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Maike Kohl-Richter sagt, sie hätte keine Akten aus dem Kanzleramt.

© Oliver Berg/dpa

Verschwundene Akten: Freispruch für Kohls Witwe

Oberlandesgericht lehnt Ermittlungen wegen Unterschlagung gegen Maike Kohl-Richter ab - das Kanzleramt habe die Dokumente freiwillig hergegeben.

Helmut Kohls Witwe Maike Kohl-Richter muss keine strafrechtlichen Ermittlungen wegen verschwundener Kanzleramts-Akten befürchten. Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hat einen Antrag auf Aufnahme von entsprechenden Ermittlungen als unbegründet abgelehnt. Es habe sich kein Anfangsverdacht für eine Straftat ergeben, heißt es in dem Beschluss vom 8. Januar, der dem Tagesspiegel vorliegt (Az.: 1 Ws 26/18).

Nach seiner Abwahl soll der 2017 verstorbene CDU-Politiker hunderte Aktenordner mitgenommen haben, von denen viele in seinem früheren Wohnhaus lagern sollen. Kohl-Richter behauptet jedoch, dass sie „nicht im Besitz amtlicher Unterlagen des Bundes sei“. Demgegenüber hatte sich das Bundesarchiv in Koblenz kurz nach Kohls Tod an die Witwe gewandt und auf eine Rückgabe amtlicher Akten gedrungen.

Ob Kohl-Richters Angaben, sie verfüge über keinerlei Bundes-Unterlagen, vollständig den Tatsachen entspricht, ist unklar. Zuletzt hatte der Bundesrechnungshof (BRH) den Umgang des Kanzleramts mit den Kohl-Akten kritisiert: „Derartige Unterlagen hätten bereits beim jeweiligen Amtsende nicht aus dem Bundeskanzleramt mitgenommen werden dürfen“, heißt es in einem Prüfbericht. Dennoch seien sie den ausgeschiedenen Amtsinhabern überlassen worden.

Das Zweibrückener Oberlandesgericht musste sich mit dem Fall befassen, nachdem eine Journalistin die Kohl-Erbin unter anderem wegen Unterschlagung und Verwahrungsbruch angezeigt hatte. Als Verwahrungsbruch wird bestraft, wenn jemand dienstliche Dokumente der zuständigen Stelle entzieht. Nach Ansicht der Richter befänden sich die Akten jedoch nicht mehr in amtlicher Verwahrung. „Vielmehr war es Bundeskanzler a.D. Dr. Kohl selbst überlassen worden, über den Verbleib der Akten nach dem Ende seiner Amtszeit zu entscheiden“, heißt es in dem Beschluss. Dabei berief sich das Gericht ausdrücklich auf die im BRH-Bericht geschilderten „Gepflogenheiten“ im Kanzleramt. 

Auch für eine Unterschlagung gebe es keinen Anfangsverdacht, da Kohl-Richter nicht vorsätzlich gehandelt habe. Nachdem der Altkanzler die Akten zunächst an die Konrad-Adenauer-Stiftung gegeben und später an seinen Wohnsitz habe überführen lassen, habe Kohl-Richter davon ausgehen können, „dass sie als Erbin berechtigt ist, zu entscheiden, wie mit den Akten zu verfahren ist.“ Die Journalistin Gaby Weber, die das Verfahren betrieben hat, wirft der Witwe vor, die Akten bis heute gegenüber der Öffentlichkeit zurückzuhalten. Dabei sei längst klar, dass dies unzulässig sei.

Dass Bundesverfassungsgericht hatte 2017 entschieden, dass Unterlagen des Kanzleramts auch dann dem Amt gehören, wenn frühere Ex-Kanzler oder andere Bedienstete sie nach Hause mitgenommen oder Parteistiftungen übergeben hätten. Möglicherweise treffe die Regierungszentrale hier sogar eine Wiederbeschaffungspflicht.

Das Kanzleramt erklärt, es gebe ein internes Prüfverfahren. Nähere Auskünfte werden verweigert. Eine Informationsklage des Tagesspiegels wies das Oberverwaltungsgericht im Mai 2018 mit dem Hinweis zurück, dass es kein für ein Eilverfahren ausreichendes öffentliches Interesse an den verschwundenen Akten gebe.

Zwischen Kanzleramt und Maike-Kohl Richter hat es in der Vergangenheit wiederholt Kontakte gegeben, bei denen es auch um das Akten-Thema ging. Einzelheiten dazu, wer im Kanzleramt dafür zuständig war und um welche weiteren Inhalte es ging, sind im Kanzleramt angeblich unbekannt. Es habe in den vergangenen fünf Jahren zwar Kontakte zu Kohl-Richter gegeben, die sich jedoch „im Detail nicht mehr nachvollziehen lassen“.

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