zum Hauptinhalt
Abschied: Donald und Melania Trump, Barack und Michelle Obama, Bill und Hillary Clinton, Jimmy und Rosalynn Carter.

© Alex Brandon/dpa

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Kein deutscher Sturm auf die Bastille, Trump-Tribunal, vorgegebenes Schwarz-Grün - und Jens Spahn mit Falten: Antworten auf vier Fragen dieser Tage.

Die Deutschen tragen gelbe Westen auf dem Bau. Wann sehen wir die ersten am Brandenburger Tor demonstrieren?

Die Deutschen regen sich gern auf, aber sie stürmen nicht gleich die Bastille wie die Franzosen 1789. Raketen, Atomkraft, Waldsterben, lrak-Krieg, G20 bringen die Leute auf die Straße, aber nicht wochenlang, um die Regierung in die Knie zu zwingen. Sie sind auch nicht so reformresistent wie die französischen Freunde. Hier tragen wir rot und trillern mit der Pfeife, wenn die Gewerkschaften ein paar Punkte mehr Lohn wollen. Irgendwie sind die Germanen vernünftiger und kompromissfähiger geworden, was auch höchste Zeit war nach 1933 bis 1945. Das trifft auf das Volk wie die Regierung zu.

Bei der Trauerfeier für George H.W. Bush wurde er als „anständig“, „menschlich“ und „rücksichtsvoll“ gepriesen. Warum stand Trump bedröppelt daneben?

Weil GHWB das alte Amerika verkörperte und Trump das Gegenteil davon ist: brutal, rücksichtslos, unehrlich und selbstverliebt. In den Elogen in der Washingtoner Kathedrale spiegelte sich die Sehnsucht nach einem Vor-Trump-Amerika. Der hat weder Bill noch Hillary Clinton bei dem Staatsakt gegrüßt; er gab den rachsüchtigen Rüpel wie eh und je. Kein Wunder, dass Bush als „großer Staatsmann“ gepriesen wurde, der „gegen blindwütige Parteilichkeit“ stand. Er habe „nie gehasst“, die „Institutionen geehrt“, sagte ein Redner. Die Feier für Bush geriet zum unausgesprochenen Tribunal gegen Trump.

AKK führt jetzt die CDU. Freuen Sie sich schon auf Schwarz-Grün?

WmdW freut sich, wenn er einen Parkplatz in der Innenstadt ergattert. Leidenschaftslos konstatiert er: Die ganze Nation trägt inzwischen Turnschuhe, und die Grünen haben ihre Hardliner und Selbstdarsteller abgelegt. Wir erleben die große Familienzusammenführung, verkörpert durch Merkel und AKK auf der einen Seite und Kretschmann und Habeck auf der anderen. Schwarz ist linker, Grün ist rechter geworden. Deshalb ist Schwarzgrün geradezu vorgegeben, zumal die glücklose SPD ihre Wettbewerbsfähigkeit verloren hat. Den Amtseid legen die Koalitionäre nicht im Bundestag ab, sondern in einem Bio-Gemüsegarten gleich nebenan.

Ein sicher nicht letztes Wort zu Jens Spahn…

Spahn ist 38, Adenauer war 73, als er Kanzler wurde; erst mit 87 stieg er aus. In diesen fünfzig Jahren könnte Spahn, der einen Achtungserfolg errungen hat, gleich dreimal Kanzler werden, egal, wie oft er zwischendurch verliert. Willy Brandt hat es beim ersten und zweiten Mal nicht geschafft. Merkel hat eine Runde ausgelassen und 2002 dem Stoiber-Edi den Vortritt gelassen. Das Comeback ist also Teil der deutschen Politik-Tradition. Ein paar Falten im Gesicht werden Spahn nicht schaden.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false