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Bundeskanzlerin Angela Merkel trat selbst vor die Presse, um zum Fall Nawalny Stellung zu nehmen.

© Markus Schreiber/AP

Vergiftung von Alexej Nawalny: Diese Sanktionen gegen Moskau sollten jetzt auf Merkels klare Worte folgen

So entschlossen wie im Fall Nawalny hat man die Kanzlerin selten erlebt. Es kann ein echter Wendepunkt im Verhältnis zu Russland sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Für die deutsche Russlandpolitik könnten diese Tage einen Wendepunkt markieren. So entschlossen wie im Fall Nawalny hat man die Kanzlerin selten erlebt, wenn es um das Verhältnis zu Russland geht. Die Bundesregierung sandte klar und deutlich ein Signal nach Moskau, dass sie es dieses Mal ernst meint.

Deshalb äußerte sich die Kanzlerin persönlich, traf sich mit ihren wichtigsten Ressortchefs zur Krisensitzung und informierte auch den Bundespräsidenten über den außergewöhnlichen Vorgang. Merkel übernimmt damit die Führungsrolle bei der internationalen Reaktion auf die Vergiftung des russischen Oppositionsführers.

Der russische Patient hat durch seine Ankunft in Berlin die deutsche Außenpolitik mit einem Problem konfrontiert, über das die Kanzlerin nicht länger hinwegsehen kann. Das ist insofern bemerkenswert, als die Bundesregierung nach dem Mord an einem Georgier in Berlin 2019 nicht mit derselben Entschlossenheit reagiert hatte.

Zwar wurden russische Diplomaten ausgewiesen, aber nur wegen mangelnder Kooperation Moskaus bei den Ermittlungen. Eine deutsche Reaktion auf die Tat als solche steht noch aus. Selbst als die Bundesanwaltschaft Anklage erhob und öffentlich erklärte, dass sie für den Auftragsmord den russischen Staat verantwortlich macht, hielt sich die Kanzlerin zurück. Die Bundesregierung wollte abwarten, bis es in dem Mordfall ein Urteil gibt – und spielte damit auf Zeit.

Umso bemerkenswerter ist nun die deutliche Reaktion der Kanzlerin. Allerdings wird sich die Bundesregierung daran messen lassen müssen, ob auf die öffentlich geäußerte Empörung dieses Mal auch Taten folgen.

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Eine EU-weite Ausweisung von russischen Geheimdienstlern, die in den jeweiligen Ländern als Diplomaten akkreditiert sind, wird im Fall Nawalny nicht reichen. Nach der Vergiftung des russischen Ex-Spions Skripal war dieser Schritt sinnvoll, weil Geheimdienstler in einem EU-Staat einen Anschlag mit einem chemischen Kampfstoff verübt hatten.

Sollte die von Merkel angekündigte europäische Reaktion darauf hinauslaufen, könnte von einer Wende in der deutschen Russlandpolitik keine Rede sein. Doch nach dem Anschlag auf den wichtigsten russischen Oppositionspolitiker können die Deutschen nicht mehr nach einigen mahnenden Worten zur Tagesordnung übergehen.

Zynische Reaktion aus Moskau

Die Kanzlerin hat im Fall Nawalny von Russland Antworten verlangt. Dass es die nicht geben wird, haben die zynischen Reaktionen aus Moskau eindrucksvoll bewiesen. Nawalny müsse in der Charité vergiftet worden sein, erklärte der Duma-Abgeordnete Andrej Lugovoj.

Mit Giftanschlägen kennt er sich aus: Lugovoj soll den russischen Ex-Spion Litwinenko mit Polonium vergiftet haben. Nun setzt sich hoffentlich auch in Deutschland die Erkenntnis durch, dass das System Putin einer Mafia-Organisation ähnelt.

Nawalny hat in seiner Arbeit immer wieder angeprangert, wie sich eine kleine Machtelite in Russland in kaum vorstellbarem Ausmaß bereichert hat. An dieser Stelle muss eine kluge europäische Sanktionspolitik ansetzen: Die EU sollte das Vermögen, das Personen aus dem engsten Zirkel um Putin ins Ausland geschafft haben, einfrieren. Solche Sanktionen hätten den Vorteil, dass sie nur die Machtelite treffen, nicht aber die Menschen in Russland. Vor allem würden sie endlich ein Signal senden, das man im Kreml nicht ignorieren kann.

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