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Auch Geschäfte deutscher Firmen mit dem Iran könnten von den US-Sanktionen betroffen sein: Wenn sie über Banken abgewickelt werden, die am US-Dollar hängen.

© dpa

US-Sanktionen gegen Irangeschäfte: Der Dollar als Waffe im Handelskrieg

Die US-Regierung droht allen Firmen mit Sanktionen, die mit dem Iran Handel treiben wollen. Das weltweite dollarbasierte Wirtschaftssystem ermöglicht das. Europa muss sich in Geldfragen emanzipieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Harald Schumann

Wenn sie dem Handelskrieger im Weißen Haus verbal begegnen, greifen die Lenker der Europäischen Union gern zu starken Worten. „Wir sind bereit, über alles zu reden, aber wir diskutieren aus Prinzip nicht, wenn eine Waffe auf unseren Kopf gerichtet ist“, warnte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. „Wir verhandeln nicht unterm Damoklesschwert“, empörte sich auch Jean-Claude Juncker, Chef der EU-Kommission. „Europe United“ sei die einzige Antwort auf „America First“, versprach Außenminister Heiko Maas für die Bundesregierung. „Wenn Europa nicht handelt, wird es behandelt“, sagte er.

Doch allein mit markigen Sprüchen werden die Europäer das Unheil aus Washington ganz sicher nicht abwenden. Schon ab August droht eine gefährliche Eskalation. Dann wird die Trump-Regierung, als Konsequenz aus der Kündigung des Atomabkommens mit Teheran, beginnen, den gesamten Außenhandel des Iran mit Sanktionen zu blockieren. Ein nuklearer Rüstungswettlauf mit Saudi-Arabien sowie Irans wirtschaftlicher Niedergang würden den Nahen Osten aber noch weiter destabilisieren. Dieses Vorgehen „verletzt Europas Sicherheitsinteressen“, hatten die EU-Außen- und Finanzminister gewarnt. Trotzdem scheint der Erfolg den Trump-Strategen zunächst sicher. Denn sie verfügen über eine Waffe, der die Europäer bisher hilflos gegenüberstehen: den Dollar.

Die US-Währung demonstriert eindrücklich die Macht des Netzwerkeffekts. Je mehr Akteure ihn nutzen, umso nützlicher ist er für alle weiteren. Würden die 150 Währungen der Welt unabhängig gegeneinander gehandelt, müssten mehr als 11 000 Wechselkurse an den Börsen bestimmt werden. Weil aber alle über den Dollar gehen, kommt die Weltwirtschaft mit weit weniger aus. Darum wird mehr als die Hälfte des Welthandels in Dollar abgerechnet. In der Folge sind sogar auch Unternehmen, die keinen Handel mit den USA betreiben, auf Banken angewiesen, die über US-Niederlassungen ihre Dollar-Transaktionen abwickeln müssen. Das aber gibt dem US-Finanzministerium praktisch ein Vetorecht im internationalen Handel – so wie jetzt wieder im Streit um den Iran.

Die EU könnte dem Iran eine Perspektive eröffnen

Denn auch wenn europäische Unternehmen iranisches Öl und Gas oder ihre dort verkauften Autos und Maschinen ausschließlich in Euro berechnen, würden sie doch keine Bank für die zugehörige Finanzierung und Zahlungsabwicklung finden. Die US-Regierung würde diese mit milliardenschweren Strafen belegen, so wie das während des Sanktionsregimes vor Abschluss des Atomabkommens auch schon geschah. Damals musste die Commerzbank 1,45 Milliarden Dollar Strafgeld für die Finanzierung von Iran-Geschäften zahlen. Vom französischen Bankriesen BNP Paribas kassierten die US-Sanktionswächter sogar neun Milliarden Dollar. Wollen die Europäer also Ernst machen mit ihrer Front gegen Trump, dann sollten sie einen Handel jenseits des Dollar ermöglichen. „Wir müssen Instrumente entwickeln, um uns von der Dollarisierung der Wirtschaft zu lösen“, fordert darum Volker Treber, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Denkbar sei eine staatliche europäische Bank, die mit dem Ausschluss vom Dollar-Handel nicht zu treffen wäre. Auch Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik hält das für die angemessene Antwort. Der Iran habe nur dann ein Interesse, weiter auf Nuklearwaffen zu verzichten, wenn er dafür „große private Investitionsprojekte ins Land holen“ könne, meint die Fachfrau des Thinktanks der Bundesregierung. „Einigen sich Paris und Berlin auf die Unterstützung für eine Iran-Bank, könnten beide Seiten nicht nur das Atomabkommen retten, sondern auch viel für ihre Unternehmen gewinnen.“

Vor allem aber würde die EU dem Iran auf diesem Wege eine alternative Anbindung an das globale Finanzsystem bieten und damit eine weitreichende Entwicklung anstoßen. Genauso ließen sich auch andere Länder und Geschäfte vor US-Sanktionen schützen, wenn es im europäischen Interesse liegt, zum Beispiel der Bau der Gaspipeline Nordstream 2. Wenn dann China und Japan dem Beispiel folgen, würde die mächtige Dollar-Waffe am Ende stumpf. Jack Lew, Finanzminister der Regierung Obama, sah genau das kommen. „Je mehr wir die Nutzung des Dollars der US-Außenpolitik unterwerfen, desto größer wird das Risiko eines Wechsels zu anderen Währungen“, warnte er. Das war 2016, wenige Monate vor der Wahl von Donald Trump.

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