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Wie lange bleiben Truppen der USA und anderer Nato-Staaten noch in Afghanistan? Darüber debattiert das Bündnis gerade.

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USA und Deutschland: Neue Regierung, alte Drohungen

Alles sollte mit Joe Biden besser werden im Verhältnis zu den USA. Am Beispiel von Afghanistan und Nord Stream 2 wird deutlich: Auch Trumps Nachfolger machen harte Ansagen.

Von Hans Monath

Die Vorfreude der Europäer und der Deutschen auf eine Rückkehr der USA zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik war groß nach dem Wahlsieg von Joe Biden. Zwar gab sich kaum jemand in Berlin der Illusion hin, dass damit alle Konflikte mit Washington aus der Welt geräumt seien. Doch man hoffte nach den Tiraden Donald Trumps auf einen fairen Umgangsstil und darauf, wieder gehört zu werden und mitentscheiden zu können. Genau das hatte Biden versprochen.

Die Hoffnungen der Bundesregierung haben nun einen Dämpfer bekommen. Denn das erste persönliche Treffen von US-Außenminister Antony Blinken mit seinem Kollegen Heiko Maas (SPD) am Dienstag bei der Nato-Außenministerkonferenz in Brüssel stand unter keinem guten Vorzeichen. Die US-Administration hatte ihre Verbündeten vor der Konferenz in Brüssel mit einem unabgestimmten Vorschlag für die Zukunft Afghanistans überrascht, der bisherige Planungen zunichte macht.

Der neue US-Außenminister verspricht unerschütterliche Bündnistreue

Und Blinken forderte vor dem bilateralen Treffen von den Deutschen in ultimativer Form den Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland und schloss auch weitere Sanktionen nicht aus, um deren Fertigstellung zu verhindern. Genau damit hatte Trump immer gedroht. Dass Blinken am Sitz der Nato dann die „unerschütterliche Bündnistreue“ der USA betonte, geriet da fast zur Nebenbotschaft.

Die Zeit drängt in Afghanistan, zumindest wenn es nach den USA geht: Außenminister Heiko Maas beim Treffen der Nato-Außenminister.
Die Zeit drängt in Afghanistan, zumindest wenn es nach den USA geht: Außenminister Heiko Maas beim Treffen der Nato-Außenminister.

© AFP

Seit September verhandeln in der katarischen Hauptstadt Doha Vertreter der afghanischen Republik mit den radikalislamischen Taliban über ihre Einbindung n eine künftige Regierung. Die Gespräche waren möglich geworden, weil die USA den Taliban zugesichert hatten, alle westlichen Truppen würden bis Ende April abziehen, wenn diese die eigene Gewalt eindämmen würden. Aus innenpolitischen Gründen hatte Trump den Vertrag geschlossen, der die Position der Taliban stärkt. Bidens Administration stellte das Abkommen dann in Zweifel und erklärte, es müsse überprüft werden.

War die Verlängerung des deutschen Afghanistan-Mandats vorschnell?

Die Nato-Verbündeten verstanden das als Zeichen, dass die USA ihre Truppen länger im Land lassen würden, um Zeit für die Verhandlungen über einen Friedensprozess zu gewinnen. Biden hatte erklärt, ein Abzug zum 1. Mai werde „schwierig“. Die Bundesregierung beschloss deshalb, das Mandat für die Bundeswehr um fast ein Jahr zu verlängern, der Bundestag entscheidet am Donnerstag darüber. Doch die USA schlugen überraschend eine Afghanistan-Friedenskonferenz im April in der Türkei vor, von der die Partner aus den Medien erfuhren.

In der großen Koalition ist die Verärgerung groß, denn ein Friedensschluss in so kurzer Zeit gilt als völlig unrealistisch und könnte die sensiblen Gespräche in Doha torpedieren, die Deutschland entschieden unterstützt. Das Nato-Versprechen „together in, together out“ hätte jedenfalls genaue Abstimmung verlangt.

Beherrscht auch harte Töne: US-Außenminister Antony Blinken beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel, wohin ihn seine erste Europareise im Amt führte.
Beherrscht auch harte Töne: US-Außenminister Antony Blinken beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel, wohin ihn seine erste Europareise im Amt führte.

© dpa

Nicht alle Bündnis-Partner, sondern allein Deutschland trifft Blinkens harter Ton im Streit um Nord Stream 2. Die Pipeline sei „schlecht für Europa, schlecht für die Vereinigten Staaten“ und stehe im Widerspruch zu US-Sicherheitszielen, sagte er bei seinem ersten Europabesuch.

Dass Blinken unter dem Druck beider Parteien im US-Kongress das Thema so prominent und hart spielt, vereitelt das Vorhaben der Bundesregierung, die strittige Frage diskret zu besprechen und den Partner in Washington durch Angebote zusätzlicher deutscher Leistung auf anderen Feldern so milde zu stimmen, dass er die Drohungen vom Tisch nimmt. Sogar deutsche Pipeline-Gegner verwahren sich entschieden gegen extraterritoriale US-Sanktionen.

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Immerhin scheint Blinken nun verstanden zu haben, dass seine Regierung die Partner mit ihrem Plan für eine schnelle Afghanistan-Konferenz vor den Kopf gestoßen hat. In Brüssel versprach er nun eine abgestimmte Entscheidung über den Abzug aus dem Land. 

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