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Menschen flüchten in Ost-Ghuta vor den Assad-Truppen.

© Anas Alkharboutli/dpa

Vereinte Nationen: Assads Emissär ist Chef der Abrüstungskonferenz

Syrien übernimmt turnusmäßig den Vorsitz der Abrüstungskonferenz. Das Rotationssystem kann aber nur einstimmig geändert werden - also mit Syriens Unterstützung.

Den syrischen Diktator Baschar al Assad dürfte ein Gefühl des Triumphs beschleichen. Sein Land hat am Montag turnusmäßig den Vorsitz der Abrüstungskonferenz unter dem Dach der Vereinten Nationen in Genf übernommen. Sein Emissär leitet für knapp einen Monat die einzige permanente Institution der Welt zum Abbau von Waffen. Westliche Mitgliedsländer des 65 Staaten umfassenden Gremiums reagierten entsetzt auf die Personalie. „Das ist einer der dunkelsten Tage in der Geschichte der Abrüstungskonferenz“, sagte der US-Botschafter bei der Versammlung, Robert Wood. Nichtregierungsorganisation wie die Gesellschaft für bedrohte Völker schimpften über eine „Farce“. Ihre Forderung: Die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sollen Sitzungen unter Assad-Vorsitz boykottieren. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es: „Wir werden gemeinsam mit unseren EU-Partnern jeden Versuch zurückweisen, die Präsidentschaft für andere Zwecke als die rein technische Leitung der Plenarsitzungen zu missbrauchen.“

Zwar hat die Abrüstungskonferenz seit Jahren keine Verträge mehr zustande gebracht, Syriens Präsidentschaft birgt aber dennoch diplomatischen Sprengstoff. In der Abrüstungskonferenz und ihren Vorgängern wurden einst bahnbrechende Abkommen zur Eindämmung und Vernichtung von Kriegsgeräten verhandelt: der Atomwaffensperrvertrag, der Atomwaffenteststopp-Vertrag sowie die beiden Konventionen gegen Biowaffen und gegen Chemiewaffen. Die Verträge gelten als Grundpfeiler der globalen Abrüstung und Rüstungskontrolle.

Und was sagen die UN?

Gegen einen der wichtigsten Genfer Pakte, die Chemiewaffenkonvention, verstößt Assad in Syriens Bürgerkrieg regelmäßig. UN-Ermittler machen Assad-Einheiten für Giftgaseinsätze verantwortlich. Damit nicht genug. Auf Assads Konto gehen weitaus mehr Kriegsverbrechen: von Massenexekutionen über Vertreibungen bis hin zum Aushungern der Bevölkerungen ganzer Städte. „Dass ein Mann Assads auf dem Präsidentensessel der Abrüstungskonferenz Platz nimmt, ist eine Verhöhnung der Opfer“, beschwert sich ein europäischer Diplomat.

Und was sagen die Vereinten Nationen? UN-Generalsekretär António Guterres hofft, dass der Assad-Gefolgsmann auf dem Präsidentenposten keine „negativen Auswirkungen“ auf die Konferenz heraufbeschwören werde. Eine UN-Sprecherin verweist darauf, dass in alphabetischer Reihenfolge jedes Land für eine gewisse Zeit den Vorsitz übernimmt. Jetzt sei eben Syrien dran. Geändert werden können die Regeln nur einstimmig – also müsste auch Assad grünes Licht geben.

Jan Dirk Herbermann

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