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„Für die erste Reihe nicht die Richtige.“ SPD-Politiker Harald Sempf spricht der Mitbewerberin von Finanzminister Olaf Scholz, Klara Geywitz, die Eignung ab.

© Marijan Murat/dpa

Viel Zuspruch für Geywitz: Eine Pöbelei aus der zweiten Reihe empört die SPD

Fairness im Umgang hatte sich die SPD für die Suche nach Parteichefs verschrieben. Nun wurde aber die Kandidatin Geywitz attackiert. Das sorgt für Unmut.

Berlin - Michael Roth hat es letztens bei der Regionalkonferenz im proppevollen Willy-Brandt-Haus so auf den Punkt gebracht: „Das sind alles anständige Sozis“. Damit meinte der Europa-Staatsminister, der zusammen mit Christina Kampmann antritt, seine Mitbewerber um den SPD-Vorsitz. „Wir gehören zusammen. Wir müssen Anstand leben und wir müssen diesen Laden zusammenhalten“, rief Roth unter großem Beifall.

Nach dem „Vom-Hof-Jagen“ der SPD-Chefin Andrea Nahles sind Fairness und ein neuer Umgang miteinander Gebote der Stunde. Der „Spiegel“ hat nun aber doch einen gefunden, der zündelt – und zwar gegen die eine Hälfte des Duos, das für viele Favorit Nummer 1 ist.

Der brandenburger SPD-Schatzmeister Harald Sempf (53) spricht der Mitbewerberin von Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, Klara Geywitz, schlicht die Eignung ab: „Für die erste Reihe der Partei, und dann noch im Duo mit Olaf Scholz, ist sie nicht die Richtige“, sagt Sempf. Wenn er Minister wäre, würde er sie aber zur Staatssekretärin machen und könne sich keine bessere vorstellen.

Geywitz sei zwar ein politisches Talent und eine klar denkende Analytikerin, sagte Sempf. Aber diese Herzenswärme, die ihr zugeschrieben wird, „woher die kommen soll, ist mir ein Rätsel“. Die SPD brauche an der Spitze Politiker mit Wärme. „Aber Klara Geywitz könnte von der zwischenmenschlichen Wärme her auch eine 10.000er-Geflügelfarm leiten.“ Bei der Landtagswahl in Brandenburg konnte sie zuletzt kein Direktmandat holen und wird deshalb nicht im neuen Landtag vertreten sein.

Viel Kritik an Sempf

Sempf muss sich nun einiges anhören – ihm wird ein unsolidarischer Akt vorgeworfen. Geywitz' Konkurrent im Rennen um den Vorsitz, Karl Lauterbach, twitterte: „Sie ist äußerst fair und hört auch den Menschen gut zu. Die Diffamierung ihrer Person ist schäbig und entspricht ihr in keiner Weise.“

Ein weiterer Bewerber um den Vorsitz, SPD-Vize Ralf Stegner sagte: „So ist es. Fairer Wettbewerb mit viel Gemeinsamkeiten und klaren Unterschieden – darum geht es, wenn wir wollen, dass unser Grundwert Solidarität wieder vorgelebt wird.“

Als Stegner zusätzlich kommentarlos einen Artikel über die Attacke auf Geywitz weiterleitete, reagierte der Finanz-Staatssekretär Wolfgang Schmidt, ein treuer Wegbegleiter von Scholz, mit Kritik: „Findest Du es wirklich richtig, sowas ohne Einordnung zu retweeten.“ Andere hätten hier klare Worte gefunden. 

Stegner selbst sagte dem Tagesspiegel, er habe sich deutlich distanziert. Vielleicht seien einige ja auch überrascht, wie gut er und seine Partnerin Gesine Schwan bisher bei der Basis ankämen. In der Tat gibt es viel Lob für kluge Ideen zur Zukunft der Partei und Wortwitz. Allerdings muss Stegner vier der 23 Konferenzen ohne Schwan bestreiten, da sie derzeit im Urlaub ist. Acht Termine stehen noch bis zum 12. Oktober an, bevor die Mitglieder entscheiden.

Neben Scholz/Geywitz gelten der frühere NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, das Duo Roth/Kampmann und Stegner/Schwan als Kandidaten für die vorderen Plätze.

Am 6. Dezember soll ein Bundesparteitag final entscheiden – dann wird es auch um die Frage der Fortsetzung der großen Koalition gehen. Die Jusos Brandenburg forderten den Rücktritt Sempfs: „Das Fass war schon lange voll, jetzt hat es nicht nur ein Tropfen, sondern ein ganzer Kanister zum Überlaufen gebracht.“

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