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Afghanische Sicherheitskräfte in Herat (am 6.August 2021)

© dpa/AP/Hamed Sarfarazi

Vormarsch der Taliban: USA werfen Afghanen mangelnden Kampfeswillen vor

Den afghanischen Streitkräften fehle es an der Bereitschaft zum Widerstand gegen die Taliban, meint die US-Regierung. Dies sei nicht vorhersehbar gewesen.

Die US-Regierung hat der afghanischen Führung und den Sicherheitskräften angesichts des Vormarsches der Taliban mangelnde Kampfbereitschaft vorgeworfen. Es sei „beunruhigend“ zu sehen, dass die politische und militärische Führung nicht den „Willen“ gehabt habe, sich dem Vormarsch der militanten Islamisten zu widersetzen, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, dem Sender CNN. Die USA hätten den „fehlenden Widerstand“ durch die afghanischen Streitkräfte nicht vorhersehen können, sagte Kirby am Freitag (Ortszeit) im Interview mit dem Sender.

Die afghanischen Sicherheitskräfte seien den Taliban in Bezug auf Ausrüstung, Training und Truppenstärke überlegen und verfügten über eine eigene Luftwaffe, sagte Kirby. Mit Blick auf die finanzielle Unterstützung der US-Regierung für die Sicherheitskräfte fügte er hinzu: „Geld kann keinen Willen kaufen.“ Dafür sei die politische und militärische Führung der Afghanen zuständig. Die Kampfbereitschaft sei nötig, um zu verhindern, dass die Taliban das ganze Land unter ihre Kontrolle bringen, warnte Kirby.

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Das US-Militär hatte am Donnerstag angekündigt, 3000 Soldaten als Verstärkung zum Flughafen Kabul zu verlegen, um die Reduzierung des Personals der US-Botschaft zu unterstützen. Rund 5000 weitere Soldaten werden zudem im Nahen Osten stationiert, um als mögliche Verstärkung bereitzustehen.

In einem Vermerk an die Mitarbeiter der US-Botschaft in Kabul verwies ein Gebäudetechniker auf die bestehenden Möglichkeiten zur Verbrennung oder Entsorgung von Dokumenten und Gerätschaften. Zerstört werden soll demnach alles, was von den Taliban für ihre Propaganda „missbraucht werden“ könnte, wie etwa Gegenstände mit dem Botschaftslogo und US-Flaggen. Derweil trafen die ersten der 3000 US-Soldaten ein, die bei der Evakuierung helfen sollen.

Kanada will bis zu 20.000 Afghanen aufnehmen

Angesichts des Vormarschs der Taliban hat Kanada die Aufnahme von bis zu 20.000 Flüchtlingen aus Afghanistan zugesagt. „Die Lage in Afghanistan ist herzzerreißend und Kanada wird nicht tatenlos zusehen“, sagte Einwanderungsminister Marco Mendicino am Freitag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz in Ottawa. Kanada wolle besonders verletzliche Afghanen aufnehmen, die sich noch im Land aufhielten oder in Nachbarländer geflohen seien.

Das Aufnahmeangebot richtet sich laut Mendicino insbesondere an Frauen in Führungspositionen, Regierungsmitarbeiter, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Angehöriger verfolgter Minderheiten. Einige Flugzeuge mit Asylsuchenden aus Afghanistan seien bereits gestartet.

Auch Personal der kanadischen Botschaft in Kabul soll nach Regierungsangaben ausgeflogen werden. Dafür würden auch kanadische Spezialkräfte eingesetzt. Details wollte die Regierung wegen der schwierigen Sicherheitslage am Hindukusch nicht nennen.
„Der Schutz der kanadischen Botschaft und unserer Mitarbeiter ist unsere oberste Priorität“, erklärte Außenminister Marc Garneau. Bei Twitter verwies er auf die Afghanen, denen sein Land Dankbarkeit schulde, und sicherte zu, dass Kanada seine „Bemühungen fortsetzt, sie in Sicherheit zu bringen“. (dpa, AFP)

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