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Kohlekraftwerk in Hannover

© Holger Hollemann dpa/lni

Vermittlungsausschuss verhandelt über CO2-Preis: Warum ein neuer Klima-Kompromiss möglich ist

Die SPD will das Klimapaket ändern, die Union nicht, die Grünen wollen viel mehr: Trotz der verfahrenen Ausganslage zeichnet sich eine Kompromisslinie ab.

Manuela Schwesig und Hermann Gröhe müssen ihre Terminplanung für die Zeit um Weihnachten und Neujahr herum vielleicht noch ändern. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und der christdemokratische Bundestagsabgeordnete, einst Gesundheitsminister, sind Vorsitzende des Vermittlungsausschusses. Also des Kompromissfindungsgremiums von Bundestag und Bundesrat. Die 32 Mitglieder sind für diesen Montag 19 Uhr 30 nach Berlin eingeladen.

Das Objekt des Verfahrens: die Steuergesetze im Rahmen des Klimapakets der Bundesregierung. Eigentlich sollte ein Ergebnis bis zum 20. Dezember stehen, dem letzten Sitzungstag von Bundestag und Bundesrat in diesem Jahr. Aber nach dem SPD-Parteitag ist das nicht mehr ganz sicher.

Die Sache war mal überschaubar. Weder das Klimaschutzgesetz noch die geplante Verteuerung von Heizöl, Benzin und Gas sind Gegenstand des Vermittlungsverfahrens.

Es geht, rein formal, nur um die steuerlichen Regelungen zur Pendlerpauschale, zur neuen Mobilitätsprämie für Geringverdiener, zur Mehrwertsteuersenkung bei der Bahn, zur energetischen Gebäudesanierung und zur höheren Grundsteuer für Grundstücke mit Windkraftanlagen.

Auch die Verteilung der Steuerausfälle auf Bund, Länder und Kommunen muss verhandelt werden. Aber mit dem SPD-Beschluss für einen höheren CO2-Preis könnte sich das Verfahren etwas anders gestalten.

Informelle Verknüpfung

Zwar darf das Brennstoffemissionshandelsgesetz, das den CO2-Zertifikatshandel mit einem Einstiegspreis von zehn Euro je Tonne regelt, im Vermittlungsausschuss nicht beraten werden. Denn dieses Gesetz konnten die Grünen im Bundesrat im Gegensatz zum zustimmungspflichtigen Steuergesetz nicht stoppen, weil die Länderkammer hier nur Einspruch hätte einlegen können. Dazu waren Union und SPD in den Länderregierungen nicht bereit.

Und Verknüpfungen der Vermittlungssachen mit anderen Gesetzen hat einst das Bundesverfassungsgericht untersagt, um sachfremde Deals zu verhindern.

Aber natürlich geht es informell, und die Teile des Klimapakets so zu verknüpfen, wäre jedenfalls nicht sachfremd. Und wenn sich auf Druck der SPD nun in der Koalition doch etwas bewegt hin zu einem höheren CO2-Preis, dann müsste das Steuergesetz ohnehin wieder geändert werden, denn es regelt den Ausgleich für das teurere Autofahren und Heizen. Warum also dann nicht ein paralleles Verfahren?

AKK: Nicht bei Null anfangen

Dass es in der Koalition zur Neuverhandlung der CO2-Bepreisung kommen kann, ist offenkundig. Zwar sagt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer: „Wir können nicht wieder bei Null anfangen. Die Zeit drängt.“ Die Koalition will das Klimapaket zum 1. Januar umsetzen, sonst würden sich erste Maßnahmen – etwa die Verbilligung der Bahntickets – um Monate verzögern.

Außenminister Heiko Maas, Arbeitsminister Hubertus Heil und Umweltministerin Svenja Schulze beim SPD-Parteitag.
Außenminister Heiko Maas, Arbeitsminister Hubertus Heil und Umweltministerin Svenja Schulze beim SPD-Parteitag.

© dpa/Kay Nietfeld

Andererseits zeigt sich der NRW-Ministerpräsident und CDU-Vize Armin Laschet durchaus offen für einen höheren CO2-Preis. „Das Klimapaket muss nicht aufgeschnürt werden, denn es liegt in Teilen aufgeschnürt auf dem Tisch des Vermittlungsausschusses“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Laschet hatte zudem schon erreicht, dass die Bundesregierung in der Bundesratssitzung Ende November eine Protokollerklärung zum Emissionshandelsgesetz nachschob, in der eine Nachbesserung zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen mit hohen Energiekosten zugesagt wurde.

In der CDU gab es Bereitschaft

Ein höherer CO2-Preis wurde zudem in der CDU durchaus erwogen, auch in der Größenordnung, welche die Grünen fordern: 40 Euro je Tonne. Friedrich Merz etwa, ohne Amt, aber wieder mit Einfluss, kritisierte das niedrige Einstiegsniveau und sagte, er hoffe auf eine schnelle Korrektur.

Aber es gab Widerstände in der Koalition. In der Union, vor allem der CSU, fürchtete man einen hohen Preissprung beim Benzin wegen der Pendler und in der SPD teureres Heizöl mit Blick auf Geringverdiener. Ein niedriger Einstiegspreis führt zudem zu weniger Ausgleichsvolumen und damit zu weniger Steuerausfällen. Aber er hat eben auch weniger Lenkungswirkung.

„Abgaben grundlegend reformieren“

Daniel Günther, Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, in einer Koalition mit Grünen und FDP, gehört zu denen in der CDU, die sich mehr Mut gewünscht haben. Er wirbt für ein „richtig großes Paket“, wie er schon vor gut einer Woche im Bundesrat sagte: ein höherer CO2- Preis mit mehr Wirkung, dafür mehr Ausgleich für die Bürger über Senkungen bei der Stromsteuer und der EEG-Umlage. „Wir müssen das System der Abgaben grundlegend reformieren“, lautet Günthers Forderung.

Bei der Stromsteuer gibt es allerdings Bedenken im Bundesfinanzministerium, weil man dort fürchtet, im Übergang zur E-Mobilität eine wachsende Einnahmequelle zu verlieren, mit der die zu erwartenden Rückgänge aus der Steuer auf Sprit ausgeglichen werden kann. Und bei der Pendlerpauschale dürfte die CSU auf dem bisherigen Ergebnis beharren.

Ergebnis soll in kurzer Zeit da sein

Den möglichen Konsens, im Verein mit den Grünen, die im Bundesrat über elf Landesregierungen mitbestimmen, müssen nun Andreas Jung und Doris Ahnen suchen. Der Unions-Fraktionsvize, klimapolitisch eher kein Bremser, und die SPD-Finanzministerin aus Rheinland- Pfalz, werden die Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses leiten, die nun in kurzer Zeit ein Ergebnis liefern soll.

Die Grünen hätten kein Problem, wenn die Vermittlung länger läuft und zu deutlichen Veränderungen führt. Immerhin soll das Klimapaket seine Wirkung erst ab 2021 entfalten.

Andererseits wollen sie auch nicht als Blockade-Partei erscheinen, ausgerechnet in der Klimapolitik. Und ebenso wollen sie den Eindruck vermeiden, die Interessen von Pendlern geringzuschätzen. Man wolle, wie die SPD, eine sozial ausgewogene Lösung, heißt es aus der Partei.

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