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Winfried Kretschmann will 2021 zum dritten Mal zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gewählt werden.

© Marijan Murat/dpa

Update

Vor der OB-Stichwahl in Stuttgart: Grünen-Kandidatin zieht zurück

Öko-Konkurrenz machte es der Grünen-Kandidatin im ersten Wahlgang schwer, sie landete hinter dem CDU-Mann auf Platz zwei. Was folgt daraus für die Landtagswahl?

Es ist ein Warnzeichen, vier Monate vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg: Ausgerechnet in der Landeshauptstadt Stuttgart ist es den Grünen nach dem Abschied von Fritz Kuhn nicht gelungen, auch weiterhin das OB-Amt zu besetzen. Im ersten Wahlgang landete die Grünen-Bewerberin Veronika Kienzle am Sonntag mit deutlichem Abstand (17 Prozent) auf Platz zwei. Der CDU-Herausforderer Frank Nopper erhielt fast doppelt so viele Stimmen (rund 32 Prozent). Weil es ihr nicht gelang, für die bevorstehende Stichwahl mit anderen Kandidaten ein Bündnis gegen Nopper zu schmieden, kündigte Kienzle am Mittwoch ihren Rückzug an. Natürlich könne man mit dem ersten Wahlgang "nicht zufrieden" sein, kommentierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Dabei waren die Erwartungen hoch gehängt, in den letzten Jahren hatte Stuttgart sich zur Grünen-Hochburg entwickelt. Im Gemeinderat stellt die Partei die größte Fraktion, bei der Landtagswahl 2016 holten die Grünen hier sämtliche Wahlkreise, die grüne Landtagspräsidentin Muhterem Aras erzielte landesweit sogar das beste Ergebnis aller Direktkandidatinnen. Bei der Bundestagswahl 2017 verfehlte Ex-Parteichef Cem Özdemir in Stuttgart nur knapp das Direktmandat.

Für das vergleichsweise schwache Abschneiden der Grünen-OB-Kandidatin gab es in der Partei mehrere Erklärungen: Mit der Ankündigung, nicht für eine weitere Amtszeit anzutreten, hatte Kuhn seine Parteifreunde zum Jahresbeginn überrascht. Die jetzige Kandidatin Kienzle, bisher Bezirksbürgermeisterin in Stuttgart, musste erst durch eine Findungskommission gesucht werden, Promis wie Landtagspräsidentin Aras hatten zuvor abgesagt.

Veronika Kienzle (Bündnis 90/Grüne) will bei der Stichwahl am 29. November Oberbürgermeisterin von Stuttgart werden.
Veronika Kienzle (Bündnis 90/Grüne) will bei der Stichwahl am 29. November Oberbürgermeisterin von Stuttgart werden.

© Sebastian Gollnow/dpa

Hinzu kam ein Bewerberfeld, das es der Grünen-Kandidatin nicht einfach machte: Kienzle hatte Konkurrenz aus dem progressiven und ökologischen Lager – etwa durch den 30-jährigen Sozialdemokraten Marian Schreier, der bei der Wahl als unabhängiger Kandidat ins Rennen ging und auf 15 Prozent kam. Aber auch durch Gemeinderat Hannes Rockenbauch, der für die linke Wählerliste Stuttgart ökologisch sozial (SÖS) antrat und dabei von „Friday for Future“ unterstützt wurde. Er kam auf 14 Prozent der Stimmen.

Rockenbauch trat an, weil er mit Kuhns Öko-Bilanz nicht zufrieden war und auch sein vor kurzem aufgelegtes 200-Millionen-Klimapaket für unambitioniert hält.  Man dürfe „nicht noch einmal acht Jahre verlieren“, kritisierte er und verlangte „mehr Mut“ bei der Verkehrswende und ein klimaneutrales Stuttgart „spätestens 2030“.

Bei der Stichwahl hoffen die Grünen auf Unterstützung

Gespräche zwischen Kienzle und ihren Mitbewerbern Rockenbauch und Schreier blieben in den letzten Tagen ergebnislos. Es sei nicht möglich gewesen, sich mit der Grünen-Bewerberin Kienzle und dem als unabhängigen Bewerber angetretenen Sozialdemokraten Schreier verbindlich auf Inhalte zu einigen - geschweige denn auf einen gemeinsamen Kandidaten, sagte Rockenbauch am Mittwoch. Als Konsequenz kündigte Kienzle ihren Rückzug an. Mit ihr als dritte Kandidatin sehe sie keine Chancen für eine ökosoziale Mehrheit gegen Nopper,

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Doch welches sind die Lehren für die Landtagswahl im März, aus der Winfried Kretschmann zum dritten Mal als Ministerpräsident hervorgehen will?

Was die Personen angeht, ist die Ausgangslage eine andere als in Stuttgart. Kretschmann hat hohe Beliebtheitswerte, während CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann laut Umfragen nicht nur unbekannter ist, sondern auch bei den Sympathiewerten nicht besonders gut abschneidet. Außerdem tritt mit Kretschmann der Amtsinhaber erneut an, während in Stuttgart die Grünen-Kandidatin Kienzle sich als „neues Gesicht“ erst bekannt machen musste.

In der jüngsten Umfrage von Mitte Oktober kommen die Grünen in Baden-Württemberg auf 34 Prozent, deutlich vor der CDU mit 29 Prozent. Und auch wenn der Wahlsonntag in Stuttgart für die Grünen enttäuschend verlief, konnten sie am selben Tag in Göppingen einen Überraschungserfolg erzielen: Hier schlug der Grüne Alexander Maier den amtierenden CDU-Oberbürgermeister - obwohl die Stadt im Vorland der Schwäbischen Alb keine klassische Grünen-Hochburg ist.

Droht Konkurrenz aus dem Öko-Lager?

Doch es könnte sich womöglich eine andere Parallele zur Stuttgarter OB-Wahl abzeichnen: Auch im Land droht den Grünen Konkurrenz aus dem Öko-Lager. Derzeit sammelt die Ende September in Freiburg gegründete Klimaliste Unterschriften, um bei der Landtagswahl antreten zu können. Bis Ende Januar müssen diese beim Landeswahlleiter eingereicht sein.

Kretschmann selbst bezeichnete die Pläne der Klimaliste vor Kurzem als „ernste Angelegenheit“, die „gravierende Folgen“ haben könne – nämlich dann, wenn es bei der Landtagswahl zu einer Zersplitterung der Stimmen komme. Seine Befürchtung: Auch wenn es nur wenige Prozentpunkte wären, könnte das bei einem knappen Wahlausgang dazu führen, dass es womöglich nicht mehr für eine Regierungsmehrheit unter Führung der Grünen reicht.

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