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Handeln sie korrekt? Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Christian Lindner werden vom Rechnungshof gerügt.

© dpa/Hannibal Hanschke/Reuters/Pool

„Verfassungsrechtlich zweifelhaft“: Bundesrechnungshof rügt Lindners Nachtragsetat

Die Ampel-Koalition hat sich schuldenfinanziert 60 Milliarden Euro zurückgelegt. Die Haushaltskontrolleure erheben Einspruch.

Der Bundesrechnungshof hält den im Dezember vorgelegten Nachtragshaushalt der Ampel-Koalition für „verfassungsrechtlich zweifelhaft“ und „finanzwirtschaftlich nicht notwendig“. Die Etatkontrolleure empfehlen deshalb, auf eine parlamentarische Verabschiedung zu verzichten. Andernfalls könne „eine verfassungsrechtliche Überprüfung Rechtsklarheit schaffen“, heißt es in einer Stellungnahme des Rechnungshofs zur Anhörung im Bundestag, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Damit unterstützt die Bonner Behörde das Vorgehen der Unions-Fraktion, die eine Klage in Karlsruhe schon angekündigt hat.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte den Nachtragsetat für 2021 im Dezember eingebracht, um damit einen Beschluss im Koalitionsvertrag umzusetzen. Die neue Regierung will den noch von der großen Koalition geschaffenen Verschuldungsspielraum in Höhe von 240 Milliarden Euro in Gänze nutzen, obwohl zuletzt damit gerechnet wurde, dass der Bund nur etwa drei Viertel dieser pandemiebedingten Kreditermächtigungen brauchen wird.

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Die Koalition will die überschüssigen 60 Milliarden Euro dem Energie- und Klimafonds, einem Nebenhaushalt, zuweisen, um damit über mehrere Jahre hinweg Investitionen in ökologische und auch digitale Projekte zu finanzieren. Möglich wird die hohe Verschuldung durch die Ausnahmeklausel in der Schuldenbremse, die zur Abwendung von Notlagen wie der Corona-Pandemie zusätzliche Kredite möglich macht.

"Kein Zusammenhang mit Pandemie"

Der Bundesrechnungshof sieht jedoch keinen „unmittelbaren Veranlassungszusammenhang“ zwischen der Kreditaufnahme im Nachtragsetat und der Notlagenbekämpfung – was bedeutet, dass die von der Koalition zur Begründung genannte Finanzierung von Folgewirkungen der Pandemie die Haushaltswächter nicht überzeugt hat. Der Rechnungshof ist der Ansicht, dass die Regierung die seit Jahren aus Etatüberschüssen angesammelte Rücklage in Höhe von 48 Milliarden Euro hätte verwenden können, statt nun eine schuldenfinanzierte Rücklage aufzubauen.

[Lesen Sie dazu bei Tagesspiegel Plus: Die neue Ampel-Finanzpolitik]

Der von der Koalition als weitere Begründung genannte Klimawandel sei „keine außergewöhnliche Notsituation“ im Sinne der Schuldenregel des Grundgesetzes, weil dieser keine „akute, plötzlich auftretende Krise“ sei.

Zudem unterlaufe die Koalition mit dem Nachtragsetat Grundsätze des Haushaltsrechts. „Unter Ausnutzung aufgeblähter Notlagenkredite wird das verfassungsrechtliche Verbot der Bildung von Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung ausgehebelt“, heißt es in der Stellungnahme. Zudem widerspreche die parlamentarische Beschlussfassung nach Abschluss des Haushaltsjahres „der Funktion eines Haushaltsplans als Planungsinstrument“. Statt dessen könnten Notlagenkredite im Rahmen des regulären Etats für 2022 beschlossen werden.

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