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Nochmal draufgelegt: Das Duo Seehofer/Söder hat offenbar eher die Landtagswahlen im Blick als die Sondierungen mit der SPD.

© Sven Hoppe/dpa

Vor Sondierungen mit der SPD: Die CSU geht auf Kollisionskurs

Die CSU trifft sich zur Klausur im Kloster Seeon. Vor der Sondierung mit der SPD packt sie bei der Asylpolitik ordentlich drauf. Doch in der SPD geben sie sich gelassen.

Vor vier Jahren ging eine CSU-Offensive gegen Migranten schon mal ziemlich in die Hose. Mit dem Slogan „Wer betrügt, der fliegt“ marschierte die Landesgruppe krachledern ins Wildbad Kreuth ein, auf ihrem Programm standen scharfe Regeln gegen die Einwanderung in deutsche Sozialsysteme. Dummerweise hatten die Christsozialen aber in den Monaten vorher vor allem mit Betrügereien in den eigenen Reihen auf sich aufmerksam gemacht. Entsprechend spöttisch wurde der Slogan in der Öffentlichkeit dann zur Forderung an die zahlreichen Landtagsabgeordneten umgemünzt, die auf Steuerzahlerkosten Ehepartnern und Verwandte beschäftigt hatten.

Harsche Forderungen zur Asylpolitik

Nun, zum Auftakt des Landtagswahljahres, versucht sich die Bundestags-CSU in neuem Klausur-Domizil wieder mit harschen Forderungen zur Asylpolitik. Und fährt damit erneut auf Risiko. Denn schon einen Tag nach dem zu erwartenden Getöse aus dem Chiemgau-Kloster Seeon beginnen die Unionssondierungen mit der SPD.

Die Genossen sind für Kanzlerin Angela Merkel der letzte in Frage kommende Koalitionspartner. Und das fünfseitige CSU-Papier („Für einen starken Rechtsstaat in ganz Deutschland“), mit dem sich die Christsozialen beim bayerischen Wähler profilieren wollen, hat das Potenzial, es sich mit den ohnehin zögerlichen Sozis schon vor der ersten Zusammenkunft am kommenden Sonntag zu verderben. Beim Vorbereitungstreffen am Mittwoch der Parteispitzen in der bayerischen Landesvertretung soll Asylpolitik bereits eine Rolle gespielt haben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) wurden für eine Stunde dazugebeten.

Kräftige Leistungskürzungen für Asylbewerber, die fortan 36 Monate lang statt bisher 15 keine Sozialhilfe, sondern nur einen „Grundbedarf“ erstattet bekommen sollen. Nochmalige Sparmanöver oder eine Komplettumstellung auf Sachleistungen für bereits abgelehnte, geduldete oder nicht kooperationswillige. Asyl nur, wenn die Identität zweifelsfrei geklärt ist. Eine obligatorische Altersbestimmung vermeintlich Minderjähriger. Und die Möglichkeit von Terrorüberwachung auch bei Jugendlichen. Wobei schon der Ton die Musik macht. „Kein Welpenschutz für Islamisten“ lautet die Parole.

Seitenhiebe gegen "linke Bildungspolitik"

Dazu kommt weiterer GroKo-Sprengstoff. Ein „Musterpolizeigesetz“ mit einheitlichen Standards etwa, das sich unausgesprochen natürlich vor allem gegen Zustände im rot-rot-grünen Berlin und dem ehemals SPD-geführten Nordrhein-Westfalen richtet. Ein deutlich höherer Wehretat. Weniger statt mehr EU-Integration. Die Erklärung, dass die „linke Bildungspolitik“ gescheitert sei und man entsprechende Reformen zurückdrehen müsse.

Angesichts all dessen ist die verhaltene Reaktion des Koalitionspartners in spe auffällig. Bloß nicht provozieren lassen, lautet die Devise bei der SPD. „Die brauchen solche Folklore“, beruhigt man sich im Willy-Brandt-Haus. Bezeichnend ist die Reaktion von Ralf Stegner: „Mal wieder verbale Kraftmeiereien der CSU aus Bayern“, twitterte der SPD-Vize im Modus des Gelangweilten. „Immer das gleiche Rezept: Das eigene Lederhosen-Publikum bespaßen.“ Und wenig später via RBB: „All diese Dinge wird es mit der SPD nicht geben, das weiß die CSU auch.“

Christsoziale nach wie vor im Umfragetief

Auch in CDU geizen sie mit Kommentaren und geben sich gelassen. Schließlich wissen alle: Die CSU muss ihrem Publikum vom Selbstverständnis her noch mal ordentlich was bieten, bevor es ans Kompromisse-Schmieden geht. Erstens war das bei den Winterklausuren immer so, egal ob im berüchtigten Wildbad Kreuth oder jetzt im Kloster Seeon. Und zweitens gilt es Boden gutzumachen. In der jüngsten Bayern-Umfrage Anfang Januar lag die CSU bei 39 Prozent. Das ist zwar im Vergleich zu der Klatsche, die sich die Partei vor drei Monaten im Bund geholt hat, eine Steigerung um 0,5 Punkte. Doch bei der Landtagswahl 2013 hatte ihr der fürs nächste Mal abservierte Horst Seehofer noch 47,7 Prozent beschert.

Dass seinem Nachfolger Markus Söder im Herbst ähnliches gelingen könnte, glaubt zwar kaum einer in der Partei. Gradmesser bleibt der Triumph des Alten dennoch. Und nicht alle in der CSU sind dem forschen Franken so wohlgesonnen, dass sie ihm ein Ergebnis unter 43 Prozent verzeihen würden. Zumal es der Parteichef nicht lassen kann, dem Ungeliebten weiter die Peitsche zu geben: "Eine absolute Mehrheit bleibt für die Volkspartei CSU natürlich immer das generelle Ziel", stellte er am Mittwoch klar.

Verhandlungsführer spielen Kraftmeierei herunter

Auch deshalb packen die CSU-Routiniers inhaltlich drauf – und spielen die Kraftmeierei gleichzeitig herunter. Es sei doch üblich, beschwichtigt Verhandlungsführer Seehofer, dass man sich vor Koalitionsgesprächen nochmal klar positioniere. Die Sondierer dürften sich von solchen Begleitumständen nicht durcheinanderbringen lassen. "Wir werden alles tun in diesen Gesprächen, dass es zu vernünftigen Vereinbarungen kommt."

Auch Joachim Herrmann hat kein Problem damit, zeitgleich an die SPD zu appellieren, eine neue große Koalition zu ermöglichen. Er hoffe, sagt der bayerische Innenminister, dass die Genossen ihre demokratische Verantwortung genauso spürten wie die Union.

Schon bei den Jamaika-Verhandlungen hatte der harsch auftretende Landesgruppenchef Alexander Dobrindt damit gepokert, notfalls auf die SPD zurückgreifen zu können. Nun glaubt er offenbar, sie mangels fehlender Alternativen schon im Sack zu haben. „Sicherheit, Rechtsstaat und Zuwanderungen werden die zentralen Themen auch in den kommenden Sondierungen und Koalitionsverhandlungen sein“, kündigte er an.

Der Umstand, dass die SPD ein paar andere zentrale Anliegen mitbringen könnte, scheint den CSU-Mann nicht groß umzutreiben. Noch nicht.

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