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Ein Verbot des Nahverkehrs wird es auch in Berlin nicht geben. Allerdings sollen die Fahrgäste wohl demnächst ruhig sein.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Verkehrsexperte zur Bund-Länder-Runde: „Alles trifft auf eine gewisse Pandemiemüdigkeit“

Der Berliner Verkehrsexperte Kai Nagel berät derzeit Kanzlerin Merkel und die Länderchefs. Er plädiert für Ausgangssperren – und Stille in Bus und Bahn.

In der Schalte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Ministerpräsidenten haben mehrere Wissenschaftler, wie Charité-Virologe Christian Drosten und RKI-Chef Lothar Wieler, wegen der Coronavirus-Mutation B117 auf härtere Lockdown-Maßnahmen gepocht. 

Dabei war auch der Physiker und Experte für Verkehrssystemplanung an der TU Berlin, Kai Nagel. Für ihn brachte die Kanzlerin die Dringlichkeit so auf den Punkt: „Ohne diese Mutation hätten wir dieses Treffen nicht gehabt“.

Das Dilemma der Runde: „Alles trifft auf eine gewisse Pandemiemüdigkeit.“ Aber auch für Nagel ist klar: „Es hat sich was geändert“, sagte er dem Tagesspiegel. Zwar gibt es mangels Sequenzierung in der Runde kein klares B117-Bild, aber Nagel hat mit Simulationen hochgerechnet: Wenn das Virus bald nur zu einem Prozent in Deutschland verbreitet sein sollte, wird es in zwei bis drei Monaten die dominante Form sein. 

Und was soll jetzt helfen? Die Runde diskutierte einen „Korb an Maßnahmen“, die zugeschalteten Wissenschaftler plädieren als eine Maßnahme für Ausgangssperren. „Die Aktivitätenmuster zeigen, dass das etwas bringt, gerade für weniger private Besuche am Abend.“ Nagel hält eine Sperre von 21 Uhr bis 5 Uhr wie in Bayern für einen gangbaren Weg.

Auch wenn das am Widerstand der Länder scheitern sollte, rät er: „Das sollte man als Maßnahme in der Hinterhand halten.“ Bayern zeige, dass das die Zahlen schneller nach unten bringe, zum Beispiel die Krankenhauspatienten in München. Und was wäre beim Ansteckungsrisiko Öffentlicher Verkehr angebracht? Nagels überraschende Antwort: „Die Leute sollen still sein.“

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Also quasi die schweigende U- und S-Bahn. Keine Gespräche, keine Telefonate – für weniger Aerosole. Und Nagel ist für eine FFP2-Maskenpflicht flächendeckend in Innenräumen, auch bei der Arbeit, auch während des Unterrichtes (wenn Schulen wieder geöffnet werden, dann nur mit Wechselunterricht), und am besten sogar, wenn man Freunde besucht (was auch bedeutet: dort nicht zu essen). 

Die Runde mit der Kanzlerin zeigte aber, wie komplex auch dieses Thema ist: FFP2-Masken werden oft falsch angelegt, wenn der Metallbügel nicht an die Nase angedrückt wird, entwicht zu viel Luft. Sie bringen aber nur was, wenn durch die Maske eingeatmet wird. Die Bilanz der Schalte aus Nagels Sicht: „Die Dringlichkeit hat sich klar gezeigt.“

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