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Josef Joffe

© Tsp

Vier Fragen an Josef Joffe: Was macht die Welt?

Staaten spionieren nie genug, Erdogans Preis für die Flüchtlinge, ein Kauf der WM 2006 wirkt plausibel - Josef Joffe über einige Themen dieser Tage.

Der BND spionierte befreundete Staaten aus. Ist die NSA-Affäre damit beendet?

Geheimdienst-Affären hören nie auf, aber vielleicht lässt diese BND-Nummer das Heuchelei-Meter etwas sanfter ausschlagen. Wann werden die Hüter der reinen Gesinnung akzeptieren, dass Staaten gar nicht genug darüber wissen können, was in anderen, auch befreundeten abläuft? Zum Beispiel, welche Terrorzellen dort mit hiesigen konspirieren. Oder welche Pläne die lieben Freunde haben, sei’s beim Waffenexport, in der Flüchtlingspolitik oder bei Militärinterventionen. Ob Staat A in X einzugreifen gedenkt oder, umgekehrt, sich zurückziehen will, kann gravierende Konsequenzen für Berlin haben. Kein Land darf sich überraschen lassen, auch nicht von Freunden.

Erdogan und die Flüchtlinge: Wie erpressbar ist Europa?

WmdW traut dem Möchtegern-Autokraten von Ankara vieles zu, zumal er in Syrien ein Doppelspiel aufzieht, indem er vorgibt, den IS zu bekämpfen, aber die Kurden, dessen gefährlichsten Gegner, bombardiert. Doch mit Blick auf die Flüchtlinge ist „Erpressung“ das falsche Wort. Wir wollen etwas von ihm: dass er die Flut der Flüchtlinge nach Europa zurückstaut, obwohl die Türkei schon etwa zwei Millionen Schutz gewährt. Da ist es nur recht und billig, wenn die EU zahlt. Es geht nur noch um den Preis: Die EU bietet eine Milliarde, Ankara will drei. Man wird sich auf mindestens zwei einigen, weil Erdogan in diesem Fall auch für die EU arbeitet.

Obama bremst den Abzug der Truppen aus Afghanistan: Verringert das die Taliban-Gefahr?

Ja, insofern, als die Taliban sich nicht mehr darauf verlassen können, nach einem Abzug der USA ein so leichtes Spiel in Afghanistan zu haben wie der IS im Irak, den Obama 2011 aufgegeben hatte. Es gilt eine harte Wahrheit: Wer sich einmischt, darf nie glauben, dass es nur um einen Feuerwehreinsatz geht, der nach der Löscharbeit den Rückzug erlaubt. Er muss bleiben, und zwar ohne sich eine Frist zu setzen. Ob die Amerikaner mit 9500 Mann schaffen, was die Sowjets mit 115.000 nicht konnten, ist eine andere Frage.

Ein Wort zu Fifa und DFB...

Dass die sittenstrengen Deutschen mit Millionen Fifa-Stimmen gekauft hätten, um die WM 2006 ins Land zu holen, ist nicht bewiesen, aber plausibel. Denn die Korruption ist der Zwilling des märchenhaften Reichtums, erst recht, wenn der Staatsanwalt weit ist. Allein die Fifa hat mit der Brasilien-WM 4,8 Milliarden Dollar eingenommen und nur 2,2 ausgegeben, von den nationalen Verbänden, welche die WM ausrichten, gar nicht erst zu reden. Wer in einem korrupten System sauber bleibt, überlässt den anderen das Feld. Die Fifa wird sich nicht selber reinigen können, weil so viel Geld auch den besten Charakter verdirbt.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Die Fragen stellte Malte Lehming.

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