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In Argentinien trafen sich die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt.

© imago/ZUMA Press

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Statt G20 lieber Shakespeare lesen, an Putin hängen und Stollen essen: Antworten auf vier Fragen dieser Tage.

Argentinien ist das Land der Psychoanalyse-Fans. Hat das den leicht depressiven G20 bei ihrem Treffen geholfen?

„Depressiv“ ist besser als G20 in Hamburg, wo lustig die Steine flogen, und die Autos brannten. Die Show hatte vorweg Donald Trump gestohlen, als er erst seinen kommenden Privatgipfel mit Wladimir Putin feierte, dann aber mit Verweis auf die gekaperten ukrainischen Schiffe absagte. Die G20 hat mit ernsthafter Politik sowieso nichts zu tun. Lesen Sie lieber Shakespeare: „Die ganze Welt ist Bühne / Und alle Fraun und Männer bloße Spieler.“ Keiner beherrscht die Bretter besser als Trump – weder Merkel, noch Putin. Gedealt wird zwischen den Nationen anderswo.

Wladimir Putin zeigt sich abermals kriegslüstern und Ukraine-feindlich. Höchste Zeit, das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nordstream 2 zu kündigen?

Kriegslüstern? Dieser geniale Taktiker? Der betreibt Machtpolitik zu Discountpreisen, geht Risiken nur ein, wo er die Oberhand hat. Er griff sich die Krim im Handstreich, wohlwissend, dass ihm keine Luftlandekräfte der Nato in die Quere kommen würden. Im Asowschen Meer hat er ebenfalls den geographischen Vorteil. So kann er die Ukraine vom Wasser her einschnüren, ohne Krieg fürchten zu müssen. Die Vergeltung des Westens ist symbolisch. Nordstream 2 zu kappen, wäre etwas schmerzhafter. Putin wird es verkraften, weil Europa so oder so am russischen Gas hängt.

Verdacht auf Geldwäsche bei der Deutschen Bank. Sollte das peinliche Institut den ersten Teil seines Namens abgeben?

Eine gute Idee, steht doch „deutsch“ für ehrlich und anständig. Heute gehört die DB den Bütteln der Staatsanwaltschaft. Die sollten sich im Frankfurter Bankenturm einmieten, um nicht ständig wiederkommen zu müssen. Strafen werden per Dauerauftrag gezahlt. Als neuer Name bietet sich „Die Polizeibank“ an, mit dem Werbeslogan „Hier ist Ihr Geld sicher.“ In einer Denkschrift der Gründer hieß es 1868: „Die deutsche Flagge trägt den deutschen Namen jetzt in alle Welttheile.“ Die DB werde ihm „Ehre machen“. So war es. Jetzt klingt es wie ein müder Witz in der „Heute-Show“.

Ein erstes Wort zur besinnlichen Adventszeit ...

Heute läuft sie zumindest schmackhaft ab, hatte doch Bischof Perpetuus im 5. Jahrhundert drei Fastentage pro Woche ab 11. November dekretiert. Jetzt gibt’s Stollen. Entspannungspolitisch haben die Deutschen Großes geleistet: mit der Erfindung des schokoladenhaltigen Adventskalenders und des lieblichen Adventskranzes. Neuerdings geht es härter zu, wird doch der Berliner Breitscheidplatz zur Hochsicherheitszone, damit kein Lkw mehr durchkommt. Aber das hat seinen Preis. In der Stadt Hagen gilt ein Kuttenverbot. Die Hl. Drei Könige kämen mit ihren langen Gewändern auch nicht durch.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Die Fragen stellte Ariane Bemmer

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