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Den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bringen die Ermittlungen gegen ihn in Bedrängnis.

© Gali Tibbon/dpa

Verdacht gegen Israels Regierungschef: Das Recht wird Netanjahu nicht verschonen

Israels Premier gerät wegen möglicher Korruption in Bedrängnis. Kommt es zur Anklage? Das entscheidet die Justiz. Auf die ist Verlass, egal um wen es geht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Für Benjamin Netanjahu ist die Sache klar. Eine Kampagne gegen ihn sei im Gange. Mit den Anschuldigungen werde versucht, ihn zum Opfer einer Hetzjagd zu machen. Doch seine Feinde würden mit ihrem Vorhaben scheitern. Denn die Ermittlungen wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Amtsmissbrauchs entbehrten jeder Grundlage. „Es wird nichts rauskommen, weil da nichts war“ – mit diesem Satz verteidigt sich Israels Premier immer wieder. Er klingt nach: Ihr könnt mir nichts anhaben. Schon gar nicht politisch.

Netanjahu gerät immer mehr in Bedrängnis

In der Tat hat der 67-Jährige bereits einige peinliche Skandale unbeschadet überstanden. Wie kaum ein anderer versteht er es seit Jahren, mithilfe seines Netzwerks und seiner Eloquenz über Vorwürfe hinwegzugehen. Hinzu kommen taktisches Geschick, der ausgeprägte Wille zur Macht und eine gehörige Portion Durchhaltevermögen. So ist es „Bibi“ gelungen, der am längsten regierende Ministerpräsident des jüdischen Staats zu werden. Nun allerdings gerät Netanjahu zusehends in Bedrängnis. Sogar ein enger Berater, der frühere Stabschef Ari Harow, ist offenbar bereit, als Kronzeuge gegen seinen ehemaligen Chef auszusagen.

Die Polizei ließ schon mal wissen, Harows Aussagen erhärteten den Verdacht, dass sich Netanjahu der Korruption schuldig gemacht habe. So soll er von reichen Gönnern Geschenke angenommen und als Premier versucht haben, unrechtmäßig Einfluss auf die Medienberichterstattung über ihn zu nehmen. Hinzu kommt ein U-Boot-Deal mit ThyssenKrupp, bei dem Bestechungsgeld geflossen sein könnte. In diese Affäre scheint zumindest Netanjahus enges Umfeld verstrickt.

Die Rivalen warten ab, wissend: Ohne ihn wird's schwieriger

Endet die Amtszeit des ausgebufften Politprofis vorzeitig mit Schimpf und Schande? Fraglos ist der Premier schwer angeschlagen, selbst in den eigenen Reihen gibt es zaghafte Absetzbewegungen. Nicht zuletzt, weil vielen Netanjahus selbstverliebter Regierungsstil unangenehm aufstößt. Allerdings traut sich niemand, ihm öffentlich das Misstrauen auszusprechen. Die Rivalen warten ab. Wohl wissend: Ohne Netanjahu wird es viel schwieriger, eine Wahl zu gewinnen. So eilt denn auch Justizministerin Ayelet Schaket dem Kabinettschef mit der abwegigen Aussage zu Hilfe, der Premier müsse sein Amt nur niederlegen, wenn er in letzter Instanz verurteilt wird. Dass Netanjahu weiter regiert, während er sich vor Gericht verantworten muss, ist jedoch kaum vorstellbar. Das Ansehen der Politik und des Staates würden großen Schaden nehmen.

In Israel herrscht das Recht - darauf ist Verlass

Aber es gibt ja noch die Justiz. Wie es sich für einen demokratischen Rechtsstaat gehört, ermittelt sie auch in Israel unabhängig und ohne Ansehen der Person. Das haben hochrangige Politiker in der Vergangenheit zu spüren bekommen. Mosche Katzav zum Beispiel wurde vom Staatschef zum Sträfling. Er war der Vergewaltigung schuldig gesprochen worden und musste eine Haftstrafe antreten. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Katzav sein Amt als Präsident missbraucht hatte, um Frauen sexuell zu nötigen. Ehud Olmert landete ebenfalls im Gefängnis. Ein Gericht verurteilte den früheren Premier wegen Korruption. Allerdings gilt für Netanjahu bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung. Wer nichts verbrochen hat, braucht weder Polizei oder Staatsanwälte noch den Kadi fürchten. Denn in Israel herrscht das Recht. Darauf ist Verlass.

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