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Landesparteitag der AfD Sachsen.

© dpa/Matthias Rietschel

Verfassungsschutz vor Entscheidung: Was für eine Beobachtung der AfD spricht

Hitler-Bilder per Whatsapp, rassistische Parolen, Hass: In Kürze verkündet der Verfassungsschutz, ob er die AfD künftig beobachtet. Eine Entscheidungshilfe.

Manche hofften, die Rechtspopulisten würden sich schon mäßigen, wenn sie erst in alle Parlamente eingezogen sind. Stattdessen folgen Tabubrüche und Provokationen inzwischen in so schneller Taktzahl, dass manche in der Öffentlichkeit gar keine Beachtung mehr finden oder schnell wieder vergessen sind. Es fällt schwer, noch hinterherzukommen. Aber kann und sollte die Partei deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet werden? Laut Gesetz müssten dazu „Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ vorliegen. Dazu gehören Angriffe gegen das Demokratieprinzip, die Rechtsstaatlichkeit oder die Menschenwürde. Wer sich die Abgeordneten der AfD im Bundestag und in den Landesparlamenten sowie die Landesvorstände ansieht, bekommt ein eindrückliches Bild. Eine kleine Auswahl.

Andreas Winhart, Landtag Bayern

Warnte im September vor Flüchtlingen, die massenhaft Krankheiten einschleppten: „Wenn mich in der Nachbarschaft ein Neger anküsst oder anhustet, dann muss ich wissen, ist der krank oder ist der nicht krank? Und das müssen wir sicherstellen.“ Unkte, dass Kosovaren und Albaner künftig als mobile Pflegekräfte zu Deutschen „nach Hause kommen und die Bude ausräumen“.

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Thomas Seitz, Bundestag

Nannte Flüchtlinge „Migrassoren“, den Propheten Mohammed einen „sadistischen Blutsäufer und Kinderschänder“. Fand es richtig, „Menschen mit schwarzer Hautfarbe auch weiterhin Neger zu nennen“. Will die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutieren – zur Abschreckung vor illegaler Einreise. Parteifreunde pflichteten ihm bei.

Gottfried Curio, Bundestag

Fiel im Parlament mehrfach durch fremdenfeindliche Parolen auf. Behauptete, die Bundesregierung habe ein „Millionenheer archaisch geprägter junger Männer ins Land gelassen, denen Frauen als Schlampen und Übergriffsobjekte gelten, wenn sie sich nicht der islamischen Unterdrückungskultur anbequemen“. Immerhin habe die Kanzlerin auch „Fachkräfte importiert: für Messerattacken“. Sprach über „Papa Gefährder, Mama Gefährder und die Gefährderbambini“. Letztere gingen in „Papas Enthauptungsunterricht“. Bezeichnete Vollverschleierte als „schwarzen Sack, der spricht“.

Der Verfassungsschutz hat in der Vergangenheit Hinweise gegeben, wie Bestrebungen gegen die im „Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte“ aussehen können: „Diskriminierung nach ethnischen Kriterien“, „Gleichsetzung von Einwanderung und Gewalt“ oder „Einschränkung der persönlichen Freiheit von Minderheiten“.

Andreas Wild, Abgeordnetenhaus Berlin

Plädierte dafür, Flüchtlinge in Lagern aus Bauholz in entlegenen Gegenden unterzubringen. Schrieb, Angela Merkel wolle Deutschland „umvolken“, ein deutscher Staatsbürger mit deutschem Pass sei noch lange kein Deutscher. Fiel kürzlich auf, weil er zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht eine blaue Kornblume am Revers trug, die während der 30er Jahre als Symbol österreichischer Nationalsozialisten galt. Wild sagt, er habe davon nichts gewusst.

Christina Baum im Stuttgarter Landtag.
Christina Baum im Stuttgarter Landtag.

© picture alliance/dpa/Marijan Murat

Christina Baum, Landtag Baden-Württemberg

Sprach von „schleichendem Genozid an der deutschen Bevölkerung", einer drohenden "Abschaffung des deutschen Volkes" sowie "Bevölkerungsaustausch". Das deutsche Volk solle "dem Untergang preisgegeben und durch eine x-beliebige Bevölkerung ersetzt" werden. Hielt die Wahl der Grünen Muhterem Aras zur Landtagspräsidentin für ein „klares Zeichen, dass die Islamisierung Deutschlands doch voll im Gang ist“. Erklärte nach dem Urteil im NSU-Prozess, das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ sei „aus rein politischen Gründen missachtet“ worden. (Hinweis: In einer früheren Version hieß es, Frau Baum habe von "Umvolkung" gesprochen. Der tatsächliche Wortlaut war "Umwandlung").

Um eine Beobachtung zu rechtfertigen, reichen nicht Entgleisungen Einzelner. Die Extremisten müssen in der Partei „steuernden Einfluss“ haben. Das nachzuweisen, ist kompliziert. Auch weil führende AfD-Politiker regelmäßig von Irrtümern und Missverständnissen sprechen. Der eine fährt ein Auto mit dem Kennzeichen „GD 3345“, was von Neonazis als „Großdeutschland von 1933 bis 1945“ gelesen wird, ein anderer verwendet Goebbels-Zitate. Die Begründungen, warum alles ganz anders gemeint war, klingen manchmal abenteuerlich.

Stefan Keuter, Bundestag

Verschickte über Whatsapp Bilder von Adolf Hitler mit ausgestrecktem Arm, einer Duschkabine mit gekacheltem Hakenkreuz, einem Stahlhelmsoldaten am Maschinengewehr plus Kommentar: „Das schnellste deutsche Asylverfahren, lehnt bis zu 1400 Anträge in der Minute ab!“ Seine Erklärung: Er habe die Bilder nur übersandt, damit ein Mitarbeiter sie analysieren könne.

Nikolaus Kramer, Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Sprach in einer Debatte über angeblichen Leistungsmissbrauch durch Asylbewerber mehrfach von „Negern“, bestand darauf, dass dies nicht rassistisch sei. Teilte in einem internen AfD-Chat ein Foto marschierender Soldaten der Leibstandarte SS Adolf Hitler mit der Aufschrift „Ein schwarzer Block ist nicht grundsätzlich scheiße“. Sprach später von einem Versehen. Pflegte Kontakt zur rechtsextremen pennalen Burschenschaft „Chattia Friedberg“. Gab an, nicht gewusst zu haben, dass die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Glaubt, Männer seien „mehr für die Politik gemacht“ als Frauen, meint das aber nicht böse.

Offiziell beteuern die Parteioberen, niemals mit Rechtsextremen zusammenzuarbeiten. Dieses Gebot wird systematisch gebrochen. Etliche Parlamentarier beschäftigen rechtsextreme Burschenschaftler, ehemalige NPDler, Ex-Mitglieder der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ oder Identitäre, zum Beispiel als Redenschreiber oder persönliche Referenten. Damit treiben sie die Vernetzung mit radikalen Kreisen voran. Zwei Beispiele:

Frank Pasemann, Bundestag

Empfing im Juli 2018 mehrere Schlüsselpersonen der extremen Rechten in Räumen des Bundestags und begrüßte sie dort als „Freunde“: etwa den rechtsradikalen Burschenschaftler Philip Stein, dazu Michael Schäfer und Julian Monaco, beide früher im Bundesvorstand der „Jungen Nationaldemokraten“, der Jugendorganisation der NPD. Dass zwei hochrangige Ex-Kader der Neonaziszene dem Treffen beiwohnten, bereitete Pasemann nach eigener Aussage „keine Bauchschmerzen“. Er selbst hatte bereits im Haus der Identitären Bewegung in Halle einen Vortrag gehalten. Nannte den NSU-Prozess kurz vor Urteilsverkündung einen „Schauprozess“.

Frank Pasemann.
Frank Pasemann.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Ralph Weber, Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Beschäftigt in seinem Wahlkreisbüro einen verurteilten Gewalttäter mit Neonazi-Vergangenheit, der lange im NPD-Umfeld aktiv war. Nahm den Mann mehrfach mit in den Landtag. Weber selbst warnte vor einem „großen Austausch“ und appellierte an alle „,Biodeutschen‘ mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern“, dafür zu sorgen, dass ihre Heimat auch in 30 Jahren von deutscher Leitkultur geprägt sei.

In Bedrängnis hat die AfD ausgerechnet ein Gutachten gebracht, das sie selbst in Auftrag gegeben hatte. Ein emeritierter Freiburger Staatsrechtler sollte sich zu den „rechtlichen Voraussetzungen einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz“ äußern. Das Ergebnis liest sich wie ein verheerendes Zeugnis für die AfD. Sein dringender Rat: Die Partei solle Begriffe wie „Umvolkung“, „Überfremdung“ und „Lügenpresse“ – Standardvokabular vieler Funktionsträger – sowie die Diffamierung von Migranten vermeiden. Außerdem warnte der Gutachter vor Geschichtsrevisionismus, vor allem solchem mit Bezug zur NS-Zeit.

Wilhelm von Gottberg, Bundestag

Der Beamte im Ruhestand nannte den Völkermord am europäischen Judentum in einem Essay ein „wirksames Instrument zur Kriminalisierung der Deutschen“. Stimmte einer Aussage des italienischen Neofaschisten Mario Consoli zu, wonach „immer mehr Staaten die jüdische ,Wahrheit‘ über den Holocaust unter gesetzlichen Schutz“ stellten. Der Holocaust soll demnach „ein Mythos bleiben, ein Dogma, das jeder freien Geschichtsforschung entzogen bleibt“. Forderte, den „Kult mit der Schuld zu beenden“.

Stefan Scheil, Vorstand Rheinland-Pfalz

Zu seinen Lieblingsthemen gehört die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs. Glaubt, Polen habe einen Krieg gegen Deutschland beginnen wollen, um das eigene Staatsgebiet zu erweitern. Spricht vom „Mythos Polen als ewiges Opfer“. Stellt Winston Churchill als einen Rassisten dar, der massenhaft Deutsche töten wollte. Nennt den deutschen Überfall auf die Sowjetunion einen „Präventivkrieg“ und hält die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg für „durchaus relativ“. Vor seiner AfD-Karriere dozierte Scheil in Vorträgen bei Landsmannschaften und Hobbywissenschaftlern – inzwischen ist er Mitglied im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung. Dort kritisiert er deren Gedenkarbeit für Opfer des NS-Regimes: Jugendliche des 21. Jahrhunderts sollten nicht „im Anklagemodus von vergangenen Verbrechensgeschichten belästigt“ werden, verpflichtende KZ-Besuche für alle Schüler seien „der Herausbildung politischen Selbstbewusstseins nicht förderlich“. Programme wie „Schule ohne Rassismus“ zielten offenkundig darauf ab, Schüler zur „kritiklosen Hinnahme jeder jetzigen und kommenden ,Vielfalt‘ anzuleiten“.

Alexander Gauland, Bundestag

Auch der Parteivorsitzende tätigte mehrfach Äußerungen, die Beobachter als geschichtsrevisionistisch werten. Am bekanntesten ist Gaulands Behauptung, Hitler und der Nationalsozialismus seien in 1000 Jahren deutscher Geschichte nur „ein Vogelschiss“. Monate zuvor hatte er bereits das Recht eingefordert, „stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. Wollte außerdem die damalige SPD-Integrationsstaatsministerin Aydan Özoguz „in Anatolien entsorgen“ lassen.

Doris von Sayn-Wittgenstein, Landtag Schleswig-Holstein

Rief zur Unterstützung des rechtsextremen Vereins „Gedächtnisstätte“ auf. Dessen Mitgründerin ist die zigfache Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel. Laut Verfassungsschutz wurden im Verein deutsche Kriegsverbrechen relativiert und die Kriegsschuld des NS-Regimes geleugnet. Gegen Sayn-Wittgenstein ist inzwischen ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet worden. Ob das Erfolg haben wird, ist allerdings unklar.

Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren diverse Parteiausschlussverfahren initiiert worden, die später aus schwer nachvollziehbaren Gründen eingestellt wurden – was den Vorwurf von Kritikern nährt, derartige Verfahren dienten vor allem zur Beruhigung der Öffentlichkeit. In der Partei bleiben durften etwa diese drei Politiker:

Wolfgang Gedeon, Landtag Baden Württemberg

Veröffentlichte mehrere antisemitische Schriften. Darin fragte er etwa, ob es nicht sein könne, dass „die Juden genügend Gründe für die ihnen entgegengebrachten Feindseligkeiten geliefert haben“. Gedeon glaubt an eine „freimaurerisch-zionistische“ Weltverschwörung. Die Alleinschuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg lehnt er ab – und auch „die Frage der Hauptschuld scheint mir nicht so eindeutig, wie es die offizielle, im Wesentlichen vom Zionismus diktierte Version vorgibt“. Gedeon bezog sich mehrfach auf die antisemitische Fälschung „Die Protokolle der Weisen von Zion“. Die Schrift ist seiner Einschätzung nach „mutmaßlich keine Fälschung“, wahrscheinlich handele es sich tatsächlich um die Mitschrift einer Geheimtagung. Das Parteiausschlussverfahren gegen ihn wurde eingestellt – nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil Belege für Antisemitismus „nicht rechtzeitig vorgelegt“ worden seien.

Wolfgang Gedeon.
Wolfgang Gedeon.

© AFP/Christoph Schmidt

Jens Maier, Bundestag

Bezeichnete Muslime als „Gesinde“ und „Schleiereulen“, erklärte den angeblichen „Schuldkult“ der Deutschen für „endgültig beendet“ und warnte vor der „Herstellung von Mischvölkern“ in Europa. Nannte Boris Beckers Sohn einen „kleinen Halbneger“. Bezeichnete die NPD als „einzige Partei, die immer entschlossen zu Deutschland gestanden hat“. Sagte bei einem Pegida-Auftritt, es genüge ihm nicht, dass die im Zweiten Weltkrieg bei der Bombardierung Dresdens zerstörte Frauenkirche wieder aufgebaut wurde: „Da muss noch mehr kommen. Ich will, dass Deutschland wieder aufersteht.“ Soll bei einer Veranstaltung des „Compact“-Magazins Verständnis für den norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik geäußert haben – dieser sei aus Verzweiflung über die Einwanderung von Kulturfremden zum Massenmörder geworden. Maier bestreitet diese Aussage. Der Veranstalter hat den Videomitschnitt gelöscht.

Björn Höcke, Landtag Thüringen

Prominentester Rechtsaußen der Partei. Nannte das Berliner Holocaustmahnmal ein „Denkmal der Schande“, sprach von „dämlicher Bewältigungspolitik“ und forderte „eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Unterstellte Afrikanern einen evolutionär bedingten „Ausbreitungstyp“. Das Landesschiedsgericht der AfD lehnte im Mai 2018 den Parteiausschluss Höckes ab. Der Thüringer Landeschef habe weder gegen die Satzung noch die Grundsätze oder Ordnung der Partei verstoßen. Einige Monate nach dem Beschluss stellte sich heraus: Einer der Landesschiedsrichter in dem Verfahren hat vor Jahren an einer Reise zu Lebensstationen Adolf Hitlers teilgenommen, vor dessen Geburtshaus eine Kerze angezündet und sich mit einer Decke mit Hakenkreuz und SS-Zeichen fotografieren lassen. Beim Kyffhäusertreffen 2018, einer Feier des völkischen Flügels der AfD, rief Björn Höcke „die Zeit des Wolfes“ aus. Polizisten empfahl er, sich dem Befehl ihrer Vorgesetzten zu widersetzen, sonst würden sie nach der Machtübernahme des Volkes zur Rechenschaft gezogen.

Diese Übersicht an Widerwärtigkeiten enthält ja weitgehend weder Unbekanntes noch Überraschendes. Diese Aufarbeitung in geballter Form ist dennoch bestürzend und für mich bleibt (weiterhin) nicht nachvollziehbar, wie diese Partei von vermeintlich nicht rechten "Protestwählern" unterstützt werden kann. Zumal die hier dargestellten Entgleisungen von Landtags- oder Bundestagsabgeordneten stammen.

schreibt NutzerIn Don_Commentador

Die gescheiterten Ausschlussverfahren sind eine Enttäuschung für die moderateren Kräfte in der Partei. Viele von ihnen haben in den vergangenen Monaten die AfD verlassen – was wiederum das Gewicht derjenigen stärkt, die sich das von Parteichef Alexander Gauland ausgegebene Ziel zu Herzen nehmen: die Grenzen des Sagbaren auszuweiten.

Alexandra Walter, Landtag Hessen

Fiel in sozialen Netzwerken mit radikalen Statements auf. Erklärte zum Verlauf des Zweiten Weltkriegs: „Verrat an jeder Ecke hat zur Niederlage Deutschlands nicht unwesentlich beigetragen.“ Nannte Migranten „Braungebrannte“, bezeichnete den verurteilten Kriegsverbrecher Dries Coolens als „tollen Menschen“, dessen Vortrag sie besucht habe. Walter erklärte später, sie könne sich nicht erinnern, die Kommentare selbst verfasst zu haben.

Siegbert Droese, Bundestag

Forderte „freien Waffenbesitz für jeden rechtstreuen Deutschen“ und warb dafür mit der Aussage „Volksbewaffnung hilft, Koransprengköpfe zu neutralisieren.“ Nannte Angela Merkel ein „SED-Schrapnell im Kanzlerbunker“. Forderte den Schulterschluss mit Pegida, ließ sich beim Besuch der Wolfsschanze mit der Hand auf dem Herzen vor den Bunkeranlagen fotografieren.

Roland Magerl, Landtag Bayern

Schimpfte Claudia Roth eine „hässliche Wanderwarze“. Ist auf Facebook mit diversen Rassisten und NS-Verherrlichern befreundet, zeigte sich bei einer Parteiveranstaltung im Shirt der rechtsextremen Modemarke „Ansgar Aryan“.

André Poggenburg, Landtag Sachsen-Anhalt
Beschimpfte in Deutschland lebende Türken als „Kümmelhändler und Kameltreiber“. Klagte in einem Chat, „Horden von ausländischen Kulturbereicherern“ würden „unsere Frauen angrapschen und anpöbeln“. Sprach von „Wucherung am Volkskörper“, wollte „linksextreme Lumpen“ von deutschen Hochschulen verbannen und diese „praktischer Arbeit“ zuführen. Erkundigte sich bei Parteifreunden im Chat, ob Bedarf an einer „Weiterbildung in Sachen ‚Erweiterung der Außengrenzen‘“ bestehe. Verschickte zuletzt einen Silvestergruß an die „Mitbürger unserer Volksgemeinschaft“. (Update 11.1.: André Poggenburg ist nun aus der AfD ausgetreten).

In der Partei finden sich etliche, die Verschwörungstheorien verbreiten: die Terrorakte von New York 2001 und Berlin 2016 seien von westlichen Geheimdiensten begangen, der menschengemachte Klimawandel existiere nicht, Regierungen würden mit „Chemtrails“ das Wetter beeinflussen. Derartige Äußerungen sind nichts, was der Verfassungsschutz beobachten müsste. Relevant wird es erst, wenn die Theorien menschenfeindliche, zum Beispiel antisemitische oder homophobe, Züge haben.

Peter Boehringer, Bundestag

Glaubt an die Existenz geheimer, global operierender Eliten, die im Hintergrund an einer sogenannten „New World Order“ (NWO) arbeiten – einer neuen Weltordnung. Die Gesellschaft solle dabei so verändert werden, dass die Eliten sie besser kontrollieren können. Auf Facebook erklärte Boehringer, in Deutschland steuere die NWO bereits die Bundesregierung, habe aber auch die evangelische Kirche, die Bahn, die CSU, die Grünen in Baden-Württemberg, diverse Hilfsorganisationen sowie die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft infiltriert. Die Vereinten Nationen würden ebenfalls von der NWO gesteuert – dort seien allerdings auch die Freimaurer aktiv. Glaubt außerdem, die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten seien Teil einer gesteuerten Invasion. Sie erhielten für die Überfahrt nach Europa Geld, etwa aus Saudi-Arabien. Ziel sei, Europa zu islamisieren. Boehringer bestreitet, behauptet zu haben, die „Merkelnutte“ lasse zu, dass der deutsche „Volkskörper“ durch Flüchtlinge „gewaltsam penetriert“ werde. Allenfalls habe er solche Formulierungen in einer Mail an einen kleinen Personenkreis benutzt.

Karsten Hilse, Bundestag

Glaubt, dass die „Ehe für alle“ von Strippenziehern im Hintergrund durchgesetzt wurde, um soziale Bindungen unter Menschen sowie deren Bezug zu Heimat und Traditionen zu kappen und diese zu einer „Grauen Masse“ zusammenzuschmelzen. Ziel sei, dass Menschen gegen „jedwede Umerziehung“ nicht mehr rebellierten. Fürchtet, dass nach der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare jetzt die Legalisierung von Polygamie und Pädophilie gefordert wird. Sang kürzlich auf einer Demonstration in Berlin ein umgedichtetes Kinderlied mit einer Drohung an Angela Merkel: „Sonst werden dich die Sachsen holen mit dem Luftgewehr.“

Am Ende, glauben Beobachter, könnte vor allem die vielfach belegbare Nähe zur „Identitären Bewegung“ Ausschlag für eine Beobachtung geben. Die Organisation wird von Verfassungsschützern dem „Neonazismus“ beziehungsweise „Rechtsextremismus“ zugeordnet und vertrete ein „rassistisch sowie nationalistisch geprägtes Weltbild“. In der AfD hat sie viele Sympathisanten und Förderer – und auch solche, die das öffentlich äußern.

Petr Bystron, Bundestag

Gilt als langjähriger Unterstützer der Identitären, lobte sie bei einer Veranstaltung in Oberbayern als „tolle Organisation“ und „Vorfeld-Organisation der AfD“. Forderte, seine Partei müsse als „Schutzschild“ für die Identitäre Bewegung und Pegida fungieren. Ein Münchner Gericht befand, Bystron zeige „Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“. Kürzlich stand Petr Bystron in der Kritik, weil er während einer Dienstreise nach Südafrika Vertreter der rechtsextremen Organisation „Suidlanders“ traf und mit ihnen auch einen Schießstand ausprobierte.

Hans-Thomas Tillschneider im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Hans-Thomas Tillschneider.

© picture alliance /dpa/Peter Förster

Hans-Thomas Tillschneider, Landtag Sachsen-Anhalt

Gilt als Hardliner in der Partei. Forderte das Bundesverdienstkreuz für Lutz Bachmann, bezeichnete Aids-Kranke als „Preis, den wir für ein dekadentes Gesellschaftsmodell zahlen“. Sprang gerade seinem Parteifreund Seitz bei: Die Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe sei legitim. Tillschneider hat enge Kontakte zu den Identitären, unterhielt bis vergangenen Herbst ein Wahlkreisbüro in deren Zentrum in Halle. Der Auszug dort sei lediglich eine strukturelle Entflechtung, keine inhaltliche Distanzierung. Das Programm der Identitären unterscheide sich „nicht von den Zielsetzungen der AfD“. In einem Post auf seiner Homepage warnte er Parteifreunde vor der Illusion, einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen zu können: „Mittlerweile definiert das Establishment ,Verfassungsfeindlichkeit‘ so, dass wesentliche Teile des AfD-Programms ,verfassungsfeindlich‘ sind. Jederzeit ließe sich eine Beobachtung etwa wegen ,Islamfeindlichkeit‘ begründen.“

Weitere Entgleisungen der vergangenen Jahre

Ein AfD-Mitglied des Kreisverbands Mittelsachsen verkündete, die deutsche Volksgemeinschaft leide „unter einem Befall von Schmarotzern und Parasiten“, welche dem deutschen Volk „das Fleisch von den Knochen fressen“ wollten.

Ein Parteifreund aus Greifswald beschwerte sich über seinen Uni-Alltag: „Bin grade in der Mensa, dieses Neger-Volk schmeißt sich an die weißen Frauen ran. Ich spüre schon wieder Hass. Überall dreckige Kanacken.“

Ein Mitglied aus Tübingen schwärmte von einem „entstehenden rechtsradikalen Netzwerk“ zwischen AfD und Identitärer Bewegung und forderte die Einführung des Straftatbestandes „Volksthumsleugnung“.

Der Chef des Stadtverbands Gera forderte einen „Sturz dieses Unrechtsstaats“.

Ein Stadtratsmitglied aus Wunstorf bei Hannover forderte, der Islam müsse als Religion „endlich europaweit verboten werden“.

Zur hessischen Kommunalwahl trat ein Kandidat mit Reichsbürgervergangenheit an: Vor seiner AfD-Karriere hatte er behauptet, „Innenminister des Deutschen Reichs“ einer kommissarischen Reichsregierung zu sein.

Ein Göttinger Nachwuchspolitiker beschimpfte Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „Verräter“ und „Feind des Deutschen Volkes“, nannte Prag eine „tolle deutsche Stadt“.

Im Stuttgarter Landtag störte der Abgeordnete Stefan Räpple massiv die Sitzung und löste einen Polizeieinsatz aus

Eine AfD-Vertreterin im Berliner Abgeordnetenhaus musste sich für ein Foto rechtfertigen, auf dem sie vor Weinflaschen mit dem Konterfei Adolf Hitlers posierte.

Über den Fraktionschef im Kreistag von Stormarn nahe Hamburg wurde bekannt, dass er in den 1990er Jahren am Holocaustleugner-Kongress „Wahrheit macht frei“ teilgenommen hatte.

Ein Funktionär aus Pforzheim fragte sich in einem Post, ob das Abfackeln geplanter Flüchtlingsunterkünfte nicht einfach eine „Form von zivilem Ungehorsam“ sei.

Ein Mitglied aus dem osthessischen Alheim forderte, Bundestagsabgeordnete vor ein Erschießungskommando zu stellen.

Mitglieder des Osnabrücker Kreisvorstands feierten vergangenes Jahr beim Neonazi-Festival „Schild und Schwert“ mit.

Der Wittenberger AfD-Kreisvorsitzende bezeichnete den Gaza-Krieg als „mindestens genauso schlimm“ wie den Holocaust.

Ein Vorstandsmitglied des Landesverbands Sachsen-Anhalt verbreitete eine Fotomontage von Barack Obama am Galgen sowie antisemitische Verschwörungstheorien

Parteimitglieder aus verschiedenen Landesteilen feierten in Magdeburg im Beisein von Neonazis die Gründung einer rechtsextremen Burschenschaft

Ein Mitglied aus dem Landkreis Zwickau rief dazu auf, Kritiker „zu liquidieren“. Als im Hambacher Forst ein Reporter tödlich verunglückte, freute er sich: „Schön. Eine Dumpfbacke weniger bei den Lügenmedien.“ Ein Landtagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen verhöhnte einen Dunkelhäutigen, der in Schleswig-Holstein einen Schönheitswettbewerb gewonnen hatte, und deutete an, er selbst könne ja dann auch beim „diesjährigen Mr. Ghana-Wettbewerb“ antreten.

Ein Thüringer Kreisverband stellte nach Ende des NSU-Prozesses infrage, ob Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt überhaupt Morde begangen haben.

Ein Mitglied des Landtags Mecklenburg-Vorpommern behauptete, brennende Flüchtlingsheime seien „kein Akt der Aggression, sondern ein Akt der Verzweiflung gegen Beschlüsse von oben“

Der stellvertretende Parteisprecher Albrecht Glaser forderte, dem Islam das Grundrecht auf Religionsfreiheit zu entziehen. Eine Unterscheidung zwischen Muslimen und Islamisten sei nicht möglich.

Ein Landtagsabgeordneter aus Baden-Württemberg schrieb, Quoten nützten „nur unqualifizierten, dummen, faulen, hässlichen und widerwärtigen Frauen“.

Ein Funktionär aus dem Kreisverband Ulm/Alb-Donau schrieb, Deutschland sei kein souveräner Staat, sondern eine Verwaltungsorganisation ohne Verfassung.

Nach einem Fest der parteiinternen Strömung „Der Flügel“ drohten Teilnehmer Journalisten mit Mord.

Eine Bundestagsabgeordnete gehörte bei Facebook der Gruppe „Volksaufstand“ an, die sich als „Sammelgruppe für den gemeinsamen Sturm auf Berlin“ versteht.

Ein Mitglied aus Mecklenburg-Vorpommern forderte, das „ganze rotgrüne Geschmeiß aufs Schafott“ zu schicken. „Und dann das Fallbeil hoch und runter, dass die Schwarte kracht.“

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