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Frauen trauern um den getöteten iranischen General Qassem Soleimani.

© REUTERS/Mehdi Bolourian/Fars News Agency/WANA

Völkerrechtswidrig: Bundestags-Gutachten zweifelt an Rechtmäßigkeit der Tötung Soleimanis

Die Tötung des iranischen Generals erscheine als Verstoß gegen das Recht auf Leben. Zweifel haben die Experten auch an der Begründung der USA.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hält die Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch die USA für völkerrechtswidrig. Das Vorgehen der USA erscheine als "Verstoß gegen das Recht auf Leben" im Sinne von Artikel 6 des UN-Zivilpakts, heißt es in einem Gutachten der Experten, das am Dienstag in Berlin bekannt wurde. Zweifel gebe es auch an der Begründung durch die USA.

"Nach den Einlassungen der US-Administration ist nicht deutlich erkennbar, warum die Tötung Soleimanis im Irak unbedingt notwendig gewesen sein soll, um eine akute Gefahr für das Leben von US-Amerikanern ultima ratio abzuwehren", heißt es in dem von der Linksfraktion in Auftrag gegebenen Gutachten, das der Nachrichtenagentur AFP in Berlin vorliegt. Auch einen Fall von Selbstverteidigung sehen die Experten nicht. Es fehlten Nachweise, wonach ein Angriff durch Iran "unmittelbar bevorstand" und es keine anderen Möglichkeiten gegeben habe, eine solche Attacke abzuwenden.

Allerdings halten die Experten auch den als Reaktion auf den Tod Soleimanis erfolgten iranischen Raketenbeschuss auf US-Stützpunkte in Irak für "nicht vom Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta gedeckt". Die US-Operation gegen Soleimani sei zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen und es habe keine Hinweise auf eine weitere unmittelbar bevorstehende Bedrohung Irans durch die USA gegeben.

Generell sehen die Bundestags-Gutachter gezielte Tötungen von Menschen durch Drohnenangriffe im Ausland sehr kritisch. Grundsätzlich völkerrechtskonform seien solche Aktionen nur im Rahmen bewaffneter Konflikte. "Außerhalb bewaffneter Konfliktszenarien" gebe es dagegen gemäß dem Völkerrecht in Friedenszeiten "strenge menschenrechtliche Restriktionen, die einen entsprechenden Einsatz fast nie legal erscheinen lassen".

„Gutachten ist Ohrfeige für Bundesregierung“

"Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes ist eine Ohrfeige für die Bundesregierung, die sich bis heute feige davor drückt, den Mordbefehl von US-Präsident Donald Trump ebenso zu verurteilen wie die iranischen Gegenangriffe auf US-Militäreinrichtungen im Irak", sagte Linken-Fraktionsvize Heike Hänsel. Wenn aber die Bundesregierung hier "aus falscher Bündnissolidarität Trump Rückendeckung dabei gibt, das Völkerrecht mit Füßen zu treten", mache sie sich "vollkommen unglaubwürdig als Vermittler zur Deeskalation des Konflikts im Nahen Osten".

Die USA hatten den Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Soleimani, am 3. Januar, auf irakischem Gebiet durch einen Drohnenangriff getötet. Dabei starb auch ein irakischer General. Wenige Tage später beschoss daraufhin iranisches Militär US-Stützpunkte in Irak. (AFP)

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