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USA drohen mit Militärintervention: Syrien-Konflikt: Wie beteiligen sich die Deutschen?

Die USA wollen keinen Einsatz von Chemie-Waffen in Syrien dulden und drohen mit einer Militärintervention. Bisher engagiert sich Deutschland humanitär in Syrien - aber müsste Deutschland im Zweifelsfall auch Militärhilfe leisten?

Auch wenn ein US-Militärschlag gegen Syrien als unwahrscheinlich gilt – zu Wochenbeginn hat Präsident Barack Obama die Rhetorik gegenüber dem Regime von Baschar al Assad verschärft: Gäbe es konkrete Anzeichen dafür, dass Syrien einen Einsatz von Chemiewaffen vorbereite, wäre eine „rote Linie“ überschritten. Dies würde seine „bisherige Haltung klar verändern, dass eine Militärintervention die Situation nur verschlechtern kann“.

Deutsche Außenpolitiker gehen aber nicht davon aus, dass sich die Situation grundlegend geändert hat. „Ich halte Obamas Ankündigung auch für ein rhetorisches Druckmittel gegen Russland, sie ist zum jetzigen Zeitpunkt keine plausible Androhung einer Militärintervention“, sagt der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour.

Auch in der Bundesregierung werden die Sätze des Präsidenten nicht als Schwenk hin zu einer Intervention gedeutet, sondern im Zusammenhang mit dem Wahlkampf gesehen. Grundsätzlich geben aber deutsche Politiker dem Präsidenten recht. „Obamas Warnung ist richtig“, lobt der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels. Der Einsatz von Chemiewaffen wäre „eine neue Stufe der Eskalation, die die internationale Gemeinschaft nicht kaltlassen kann“.

Video: Assads Verbündete warnen den Westen

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat dem designierten Sonderbeauftragten der UN und Arabischen Liga für Syrien, Lakhdar Brahimi, die Rückendeckung Deutschlands zugesagt. Westerwelle warnte eindringlich vor dem Einsatz von Chemiewaffen im Syrien-Konflikt. Dies wäre „eine verheerende Grenzüberschreitung“ und hätte unabsehbare Folgen für die ganze Region. „Wir müssen alles dafür tun, damit diese Szenario nicht eintritt und die Chemiewaffen nicht in falsche Hände geraten. Ich fordere alle Kräfte in Syrien und insbesondere das Assad-Regime auf, hier nicht mit dem Feuer zu spielen“, erklärte Westerwelle.

Die syrische Regierung ist offenbar bereit, über einen Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad zu verhandeln. Bedingung für Verhandlungen dürfe dieser Schritt aber nicht sein, sagt sein Vize. Gleichzeitig warnt Russland die USA vor einem Angriff.

Wie könnte eine deutsche Beteiligung aussehen?

Weil in Berlin eine US-Militärintervention als unwahrscheinlich gilt, wollen weder Regierungsvertreter noch Abgeordnete über deutsche Militärhilfe in einem solchen Fall spekulieren. Spekulationen über ein gewaltsames Eingreifen würden die Chancen für eine politische Lösung des Konflikts verringern, heißt es in Regierungskreisen.

Welche Hilfe die USA im Fall eines unilateralen Vorgehens gegen Assad beanspruchen könnten, lehrt der Irak-Krieg: Damals gewährte Berlin unter anderem Überflugrechte, die Amerikaner nutzten ihren Flughafen Rammstein als Drehkreuz.

Gegen einen US-Alleingang spricht nach Ansicht des Oppositionsabgeordneten Bartels auch der Umstand, dass Obama in seiner Außenpolitik den Schulterschluss mit den UN und den Partnern suche. Für den Fall eines Chemiewaffeneinsatzes in Syrien gelte deshalb: „Wegen der 'Responsibility to Protect' (Schutzverpflichtung auch gegen souveräne Staaten) muss die UN sich dann neu mit Syrien beschäftigen, dann stehen Russland und China unter Druck.“

Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die Bundestag und Bundesregierung in außen- und sicherheitspolitischen Fragen berät, geht ebenfalls davon aus, dass Obama nach wie vor keinen Militärschlag avisiert. Was eine mögliche Militärintervention betrifft, weist er auf „andere Dynamiken in der Region“ hin, „die viel genauer zu beobachten sind“.

Gerade mit Blick auf den Anschlag im türkischen Gaziantep und die Schuldzuweisungen an Syrien steigt die Gefahr einer Intervention Ankaras im Nachbarland. Auch das jordanisch-syrische Verhältnis ist infolge syrischer Raketen- und Granateneinschläge auf jordanischem Gebiet inzwischen ziemlich angespannt. Deutschland, so Perthes, sollte aber vor allem zum Wiederaufbau Syriens nach Assad beitragen.

Wie ist Deutschland bisher präsent?

Die Bundesregierung engagiert sich zunächst einmal mit humanitärer Hilfe im Syrien-Konflikt. Das Auswärtige Amt hat bisher rund 11,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die fließen etwa zur Hälfte an Organisationen, die in Syrien selbst arbeiten, wie den Syrischen Roten Halbmond, aber auch an das Deutsche Rote Kreuz. Die andere Hälfte geht an Hilfsorganisationen, die sich in den Nachbarländern Jordanien, Libanon und Irak um syrische Flüchtlinge kümmern.

Allein im extrem wasserarmen Jordanien haben sich beim UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bisher knapp 50.000 Syrer registrieren lassen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Amman selbst geht von mindestens 150000 Flüchtlingen aus. In manchen Gemeinden, sagt Thomas Schwarz von der Hilfsorganisation Care, ist der Wasserpreis inzwischen um bis zu 100 Prozent gestiegen. In dem Zusammenhang hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) der jordanischen Regierung gerade erst 8,5 Millionen Euro für den Ausbau von Brunnen und Wasserinfrastruktur in den Flüchtlingsregionen zugesagt.

Was die politische und wirtschaftliche Zukunft Syriens betrifft, ist das Entwicklungsministerium in einer Arbeitsgruppe der „Konferenz der Freunde Syriens“ federführend; in der SWP berieten seit Januar im Rahmen des auch vom State Departement unterstützten Projektes „The day after“ syrische Oppositionelle über die Zukunft des Landes.

Was hat es mit dem Einsatz eines angeblichen deutschen Spionageschiffes vor der syrischen Küste auf sich? 

Nach Medienberichten kreuzt ein Flottendienstboot mit modernster Spionagetechnik vor der syrischen Küste. Erkenntnisse, etwa über Militäreinsätze der syrischen Streitkräfte, würden demnach an amerikanische und britische Partnerdienste weitergegeben und gelangten von dort auch an die syrischen Rebellen. Dieses Schiff nun heißt bei der Bundesmarine offiziell Flottendienstboot.

Die Stammbesatzung hat nur einige leichte Waffen zur Selbstverteidigung an Bord. Dafür ist die „Oker“ – eines von drei solchen Booten der Marine – mit modernsten Sensoren, Antennen und Elektronik der Radar-, Funk- und Abhörtechnik ausgestattet, die von bis zu 40 Soldaten der Elektronischen Kampfführungstruppe bedient werden. Bereits seit vergangenem November kreuzte das FD-Boot „Alster“ drei Monate lang vor Syrien, wo es Ende Dezember von einer syrischen Fregatte bedroht und 15 Seemeilen vor der Küste zum Abdrehen gezwungen wurde.

Mit seiner Ausrüstung ist so ein Boot in der Lage, bis zu 600 Kilometer weit elektromagnetische Strahlung aufzufangen und zu analysieren. Funksprüche werden aufgezeichnet, deren Absender- und Empfängerort lokalisiert. Die wichtigsten Meldungen gehen zur Auswertung an das Kommando Strategische Aufklärung bei Bonn, das eng mit dem Bundesnachrichtendienst zusammenarbeitet.

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