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Blitzkarriere: Kaum im Bundestag angelangt, wird Reem Alabali-Radovan Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt.

© Frank Pfaff/dpa

Vom Flüchtlingskind zur Staatsministerin: Die Blitzkarriere der neuen Integrationsbeauftragten im Kanzleramt

Die Sozialdemokratin Reem Alabali-Radovan wird kurz nach ihrem Einzug in den Bundestag bereits Regierungsmitglied. Ihre Eltern hatten einst Asyl beantragt.

Von Hans Monath

Es war kurz nach der Bundestagswahl, als ein NDR-Fernsehteam junge Bundestagsabgeordnete auf ihren ersten Schritten begleitete, darunter Reem Alabali-Radovan. Die 31-jährige Sozialdemokratin hatte im ersten Anlauf im Wahlkreis Schwerin-Westmecklenburg ihren CDU-Vorgänger geschlagen und war direkt in den Bundestag eingezogen.

Eine These des Films lautete, die jungen Parlamentarier würden noch etwas Zeit brauchen, um sich bekannt zu machen. Im Fall der Politikwissenschaftlerin ging das nun etwas schneller. Nur rund zweieinhalb Monate nach ihrer Wahl in den Bundestag wird die SPD-Abgeordnete Staatsministerin für Integration im Kanzleramt. Sie folgt Politikerinnen nach, die vor ihrem Amtsantritt teils auf jahrzehntelange Erfahrungen zurückschauen konnten.

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Ihre eigene Kandidatur für den Bundestag nannte Alabali-Radovan in dem NDR-Film „ungewöhnlich“. Sie und ihre Mitstreiter hätten nicht gewusst, „ob das funktioniert in Mecklenburg-Vorpommern". Mit „das“ war wohl gemeint, dass Alabali-Radovan mit ihrem dunklen Teint und den langen schwarzen Haaren nicht aussieht wie die typische, oft hellblonde Bewohnerin der Küstenregion.

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Als Kind irakischer Eltern war Alabali-Radovan 1990 in Moskau auf die Welt gekommen. Ihr Vater hatte bei den Peschmerga gekämpft, dem militärischen Arm der Kurden im Irak. Als sie sechs Jahre alt war, zogen ihre Eltern nach Mecklenburg-Vorpommern, stellten Asylanträge. Reem wuchs in Schwerin auf, machte Abitur und studierte Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. 

Nach ersten beruflichen Erfahrungen kehrte sie in den Nordosten zurück. Für das Landesamt für Verwaltung arbeitete sie in genau der Erstaufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst, in der sie selbst als Kind angekommen war. Vor drei Jahren wechselte sie ins Sozialministerium und unterstütze die Integrationsbeauftragte des Landes als Büroleiterin. Im vergangenen Jahr wurde sie dann mit 30 Jahren zu deren Nachfolgerin berufen.

Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, hat den politischen Weg Alabali-Radovans schon länger unterstützt. Dabei ist die künftige Staatsministerin noch gar nicht lange Mitglied der SPD. Deren Karriere, so sagte Schwesig nun, stehe dafür, "dass Integration gelingen kann". Sie verwies auch auf die Verknüpfung von Einwanderungsgeschichte und ostdeutscher Biographie in Alabali-Radovans Lebenslauf. Mit der jungen Schwerinerin sei "auch Mecklenburg-Vorpommern an wichtiger Stelle in der neuen Bundesregierung vertreten".

Die Jungpolitikerin hat einen ungewöhnlichen Sport: „Boxen hilft mir, den Ausgleich zu finden. Unabhängig davon, wo man herkommt und wie man aussieht, begegnet man sich mit viel Respekt in der Sporthalle. Da fühle ich mich sehr wohl."

Übrigens ist „Respekt“ einer der politischen Zentralbegriffe von Olaf Scholz. Der würde es wohl begrüßen wenn es der jungen Staatsministerin gelänge, ein respektvolles Verhältnis von Mehrheitsgesellschaft und Zuwanderern zu fördern. Ob sie dann noch viel Zeit zum Boxen findet, ist eine andere Frage.

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