zum Hauptinhalt
US-Senatorin McSally bei der Kongressanhörung zu sexuellem Missbrauch in den Streitkräften.

© Joshua Roberts/REUTERS

US-Senatorin McSally: Kämpferin, nicht Opfer

Die Senatorin McSally hat öffentlich gemacht, dass sie als Air-Force-Pilotin vergewaltigt wurde - und warum sie schwieg. Das ist wichtig. Ein Porträt.

Martha McSally ist eine mutige Frau. Und sie gibt nicht gerne auf. Sie war die erste Pilotin, die für die amerikanische Luftwaffe Kampfeinsätze flog. Nach dem Ende ihrer militärischen Karriere und drei Jahren als Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus übernahm sie im Januar 2019 den Senatssitz ihres republikanischen Parteikollegen John McCain, der im Amt verstorben war. Die reguläre Wahl im November um den zweiten Senatssitz von Arizona, der durch den Rückzug von Jeff Flake frei geworden war, hatte sie zuvor verloren.

Richtig viel Mut wird sie aber am vergangenen Mittwoch gebraucht haben. Bei einer öffentlichen Anhörung vor einem Senatsausschuss über sexuelle Übergriffe in den Streitkräften ergriff die zierliche 52-Jährige das Wort. Was sie da berichtete, in ruhigem Ton, nur das Wippen ihres Oberkörpers verriet die Anspannung, war erschütternd. Auch sie sei eine Überlebende sexueller Gewalt beim Militär, sagte die Senatorin. Während ihrer Zeit bei der Luftwaffe sei sie von einem ranghohen Offizier vergewaltigt worden. Wie so viele andere habe auch sie jahrelang geschwiegen, da sie "dem System nicht getraut" habe. "Ich dachte, ich war stark, aber ich fühlte mich machtlos."

"Das System hat versagt"

Es war nicht das erste Mal, dass McSally von sexuellem Missbrauch berichtete. Im Kongresswahlkampf 2018 erzählte sie dem "Wall Street Journal" von einem Leichtathletiktrainer, der sie als 17-jährige Schülerin zum Geschlechtsverkehr gezwungen habe. Aber dieses Mal erschüttert ihre Aussage noch mehr, weil viele sich nicht vorstellen können, dass selbst eine erfolgreiche Soldatin weder vor Missbrauch sicher ist, noch es anschließend wagt, über die Tat zu sprechen und den Verantwortlichen anzuzeigen. Als sie es dann viel später doch tat, habe das System versagt, sagte sie.

Dass sich das ändert, dafür will McSally jetzt kämpfen. Obwohl sie sich damals wie viele Opfer gefühlt habe, als ob sie "das System erneut am ganzen Körper vergewaltigt", blieb sie in der Air Force. "Ich habe nicht aufgegeben." Weil sie nicht nur Opfer sein, sondern Frauen eine Stimme geben wollte. Genau das hat sie nun im Kongress vor. Es gibt wenig, was eindringlicher und überzeugender ist als der persönliche Bericht einer Betroffenen, das hat die "#MeToo"-Debatte gezeigt. Sei teile die "Abscheu" für das Versagen der Armeeführung angesichts der Missbrauchsfälle, sagte McSally und forderte, die Ausbildung für den Umgang mit Vergewaltigungsvorwürfen im Militär zu verbessern. In einem Interview am Donnerstag nannte sie sexuellen Missbrauch in der Armee "eine Gefahr für die nationale Sicherheit".

Ihr Kampf ist notwendiger denn je: Die Zahl gemeldeter Missbrauchsfälle im Militär steigt. 6800 Fälle, in denen US-Soldaten als Täter oder Opfer involviert gewesen sein sollen, sind dem US-Verteidigungsministerium im Jahr 2017 angezeigt worden. Und noch immer trauen sich viele Opfer nicht an die Öffentlichkeit. McSallys Auftritt wird daran etwas ändern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false