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Der deutsche Filterhersteller Mann + Hummel ist mit allen Autobauern im Gespräch.

© imago/Lichtgut

Verringerung von CO2-Emissionen: Pkw und Lkw sollen bald Umgebungsluft filtern

Um die Luftverschmutzung in Europa zu verringern, wird die nächste Abgasnorm wahrscheinlich Filter für Bremsstaub verlangen. So könnten Autos Luft reinigen.

Wenn es nach Markus Kolczyk geht, werden Autos bald zu fahrenden Luftfiltern – analog zu den Filtersäulen, die am Stuttgarter Neckartor die Umgebungsluft verbessern. Der Entwicklungsleiter für die Erstausrüstung beim weltweit aktiven Ludwigsburger Filterhersteller Mann + Hummel hat mit seinen Leuten aktive und passive Vorrichtungen gebaut, mit denen Pkw und Lkw unter anderem den Staub aus der Luft ziehen können, der beim Bremsen entsteht.

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Beim passiven Filter wird die Bremsanlage oder gleich das ganze Rad von einem Gehäuse umschlossen. Der Bremsstaub wird von einem Filter aufgefangen, der in größeren Abständen in der Werkstatt gewechselt werden muss – ähnlich wie bei einer Klimaanlage.

Der aktive Filter saugt dagegen mit einem Gebläse die Umgebungsluft um das Fahrzeug herum an und säubert sie. Ob der Filter den Bremsstaub des eigenen Autos abscheidet oder den des benachbarten, spielt dann keine große Rolle mehr – unter dem Strich soll die Belastung durch Feinstaub geringer werden.

Tests bei Schnee, Sand und Hochgeschwindigkeit

„Wir haben das Produkt marktreif entwickelt“, sagt Kolczyk im Gespräch mit Tagesspiegel Background. Die Ingenieur:innen hätten die Filter nicht nur auf dem Prüfstand getestet, sondern auch in intensiven Fahrversuchen bei Schnee, Sand, Hochgeschwindigkeit und am Großglockner. Alle Tests habe die Technik bestanden.

Jetzt sei Mann + Hummel mit allen Autobauern im Gespräch. Die passiven Filter könnten sogar an bestehenden Fahrzeugen nachgerüstet werden. Alle Hersteller wüssten, dass die kommende Abgasnorm Euro 7 (Background berichtete) zu 99 Prozent auch Vorgaben für Bremsstaub machen werde. Gleichwohl würden sie noch abwarten, solange sie keine exakten Grenzwerte aus Brüssel kennen.

[Mehr zum Thema: Umweltstaatssekretär Flasbarth zum Klimapaket - „300 oder 400 Euro CO2-Preis wird es nicht geben“ (T+)]

Sie wollten möglichst kostengünstige Lösungen. Mit Blick auf die Vergangenheit erlaubt sich Kolczyk leise Kritik an der Branche: „Man könnte dieses Thema im Vergleich zum Abgas proaktiver angehen und mehr daraus machen.“

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Nach seiner Einschätzung wird Euro 7 den Einbau von Filtern für Bremsstaub 2025 zur Pflicht machen. Deshalb müssten die Autohersteller die Technik 2022 in ihre Konstruktionspläne für neue Modelle aufnehmen. Kolczyk weiß aus Erfahrung, dass die Fachleute der EU-Kommission sehr gut informiert sind, was technisch machbar ist. Deshalb erwartet er Vorgaben, die realistisch, aber anspruchsvoll sind – keine Placebo-Lösung.

Nur noch 15 Prozent der Feinstaubemissionen aus dem Auspuff

Kolczyk sagt, bei modernen Pkw mit Verbrennungsmotor kämen nur noch rund 15 Prozent der gesamten Feinstaubemissionen aus dem Auspuff. Jetzt müssten die anderen 85 Prozent angegangen werden: „Wir wollen Zero Emission, nicht nur Zero Tailpipe Emission.“ Mann + Hummel treibt das Thema auch in einem Forschungsprojekt mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt voran; das DLR befasst sich auch mit Herausforderungen in Bodennähe.

Mit steigendem E-Auto-Anteil wird das Problem durch Stickoxide kleiner, aber Bremsstaub spielt trotz Rekuperation immer noch eine Rolle – ebenso wie Reifenabrieb. Im Frühjahr hatte eine Expertin der EU-Kommission gesagt, ihre Behörde habe das klare Ziel, die Belastung von Mensch und Umwelt aus diesen Quellen deutlich zu reduzieren. Sie stellte auch einen Zusammenhang zu Euro 7 her und den ehrgeizigeren Luftqualitätszielen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die EU-Kommission will in nächster Zeit eine wissenschaftliche Studie zu Reifen- und Bremsabrieb veröffentlichen.

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