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Trauernde stellen in Straßburg Kerzen auf, um den Opfern des Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt zu gedenken.

© Jean-Francois Badias/AP/dpa

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Keine kurzen Prozesse, Theresa May bedauern, das Bewusstsein wandeln und diverser werde: Antworten auf vier Fragen des Tages.

Der Attentäter von Straßburg wurde erschossen. Was sagt WmdW zum kurzen Prozess?

Kurzer Prozess? Das wäre einer, wo die Schuld schon feststeht und die Büttel der Staatsmacht nur so tun, als gewährten sie dem Angeklagten einen fairen Prozess, um ihn dann umzubringen. In diesem Fall schoss der mutmaßliche Killer Chérif Chekatt auf die Polizisten. Die haben zurückgeschossen. Im Vorlauf hatte der Mann vier Passanten getötet. In einer solchen Situation schießt die Polizei zu Recht. Die Ermittlung muss die Darstellung des Innenministers allerdings bestätigen.

Brexit-Elend und die Nordirlandfrage – sollte U2 seinen Bloody-Sunday-Refrain „How long must we sing this song?“ neu rausbringen?

Der Vergleich mit „Bloody Sunday“ passt so gut wie ein Vorschlaghammer zum Reißnagel. Am 30. Januar 1972 erschossen britische Soldaten auf einer Demonstration in Nordirland 13 Unbewaffnete. Der Brexit ist zwar friedlicher als die Nordirlandfrage, aber noch vertrackter. May hat keine Chance, den Deal durchs Parlament zu kriegen. Folglich gibt es nur zwei miese Möglichkeiten. Entweder es kommt zum „harten Brexit“, dessen Folgen niemand abschätzen kann. Oder London bleibt in der EU, was die Hälfte des Landes in den Aufstand treiben wird. WmdW ist glücklich, dass er nicht Theresa May heißt.

Klimagipfel in Kattowitz und „Heißzeit“ als „Wort des Jahres“ – muss es einem kalt den Rücken runterlaufen?

Das Problem mit Klima-Abkommen ist, dass es keinen gibt, der die Limits beim CO2-Ausstoß durchsetzen kann. Die beiden mächtigsten Akteure sind China und Amerika, die auch die größten CO2-Produzenten sind – sozusagen die Füchse im Hühnerstall. Verbindliche CO2-Reduktionen müssen in der nationalen Politik beschlossen und durchgesetzt werden; immerhin sinkt der Ausstoß in beiden Ländern, weil es deren Völker so wollen. Der Bewusstseinswandel muss zu Hause stattfinden. Klimagipfel sind aber wichtig, weil sie mahnen und Regeln aufstellen, welche die innenpolitische Diskussion in die richtige Richtung drücken.

Ein letztes Wort zu Mann und Frau...

Früher war es einfach zwei Geschlechter und ein Neutrum: den Mann, die Frau, das Kind. Jetzt kommt laut Bundestagsbeschluss „divers“ dazu. Das Problem ist, dass nicht die betreffenden Personen die D-Variante bestimmen, sondern die Eltern bei der Geburt. Später braucht „D“ ein ärztliches Attest um sich als M oder F zu klassifizieren. Und wenn der Arzt es nicht rausrückt? Dann geht’s zum Gericht. Außerdem: Wer sagt, dass es nur ein Extra-Geschlecht gibt? Warum nicht auch „kein Geschlecht“ oder „variables Geschlecht“? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, und das Leben wird noch komplizierter als es schon ist.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Die Fragen stellte Ariane Bemmer

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