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Christoph Ploß ist der jüngste Landesvorsitzende seiner Partei.

© Privat

Von E-Fuels bis Solaroffensive: Junge CDU-Politiker treiben den grünen Umbau ihrer Partei voran

Positive Erzählung, neue Akzente: Junge CDU-Politiker wollen ihrer Partei beim Thema Klima zu einem besseren Image verhelfen. Kann das funktionieren?

Christoph Ploß glaubt an die Macht der Wiederholung. „Klimaschutz zum Exportschlager machen!“, lautet sein Slogan, den er immer wieder anbringt, sei es in Bundestagsreden oder auf Facebook. Der 35-Jährige ist CDU-Chef in Hamburg und der jüngste Landesvorsitzende seiner Partei. Eines seiner Ziele: Den Klimaschutz zu einem „Markenzeichen“ der CDU zu machen.

Der Weg dahin ist einigermaßen weit. In der CDU erinnern sich viele nach wie vor ungern an das Jahr 2019: Erst postete der Youtuber Rezo sein Video zur „Zerstörung“ der CDU, in dem er unter anderem mit der Klimapolitik der Christdemokraten angriff.

Bald darauf verlor die CDU bei der Europawahl im Vergleich zur Bundestagswahl eine Million Wähler an die Grünen – was auch daran lag, dass die Klimakrise im Mittelpunkt des Wahlkampfes stand. Und bei den Demos von Fridays for Future wurde den Christdemokraten vorgeworfen, eine Gefahr für das Klima zu sein. Der CDU wurde klar: Die Deutungshoheit über dieses Thema haben andere.

Mittlerweile liegt die Union in den Umfragen zwar wieder mehr als 15 Prozentpunkte vor den Grünen. Aber die Strategen bei CDU und CSU wissen, dass das auch ein Effekt der Coronakrise ist. Sobald die Pandemie einigermaßen im Griff ist, wird das Thema Klima wieder mit Wucht in den Vordergrund drängen – und dann sind die Probleme von 2019 sofort wieder da.

Bei den Klima-Aktivisten von Fridays for Future hat die CDU keinen guten Ruf.
Bei den Klima-Aktivisten von Fridays for Future hat die CDU keinen guten Ruf.

© imago images

Eine Reihe junger CDU-Politiker will jetzt dafür sorgen, dass ihre Partei bei dem Thema künftig besser dasteht. Dazu gehört neben Ploß beispielsweise Ronja Kemmer, die jüngste weibliche Abgeordnete der Unionsfraktion, Tilman Kuban, der Chef der Jungen Union, und Laura Hopmann. Sie ist die jüngste CDU-Abgeordnete in Niedersachsen und wurde erst kürzlich mit einem Ergebnis von 80 Prozent in den CDU-Bundesvorstand gewählt.

Christoph Ploß kritisiert, dass das Thema Klimaschutz in der Vergangenheit von vielen in der CDU häufig „nicht ambitioniert genug“ vorangetrieben worden sei. Er sagt, einige in der Partei hätten versucht, „im Sinne des Erhalts von Arbeitsplätzen das Schlimmste zu verhindern“, also zu hohe CO2-Auflagen für die Wirtschaft. Was er sich wünsche: dass die CDU den Klimaschutz mit einer positiven Erzählung verbinde. „Das ist dringend notwendig.“

Begeistert vom Wasserstoff

Ploß glaubt, dass das funktionieren kann, wenn die CDU die Idee vom „Exportschlager“ Klimaschutz zu ihrem Leitsatz mache. Deutschland solle nicht nur auf Elektromobilität und den Aufbau einer Wasserstoffindustrie setzen, sondern auch auf klimaneutrale Kraftstoffe wie E-Fuels.

„Gerade im Bereich der klimaneutralen Kraftstoffe kann Deutschland neue klimafreundliche Schlüsseltechnologien aufbauen, Tausende neue Arbeitsplätze schaffen und weltweit eine führende Rolle einnehmen“, meint Ploß.

Ähnlich denkt JU-Chef Tilman Kuban. „Wir müssen anderen Ländern zeigen, dass man mit Klimaschutz Geld verdienen kann“, meint er. Kuban ist schon seit längerem begeistert vom Einsatz von Wasserstoff für klimafreundliche Mobilität.

„Den ersten Wasserstoffzug der Welt haben wir in Deutschland aufs Gleis gesetzt“, sagt Kuban. „Ich glaube fest daran, dass wir auch das erste CO2-freie Flugzeug entwickeln können, wenn wir in Europa zusammenarbeiten.“

Potentiale sind begrenzt

Das klingt erst einmal vielversprechend. Dennoch muss man die Forderungen bezüglich ihres Potenzials einordnen. Gerade in energieintensiven Industriezweigen könnte der Einsatz von Wasserstoff helfen, die Treibhausgasemissionen zu mindern. Um mittels Elektrolyse aus Wasser Wasserstoff herzustellen, braucht es aber sehr viel Strom.

Wenn der Wasserstoff zu synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, weiterverarbeitet werden soll, ist weitere Energie vonnöten. Der Ertrag ist also im Vergleich zum direkten Einsatz von Elektrizität deutlich geringer. Und um die neuen Kraftstoffe klimaneutral herzustellen, müssten vor allem erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Deren Potenziale in Deutschland sind aber begrenzt.

Einsatz in Schiffen und Flugzeugen sinnvoll

Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung sieht deshalb vor, dass bis zu 80 Prozent des deutschen Bedarfs an Wasserstoff importiert werden soll – beispielsweise aus dem sonnigen Nordafrika. Doch selbst beim Import aus solchen Regionen werden die Kosten für synthetische Kraftstoffe Prognosen zufolge klar über den Kosten heutiger fossiler Kraftstoffe liegen.

Im Verkehr halten Experten den Einsatz von Wasserstoff oder E-Fuels vor allem dort für sinnvoll, wo Batterien zu schwer oder die Reichweite nicht ausreicht: also bei Flugzeugen, Schiffen und teils in Lkw. Ein Allheilmittel sind sie, das ist weitgehend Konsens, nicht.

Die CDU plant derzeit, für die Bundestagswahl 2021 vor allem CO2-Preise und den Emissionshandel in den Mittelpunkt ihrer Klima- und Energiepolitik zu stellen – und damit einen stark marktliberalen Ansatz zu verfolgen. Das ging aus den „Vorschlägen für das Wahlprogramm 2021“ des zuständigen Bundesfachausschusses der CDU hervor. In dem Papier gab es auch einen Abschnitt zum Thema Wasserstoff.

Eine Million Photovoltaik-Anlagen

Die jungen CDU-Politiker um Ploß und Kuban wollen aber noch andere Akzente setzen und ihr Gewicht auch bei der Erarbeitung des Regierungsprogramms einbringen. „Wir müssen uns als CDU den Ausbau der Erneuerbaren zu eigen machen, insbesondere in Hinblick auf Solaranlagen“, meint Ploß.

„Das ist ein Thema, mit dem die Union bisher immer noch etwas gefremdelt hat.“ Durch attraktive Förderprogramme sollten mindestens eine Million neue Photovoltaikanlagen auf deutschen Dächern gebaut werden.

CDU-Bundesvorstandsmitglied Laura Hopmann glaubt, dass es mehr Kampagnen braucht, um die Bürger im Alltag zu klimaschonendem Verhalten zu bewegen. Und die junge CDU-Bundestagsabgeordnete Kemmer weist darauf hin, dass Künstliche Intelligenz (KI) zum Umwelt- und Klimaschutz eingesetzt werden könne.

Kemmer ist KI-Beauftragte in der CDU-Bundestagsfraktion. Mit KI, sagt sie, lasse sich „der Ressourcenverbrauch in der Landwirtschaft deutlich senken, die Wasserversorgung der Erde effizienter gestalten und es kann berechnet werden, welche Pflanzenarten in den nächsten Jahren wo am besten zum Erhalt von Ökosystemen beitragen können.“

Ronja Kemmer ist die Beauftragte für Künstliche Intelligenz in der Unionsfraktion.
Ronja Kemmer ist die Beauftragte für Künstliche Intelligenz in der Unionsfraktion.

© imago images

„Bei der Kommunikation gibt es noch großen Nachholbedarf“

Künstliche Intelligenz, E-Fuels, Solaroffensive: Mit solchen Schlagworten und Forderungen wollen die Jungen in der CDU das Image ihrer Partei in Sachen Klimaschutz verbessern. Auch der obligatorische Seitenhieb auf die Grünen – diese gingen den Klimaschutz über „Gängelungen, Bevormundungen und Verbote“ an – darf da nicht fehlen.

Dabei müssen auch die jungen Christdemokraten einräumen, dass sich mit Innovationen allein das Klima nicht retten lässt. „Zu einem gewissen Grad“ sei der Klimaschutz auch mit Verzicht und Mehrkosten verbunden, meint Kemmer. „Da darf man nicht vorgaukeln, das gäbe es zum Nulltarif.“

Die 31-Jährige ist zudem überzeugt, dass es allein mit der programmatischen Aufstellung der CDU in Sachen Klima nicht getan ist. „Bei der Kommunikation gibt es noch großen Nachholbedarf“, kritisiert sie. Das sei auch 2019 ein Problem gewesen. Beim vergangenen Digitalparteitag habe die CDU aber gezeigt, wie moderne, politische Kommunikation funktionieren könne.

Und noch etwas hält Kemmer für essentiell, wenn die CDU beim Thema Klima ihr Ansehen verbessern will: die personelle Aufstellung. Dabei sei der neue CDU-Chef gefragt. „Bei seinem Kabinett in NRW ist es Armin Laschet ja gelungen, Personen mit verschiedenen Schwerpunkten zu integrieren“, sagt sie. „In einem Team Laschet auf Bundesebene sollten am besten mehrere Leute dabei sein, die glaubwürdig für das Thema Klimaschutz stehen.“

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