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Wolfgang Schäuble wird in der neuen Koalition nicht mehr Finanzminister sein.

© John MacDougall, AFP

Vor Koalitionsverhandlungen: Merkels Job-Börse ist eröffnet

Das bedeutendste Regierungsamt nach der Kanzlerin wird frei. Schäubles Wechsel eröffnet viele Optionen für Tauschgeschäfte bei Sach- und Personalfragen.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Wolfgang Schäubles Wechsel ins repräsentative Fach wird von vielen als Signal gedeutet, dass Angela Merkel das Finanzressort für die CDU verloren gibt. Das ist allerdings keineswegs zwingend. Richtig ist, dass die Kanzlerin über das schwergewichtige Ministerium jetzt als Verhandlungsmasse verfügen kann. Doch kann das in der Logik des politischen Tauschgeschäfts am Ende auch heißen, dass sie es als Preis für sachliche Zugeständnisse wieder beansprucht. Ihr Kanzleramtschef Peter Altmaier hat einen Aufstieg verdient. Ihr ältester Vertrauter Thomas de Maizière hat Schäuble schon mal vertreten, als der im Krankenhaus lag. Ursula von der Leyen traut sich ohnehin alles zu.

Selbst die Variante, dass ein CSU-Politiker quasi in die Fußstapfen Theo Waigels tritt, sollte man nicht von vornherein ausschließen. Zwar drängt sich kein Name auf, und eigentlich galt ja auch als ausgemacht, dass der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in gleicher Funktion nach Berlin wechselt. Damit wäre das CSU-Kontingent an Top-Ministerien erschöpft. Doch in der CSU sind gut informierte Leute schon länger überzeugt, dass der bodenständige Franke nie ernsthaft an Wechsel dachte und sein Chef Horst Seehofer auch nicht. Da Herrmann wegen des schlechten CSU-Ergebnisses den Sitz im Bundestag verfehlte, wäre ein Rückzug vom Umzug auch begründbar.

Nicht nur Jubel

Auch in der FDP werden die verschiedensten Möglichkeiten hin- und hergewendet. Die Entscheidung Schäubles, das wichtige Amt gegen ein genauso wichtiges, wenn nicht wichtigeres, zu tauschen, löst bei den Liberalen nicht nur Jubel aus. Denn das nimmt ihnen auf einen Schlag die Chance aus der Hand, im Verhandlungspoker mit Union und Grünen ein Tauschgeschäft von Sach- und Personalfragen zu fordern. Nun, da das bedeutsamste Amt im Kabinett nach der Kanzlerin frei ist, wächst der Druck auf die FDP, es von Merkel zu fordern und damit den eigenen Gestaltungsanspruch zu dokumentieren.

Auf ein weiteres wichtiges Ministerium, ein womöglich um Digitales aufgewertetes Wirtschaftsministerium, müssten die Liberalen dann verzichten. Dass FDP-Chef Christian Lindner Finanzminister wird, ist nicht zwingend. Als Fraktionschef behielte er in einem wiederbelebten Koalitionsausschuss Einfluss auf die Koalitionspolitik. Zudem wäre der FDP-Chef als Finanzminister stark in europäische und internationale Geschäfte eingebunden. Es bliebe wenig Zeit, um die noch junge und unerfahrene Fraktion so zu etablieren, dass der Wiedereinzug in den Bundestag nicht nach vier Jahren wieder vorbei ist. Wolfgang Kubicki würde sich über einen Sprung in seiner Karriere aus dem Landtag in Kiel direkt in die Wilhelmstraße gewiss freuen.

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