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Mit dem Corona-Hilfsfonds nimmt die EU erstmals Schulden im großen Stil auf.

© Bernd Wüstneck/dpa

Vor der Auszahlung der ersten Corona-Hilfen: In diesem Monat beginnt Schuldenaufnahme der EU-Kommission

Im Juli sollen die ersten Hilfsgelder aus dem 750-Milliarden-Fonds der EU fließen. Vorher ist der Start der Finanzierung am Kapitalmarkt nötig.

Der EU-Wiederaufbaufonds ist gegenwärtig wohl das wichtigste Projekt der Gemeinschaft der 27 Mitgliedstaaten. Der 750-Milliarden-Fonds soll in der Pandemie vor allem wirtschaftlich stark betroffenen Staaten wie Italien und Spanien wieder auf die Beine helfen. Wie schnell die Milliardenhilfen ausgezahlt werden, hängt in erster Linie von der EU-Kommission ab. Doch die Brüsseler Behörde nimmt sich Zeit bei der Prüfung der nationalen Aufbaupläne.

Mit dem Corona-Hilfsfonds nimmt die EU erstmals Schulden im großen Stil auf. Im vergangenen Dezember gelang im Kreis der 27 EU-Staaten der endgültige politische Durchbruch für den Fonds, der 360 Milliarden Euro an Krediten und 390 Milliarden Euro an nicht zurückzahlbaren Zuschüssen vorsieht.

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Den größten Anteil unter den EU-Ländern am Corona-Hilfsfonds erhält Italien; über die kommenden Jahre hinweg erwartet Rom Zuschüsse und Kredite in Höhe von 191,5 Milliarden Euro. Die Kommission geht davon aus, dass die Auszahlung der Gelder für Italien und andere Staaten, die bis Ende April ihre nationalen Reformpläne vorgelegt haben, im Juli beginnen kann.

Bevor das passiert, muss die Brüsseler Behörde prüfen, ob die nationalen Pläne zur Verwendung der Corona-Hilfen tatsächlich den Anforderungen genügen. Die Mittel müssen großteils für Digitalisierung und den Klimaschutz ausgegeben werden. Anschließend müssen die nationalen Reformpläne in bindende Rechtsakte gegossen werden. Im Fall von Staaten wie Italien und Deutschland, die ihre nationalen Pläne rechtzeitig vor Ende April vorgelegt haben, will die Kommission ihre Arbeit vor Ende Juni abschließen. Gleichzeitig beginnt die Brüsseler Behörde in diesem Monat mit der Schuldenaufnahme am Kapitalmarkt, ohne die der Milliarden-Fonds nicht zu finanzieren wäre.

Mitgliedstaaten wünschen sich schnellere Prüfung

Allerdings geht es vielen Mitgliedstaaten beim Corona-Hilfsfonds nicht schnell genug voran. „Die Mitgliedstaaten hatten gehofft, dass die Bewertung der Pläne durch die Kommission schneller verlaufen könnte, zumal die ersten Entwürfe der Wiederaufbaupläne schon frühzeitig vorlagen“, heißt es aus EU-Diplomatenkreisen.

Portugals Regierungschef Costa hätte gern eine frühere Auszahlung der Gelder gesehen.
Portugals Regierungschef Costa hätte gern eine frühere Auszahlung der Gelder gesehen.

© Olivier Hoslet/REUTERS

Dass die ersten Corona-Hilfen nun erst in der zweiten Jahreshälfte fließen, ist vor allem eine Enttäuschung für Portugals Regierungschef Antonio Costa. Nachdem mit Österreich und Polen in der vergangenen Woche auch die letzten EU-Staaten ihre Zustimmung zur Schuldenaufnahme gegeben hatten, erklärte Costa, die EU könne es sich „nicht leisten, mehr Zeit zu vergeuden“. Portugals Regierungschef hätte es gern gesehen, wenn noch unter dem in diesem Monat endenden Lissabonner EU-Vorsitz mit der Auszahlung der ersten Hilfsgelder begonnen worden wäre. Doch daraus wird nun nichts.

Kommission hat maximal zwei Monate Zeit

In der EU-Kommission wird die eingehende Prüfung der nationalen Reformpläne, für die sich die Brüsseler Behörde jeweils maximal zwei Monate Zeit nehmen kann, unter anderem mit der Tatsache begründet, dass die finalen Fassungen der Pläne oftmals erheblich von den ursprünglichen Entwürfen abwichen. Zudem muss eingehend geprüft werden, ob die Vorgaben punktgenau eingehalten werden: Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass mindestens 37 Prozent der EU-Gelder in Klimaschutzmaßnahmen und 20 Prozent in die Digitalisierung investiert werden.

Joachim Schuster, der finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, hat indes kein Problem damit, dass sich die Kommission die nötige Zeit für die Prüfung der nationalen Reformpläne nimmt. Die Gelder aus dem Wiederaufbaufonds sollen nicht nur die Konjunktur beleben, sondern auch einen wesentlichen Beitrag zum klimaneutralen und digitalen Wandel der europäischen Wirtschaft liefern, so Schuster.

SPD-Abgeordneter Schuster verteidigt gründliche Prüfung

„Deswegen ist eine gründliche Prüfung der Programme der EU-Mitgliedstaaten unverzichtbar“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Prüfung erfordere manchmal mehr Zeit als zunächst angenommen. „Jetzt kommt es darauf an, dass die Mitgliedstaaten die vereinbarten Maßnahmen konsequent und zügig umsetzen. Dies wird die Zukunftsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wesentlich stärken“, sagte Schuster.

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