentliches Klima herzustellen versuchen, dass am Ende alles nahezu zwangsläufig auf ihren Parteichef Christian Lindner zuläuft, müssen dem die Grünen ja nicht nachgeben. Zumal sie die zweitstärkste Fraktion in der mutmaßlichen Ampel-Koalition stellen. Druck allein ist da noch kein Konzept.

Und darum geht es auch. Wer die FDP bucht, um es einmal so auszudrücken, weiß doch, was sie unterm Strich bietet: Sparpolitik 2.0 plus gehobene Klientelpolitik. Keine Steuererhöhung, und sei es für höchste Einkommen; keine neuen Abgaben, und sei es zweckgebunden für beispielsweise Bildung; keine qualitative (Neu-)Bewertung der Schuldenbremse.

Kreativität ist das Gebot der Stunde

Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden - wohl aber spricht einiges in der aktuellen Situation dagegen. In der ist Kreativität das Gebot der Stunde, ist grundlegend neues Denken erforderlich, ein verändertes Verständnis von Finanzen als Umbauressource, soll der Anspruch, eine Fortschritts- und Modernisierungskoalition zu sein, erfüllt werden.

Dafür braucht es erstens, eine alternative Finanzpolitik, nicht immer denselben Ansatz. Nur weil beim ersten rot-grünen Projekt der Sozialdemokrat Oskar Lafontaine mit seinen teils radikal neuen Ideen gescheitert ist, heißt das nicht, dass Veränderung unmöglich wäre oder gleich des Teufels ist. Manches erweist sich mit der Zeit dann schon als gangbar. Die Einigung auf eine globale Mindeststeuer etwa ist zentraler Schritt in einer seit Jahren vorbereiteten Reform des internationalen Steuersystems.

Zweitens: Wer die Zukunft nicht erleiden, sondern gestalten will, braucht Finanzen. Wer das Geld nicht hat, nicht bekommt, kann alle Windräder einpacken. Klimapolitik und eine große Kraftanstrengung auf diesem Gebiet ist aber sowohl gesamtgesellschaftlich nötig als auch ein Begründungszusammenhang für dieses Parteienbündnis.

Klimawandel, Lieferengpässe, Corona-Pandemie

Klimawandel, Lieferengpässe, Corona-Pandemie: Wann je war die Herausforderung an Politik so divers wie jetzt. Und das sind, neben den aktuellen, die grundsätzlichen Fragen: Wie viele Milliarden an Corona- und Fluthilfen sind noch nötig? Was kann gegen die Klimakrise getan werden, ohne die Wettbewerbsfähigkeit zu riskieren. Wie wird die Rente gesichert? Wie der Wohlstand von morgen erwirtschaftet? Und wie geht das alles zusammen mit der Schuldenbremse?

[Lesen Sie hier bei T+: Zwei Männer sind einer zu viel: Der Streit ums Finanzministerium bedroht die Ampel]

Als Drittes: Von Robert Habeck, dem Aspiranten der Grünen, ist bekannt geworden, dass er sich akribisch vorbereitet auf das Amt - von Christian Lindner nicht. Das komplexe Finanzressort ist aber keine Lehrstelle, es ist nicht so, dass sich das gewissermaßen mit der Zeit und in der Praxis lernen lässt. Das gilt fürs Inhaltliche wie für die operative Führung eines Ressorts.

Auch hier hat Habeck einen Vorteil gegenüber Lindner. Er war schon einmal Minister, zwar auf Landesebene, aber eines anspruchsvollen Multifachressorts: für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung Schleswig-Holsteins. Lindner, beim Thema Digitalisierung hoch engagiert, könnte damit ja nicht nur anfangen, sondern Anerkennung finden. Da kann er auch gestalten, für sich und, natürlich, für die FDP.

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