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Immer noch keine Einigung über Jahres-Ziele für den Ausstoß von Treibhausgasen.

© Patrick Pleul/ DPA

Vorstellung EU-Klimaschutzgesetz: Wieviel Treibhausgase darf die Industrie jährlich ausstoßen?

Die europäischen Klimaziele sind Vorbild weltweit – daher müssen sie jetzt konkret werden. Der entscheidende Wert aber fehlt. Ein Gastkommentar.

Lisa Badum ist Sprecherin für Klimapolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Kommission stellte am Mittwoch stolz ihr Klimaschutzgesetz vor und schreibt vor allem auf, was längst klar war: Bis 2050 will die Europäische Union klimaneutral sein, gerne auch schon früher. Offen bleibt, wie der Weg dahin aussieht. Darum braucht es Zwischenziele für die nächsten zehn und zwanzig Jahre, die den Regierungen und vor allem der Industrie sagen, wie viel Treibhausgase sie noch ausstoßen können und einen Expert*innenrat, der die Zieleinhaltung jährlich überprüft.

Beides fehlt im Gesetz bislang. Der Grund dafür ist so banal wie unbefriedigend: Die Mitgliedstaaten sind sich nicht einig.

Fakt ist: Um die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu halten, müssten wir in Europa mindestens 65 Prozent weniger Treibhausgase bis zum Jahr 2030 ausstoßen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten diskutieren für diesen Zeitraum über 50 oder 55 Prozent weniger Emissionen, beides reicht nicht aus.

Erst im September soll das Einsparziel für Emissionen beziffert werden.

Bis zur Klimakonferenz im November muss die EU allerspätestens ihr Einsparziel nach oben korrigieren, so schreibt es das Pariser Klimaschutzabkommen vor. Die Zielerhöhung wird immer weiter verschoben und soll im September kommen – viel zu spät, um die langsamen Mühlen der globalen Klimadiplomatie ins Laufen zu bringen.

Die europäischen Klimaziele sind nämlich auch Vorbild für andere Staaten weltweit. China, Südafrika, Indien und Co. schauen, was die EU liefert und richten ihre Ziele danach aus. Wenn die EU sich nicht bewegt, droht die nächste Klimakonferenz in Glasgow zu scheitern. Die Folgen für das Weltklima wären fatal und würden die Klimaverhandlungen ausbremsen.

Darum ist die Einigung auf ein ambitioniertes Klimaziel für das Jahr 2030 in Europa so entscheidend.

Der Vorschlag des Klimaschutzgesetzes hat auch etwas Gutes: Alle fünf Jahre sollen die Klimaziele automatisch erhöht werden, allerdings erst ab dem Jahr 2030. Auch wenn die Mitgliedstaaten dieser Regelung vermutlich nicht zustimmen, zeigt es, dass die Kommission den Kampf noch nicht aufgegeben hat.

Noch eine Chance für Merkel, als Klimakanzlerin zu glänzen

Umso wichtiger ist die Unterstützung aus den europäischen Regierungen, die voran gehen wollen, wie zuletzt mit dem Brief der zwölf Umweltminister*innen an die Kommission für ein höheres Ziel für 2030, auf dem wir die Signatur von Bundesumweltministerin Svenja Schulze vergeblich gesucht haben.

Die Bundesregierung schlägt gerne als Erste die Hände überm Kopf zusammen, wenn es um mehr Klimaschutz geht.

Dabei hat Deutschland in der EU eine Vorbildfunktion. Mit der europäischen Ratspräsidentschaft liegt ab Juli noch mehr Verantwortung in den Händen von Angela Merkel – die letzte Chance, ihrem verblassten Bild als Klimakanzlerin endlich wieder Farbe zu verleihen.

Der Green Deal ist eine riesige Chance für Europa, den Wandel zu einer sozial-ökologischen Wirtschaftsweise zu meistern. Die Reden von Ursula von der Leyen machen Mut, aber warme Worte allein noch kein Gesetz. Das Klimaschutzgesetz ist deshalb so wichtig weil es den Maßstab liefert für das, was noch kommt.

Das Gesetz ist der Lackmustest für den Green Deal

Jedes Mal, wenn die EU über neue CO2-Grenzwerte für Autos verhandelt, den Emissionshandel überarbeitet oder vielleicht sogar mal die Agrarpolitik ökologisch gestalten möchte, ist dieses Klimaschutzgesetz Basis und Bollwerk gegen alle Kräfte, die sich gegen grünes Wirtschaften stellen.

Ein gutes europäisches Klimaschutzgesetz muss deshalb liefern, was der Green Deal verspricht: Klimaschutz als Leitplanke für einen gemeinsamen, klimafreundlichen Wirtschaftsraum mit nachhaltigen und zukunftsfähigen Jobs in ganz Europa. Das Gesetz ist der Lackmustest für den Green Deal.

Hier entscheidet sich, wie weit die Kommission gehen will, um echten Klimaschutz zu liefern und vor allem: ob die Mitgliedstaaten ihre Versprechen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen endlich einlösen, allen voran die Bundesregierung.

Lisa Badum

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