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Der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU).

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Vor der Bundestags-Abstimmung: "Die Stimmung ist schwierig"

Vor der Abstimmung des Bundestags über weitere Griechenland-Hilfen verlangt der Chef des EU-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), dass Fraktionschef Volker Kauder die Bedenken skeptischer Abgeordneter ernst nehmen soll.

Herr Krichbaum, am Mittwoch kommt der Bundestag zusammen, um das dritte Hilfspaket für Griechenland zu verabschieden. Bevor die Verhandlungen über das Paket begannen, haben Sie mit „Ja“ gestimmt. Werden Sie auch diesmal zustimmen?

Ich mache auch diesmal mein Abstimmungsverhalten von den bevorstehenden Gremiensitzungen im Bundestag abhängig. Es gibt noch eine Reihe offener Fragen. So ist unklar, ob und wie sich der Internationale Währungsfonds am Hilfspaket beteiligen wird.

Ob der IWF dabei ist, hängt von den Diskussionen im Oktober über die viel diskutierten Schuldenerleichterungen für Griechenland ab. Nach der Auffassung der IWF-Chefin Christine Lagarde sollen die Schuldenerleichterungen deutlich über das hinausgehen, was die EU-Partner Hellas bislang angeboten haben. Würden Sie ein drittes Hilfspaket auch dann unterstützen, wenn es einen regelrechten Schuldenschnitt für Griechenland gäbe?

Ich gebe zu bedenken, dass zwischen den vom Internationalen Währungsfonds und dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker erarbeiteten Analysen zur Schuldentragfähigkeit ein deutlicher Unterschied besteht. Würde man der Analyse der EU-Kommission folgen, dann könnte es etwa auf eine Streckung der Rückzahlungsfristen ohne einen nominalen Schuldenschnitt hinauslaufen. Andererseits können wir die Warnungen des IWF, der derzeit eine Tragfähigkeit der griechischen Schulden als nicht gegeben sieht, auch nicht einfach in den Wind schlagen.

Nach der Auffassung des SPD-Vizefraktionschefs Carsten Schneider ist es egal, ob der IWF dabei ist oder nicht.

Diese Einschätzung teile ich nicht. Wir brauchen die Expertise des IWF, wenn es um die Restrukturierung von Staaten geht, deren Finanzen in die Schieflage geraten sind. Das war auch der Grund, warum wir seinerzeit auf eine Beteiligung des IWF bestanden haben. Auch aus dem Gesetz zum Rettungsfonds ESM, über den ein Großteil der Hilfen laufen sollen, geht hervor, dass nach Möglichkeit der IWF an Hilfszahlungen beteiligt werden soll.

Glauben Sie daran, dass mit dem neuen griechischen Finanzminister Euklid Tsakalotos die Reformbereitschaft Athens grundsätzlich gewachsen ist?

Es ist wahr, dass die griechische Regierung eine 180-Grad-Wende vollzogen hat – eine Wende, die wir lange gefordert haben. Bis aber das Vertrauen wieder zurückkehrt, ist es noch ein weiter Weg. Man muss Griechenland jetzt an den konkreten Fortschritten messen.

Bis Oktober soll der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras eine umfangreiche Reform des überdimensionierten Rentensystems vorlegen. Gelingt ihm das?

Die Frage lässt sich nur schwer beantworten, weil in Griechenland über Neuwahlen spekuliert wird – nicht zuletzt von Herrn Tsipras selbst. Neuwahlen würden das Land politisch lähmen. Mit einem solchen Stillstand haben wir schon schlechte Erfahrungen gemacht – zuletzt vor den vorgezogenen Wahlen im Januar.

Der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder hat Abgeordneten, die gegen die Griechenland-Hilfen stimmen, damit gedroht, dass sie künftig nicht mehr in wichtigen Bundestagsausschüssen bleiben können. Inwieweit hat sich die Stimmung in der Fraktion seither verändert?

Ich beurteile die Stimmung als schwierig. Einerseits habe ich Verständnis dafür, dass ein Vorsitzender gerade einer Regierungsfraktion den Laden zusammenhalten muss. Auf der anderen Seite muss man die Bedenken der Kollegen ernst nehmen. Bei genauerer Betrachtung fällt nämlich auf, dass in den CDU/CSU-Arbeitsgruppen der drei Ausschüsse, die sich schwerpunktmäßig mit Griechenland beschäftigen – Haushalt, Europa und Finanzen – die Ablehnung überproportional höher war als in der Gesamtfraktion. Anders gesagt: Die Abgeordneten, die sich seit Jahren mit dem Thema Griechenland intensiv befassen, stehen weiteren Hilfen skeptischer gegenüber als die übrigen Kolleginnen und Kollegen.

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