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Flaute. Die Vereinten Nationen reagieren nur zaghaft auf die ersten Aktionen der neuen US-Regierung. Präsident Trump hat oft mir Kürzungen ihrer Gelder gedroht.

© Spencer Platt/AFP

Vereinte Nationen: Die furchtsame Weltorganisation

Es dauerte Tage, bis die UN auf Donald Trumps Einreisestopp für Muslime reagierten – sie wollen den Geldgeber nicht brüskieren.

Tagelang zierten sich die Chefs der Vereinten Nationen (UN). Allenfalls halbherzige Worte waren über die Abschottungsstrategie von US-Präsident Donald Trump zu hören. Klare, offene Kritik an dem mächtigsten UN-Mitglied und dem größten Beitragszahler der Organisation? Fehlanzeige.

Es schien, als wolle niemand im UN-Hauptquartier in New York oder in der europäischen UN-Zentrale in Genf die neue Regierung in Washington provozieren. Immerhin kommen die US-Amerikaner alleine für fast ein Viertel des Budgets der Vereinten Nationen auf. Und sie haben oft das entscheidende Wort bei der Vergabe der wichtigsten Posten bei der Weltorganisation.

Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, war dann schließlich der erste führende Vertreter der Vereinten Nationen, der in einem längeren Statement den neuen US-Präsidenten zurechtwies. Ich bin „alarmiert“, sagte Grandi mit Blick auf die Aussetzung des Flüchtlingsprogramms und des temporären Einreisestopps für Menschen aus sieben muslimisch dominierten Ländern. Grandis Statement erschien am Montagabend, Präsident Trump hatte die Maßnahmen bereits am Freitag vergangener Woche angekündigt. Das sagt schon eine Menge aus.

Der Flüchtlings-Kommissar der UN fand als erster öffentliche Worte zu Trump

Die „Flüchtlinge sind verängstigt, orientierungslos und ihre Herzen sind gebrochen“, betonte Hochkommissar Grandi. Nach UN-Schätzungen könnten insgesamt 20000 Flüchtlinge in den nächsten drei Monaten von dem US-Aufnahmestopp betroffen sein. Was jetzt mit den Menschen passiert, ist völlig ungewiss.

Kurz vor Grandi war der andere UN-Hochkommissar aus der Deckung gekommen, zumindest ein wenig. Seid Ra’ad al Hussein, ein Muslim aus Jordanien, entschloss sich am Montagnachmittag, auf Trump zu antworten, und zwar via Twitter. Das Einreiseverbot für Menschen aus muslimischen Ländern sei „engherzig“ und „unrechtmäßig“, erläuterte der UNHochkommissar für Menschenrechte. Auf eine ausführliche, offizielle Stellungnahme verzichtete Seid jedoch.

Und wie reagierte UN-Generalsekretär António Guterres auf Trumps Vorstöße? Betont diplomatisch. „Ich hoffe sehr, dass die getroffenen Maßnahmen nur temporär sind“, sagte der Portugiese. Kurz vorher gab der UN-Generalsekretär zu, dass die möglichen drastischen Kürzungen von US-Geldern an seine Organisation ihn „natürlich mit Sorge“ erfüllten.

Trump drohte immer wieder mit finanziellen Kürzungen

Die kommt nicht von ungefähr. In der vergangenen Woche waren in US-Medien Berichte aufgetaucht, die bei den UN-Oberen einige Nervosität auslösten. Die Trump-Administration wolle ihre Finanz-Zuwendungen für bestimmte UN-Einrichtungen erheblich stutzen und in einigen Fällen sogar komplett streichen. Auf der schwarzen Liste stünden etwa Organisationen, in denen die Palästinenser volles Mitglied sind.

Bisher ist das nur ein Szenario. Aber es passt nahtlos zur harschen Rhetorik des Trump-Teams, das generell von den Vereinten Nationen nicht viel hält. Trump selbst kanzelte vor seinem Amtsantritt den Staatenbund als „Schwatzbude“ ab. Er brandmarkte das Pariser UN-Klimaabkommen als „schlechten Deal“. Und ließ kein gutes Haar an dem Atomvertrag mit dem Iran, den der UN-Sicherheitsrat völkerrechtlich bestätigte.

Die neue US-Botschafterin bei den UN, Nikki Haley, soll in New York Trumps knallharte „America First“-Politik umsetzen. Ihre Leitfrage ist recht simpel: „Kriegen die USA das, wofür sie bezahlen?“ Andersherum gilt: Ohne Amerikas Geld müssten die Vereinten Nationen den Rotstift ansetzen.

Im laufenden Jahr belaufen sich Washingtons Überweisungen an die UN auf mehr als 610 Millionen US-Dollar, damit bestreiten die Amerikaner 22 Prozent des UN-Etats von 2,8 Milliarden US-Dollar. Noch größer ist die Abhängigkeit der Vereinten Nationen von den Vereinigten Staaten bei der Finanzierung der weltweiten Friedensmissionen. Im Jahr 2016 steuerten die USA knapp 29 Prozent der Gelder für die Blauhelme bei.

Immerhin zeigte die Trump-Regierung gegenüber den Vereinten Nationen in einem Punkt Entgegenkommen: UN-Mitarbeiter sind von den Einreiseverboten in die USA ausgenommen. Die dortigen Behörden hätten dies bestätigt, teilte ein Sprecher des Staatenbundes in New York jetzt mit. Jan Dirk Herbermann

Jan Dirk Herbermann

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