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Anzug und Krawatte sind spätestens seit Corona out. Der traditionsreiche Herrenausstatter Brooks ist pleite.

© AFP

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Über Steuerbescheide rätseln und dem Herrenausstatter Brooks hinterhertrauern. Die Antworten des Kolumnisten auf die Fragen der Woche.

US-Präsident Trump darf seine Steuerunterlagen nicht grundsätzlich geheim halten. Jedenfalls nicht vor der Staatsanwaltschaft. Was würde WmdW geben, um die Zahlen zu sehen?

Gar nichts, weil er schon den eigenen Steuerbescheid nicht kapiert. Die beiden Entscheidungen des Obersten Gerichts ändern erst einmal nichts. Die Fälle werden zurückgereicht an untere Instanzen, damit sie nach den neuen Regeln Recht sprechen. Mithin: Bis zur Wahl am 3. November wird wohl Trump Inkriminierendes nicht herausrücken müssen. Über sein Schicksal entscheidet der Wähler, wie es sich gehört. Verliert er, wird Bürger Donald sich mit der Steuerbehörde IRS herumschlagen müssen, einem übermächtigen Koloss, gegen den das deutsche Finanzamt wie ein netter Schäferhund wirkt.

Paschal Donohoe ist neuer Eurogruppenchef – und als irischer Finanzminister Vertreter eines europäischen Steuerdumpinglandes. Eine weise Wahl?

Auf Englisch sagt man: „It takes a thief to catch a thief“ – um Diebe zu fangen, muss man selber das Geschäft aus dem Effeff beherrschen. Freilich hat diese Gruppe der Finanz- bzw. Wirtschaftsminister bloß beratende Funktion und diese nicht in Steuer-, sondern Währungsangelegenheiten. Insofern verdient Donohoe den Verdacht nicht.

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Nur: Wenn man schon mit feiner Elle misst, dann lieber einen Iren statt der unterlegenen spanischen Konkurrentin Nadia Calvino. Die Iren waren die ersten, die mit harter Fiskaldisziplin aus der Finanzkrise '08 hervorgingen. Spanien dagegen leidet noch immer an einer siechen Wirtschaft.

Brasiliens Präsident Bolsonaro ringt seine Corona-Infektion grinsend nieder. War das alles nur Show?

Bolsonaro ist ein Führer nach WmdWs Geschmack – einer, der sich von diesen finsteren Virologen nicht einschüchtern lässt und unbekümmert der Gefahr trotzt. Nicht so ein Feigling, der sich die Maske ums Kinn hängt. „Ich bin als Soldat geboren“, sagt er stolz. „Mir geht's gottseidank gut. Meine Kritiker dürfen getrost weiter an mir herummäkeln.“ Bravo! Brasilien hat ja nur 1,6 Millionen Covid-19-Fälle. Mit 65000 Toten ist es die Nummer zwei weltweit.

Ein letztes Wort zur Pleite des weltweiten US-Herrenausstatters Brooks Brothers...

Ein Zivilisationsbruch! Brooks hat 200 Jahre lang die Business-Elite mit Nadelstreifen eingekleidet. Zuletzt hatte die Bastion der Betuchten 500 Läden rings um die Welt, davon 200 in Nordamerika. Zwei Schläge konnte Brooks nicht parieren. Der eine war der Trend zum Casual: weg mit Anzug und Krawatte. Den Todesstoß versetzte Corona. Zu Hause trugen die Jungs nunmehr T-Shirt und Trainingshose. Falls Brooks keinen Käufer findet, ist das Abendland dem Untergang geweiht. Schlips tragen nur noch die siegesgewissen Chinesen.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Fragen: Ariane Bemmer

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