zum Hauptinhalt
Wer setzt sich durch? US-Präsident Donald Trump hinter dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan vor einigen Monaten.

© Dominique JACOVIDES / POOL / AFP

US-Politiker streiten um Abzug aus Syrien: Kurden wollen gegen türkischen Einmarsch kämpfen

Donald Trump lässt die Kurden in Syrien fallen, doch die Türkei wird in Washington vor einem Einmarsch in Syrien gewarnt.

Der geplante Einmarsch türkischer Truppen in Syriens Kurdenregion alarmiert die internationale Gemeinschaft. Die Bundesregierung, UN- und EU-Spitze sowie Menschenrechtsverbände fürchten eine kurdische Massenflucht und das Wiedererstarken des „Islamischen Staates“ (IS). Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump begonnen, amerikanische Soldaten aus Nordsyrien abzuziehen und so eine türkische Offensive gegen die kurdische Autonomiezone dort ermöglicht. Nach Kritik daran teilte Trump mit: „Wenn die Türkei irgendetwas unternimmt, was ich in meiner großartigen und unvergleichlichen Weisheit für tabu halte, werde ich die türkische Wirtschaft vollständig zerstören und auslöschen.“

US-Senator: Amerikas Abzug nützt Iran

Die zumeist kurdischen Kämpfer der YPG sind seit Jahren die verlässlichste Kraft im Anti-IS-Kampf. „Die Kurden haben mit uns gekämpft, aber sie haben dafür extrem viel Geld und Ausrüstung bekommen“, erklärte Trump zunächst. Es sei Zeit für einen Ausstieg der USA „aus diesen lächerlichen, endlosen Kriegen, von denen viele Stammeskriege sind“.

Der US-Abzug aus Schlüsselstellungen an der syrisch-türkischen Grenze stieß bei Trumps Republikanern auf massive Kritik. Ihr Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, warnte: Ein Abzug würde Russland, Iran und Syriens Regime nutzen, zudem könne sich der IS reorganisieren.

Im Schutz von US-Soldaten demonstrieren kurdische Linke in Syrien gegen einen türkischen Einmarsch.
Im Schutz von US-Soldaten demonstrieren kurdische Linke in Syrien gegen einen türkischen Einmarsch.

© Delil SOULEIMAN / AFP

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat über Jahre islamistische Aufständische gegen Syriens Herrscher Baschar al-Assad aufgerüstet, sich zuletzt aber mit den Schutzmächten des Regimes geeinigt: Russland und Iran haben die Offensive gegen die abtrünnigen Kurden und ihre säkulare Verwaltung in Nordsyrien abgesegnet.

US-Politiker erwägen Nato-Mitgliedschaft der Türkei zu suspendieren

Der einflussreiche republikanische US-Senator Lindsey Graham sprach von einem drohenden „Desaster“ für die US-Außenpolitik. Er kündigte an, einen Kongressbeschluss erwirken zu wollen, um den Abzug rückgängig zu machen. Die Verbündeten „im Stich“ zu lassen, wäre ein „Flecken auf Amerikas Ehre“, zudem würden die Kurden so in die Arme von Assad getrieben.

Graham sagte, er habe mit Demokraten gesprochen und plane „parteiübergreifend Sanktionen gegen die Türkei“, wenn Erdogan die Kurden angreift. Zudem solle die Nato-Mitgliedschaft der Türkei suspendiert werden. Auch das US-Verteidigungsministerium warnte vor „destabilisierenden Folgen“ eines türkischen Einmarsches. Die Bundesregierung sprach am Montag von „fatalen sicherheitspolitischen und humanitären Konsequenzen“ einer türkischen Offensive.

Syrische Kurden: "Wir verteigen unsere Selbstverwaltung"

Die kurdische Autonomieverwaltung in Nordsyrien hat am Montag erste Orte an der syrisch-türkischen Grenze evakuiert. Im Kriegsfalle könnten Zehntausende inhaftierte IS-Angehörige fliehen; den Kurden fällt es immer schwerer, die Gefangenen-Camps zu bewachen, in denen sich IS-Leute schon auf einen Aufstand vorbereiten. „Wir werden unsere Selbstverwaltung verteidigen“, sagte Ibrahim Murad, der die Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien – so der Name der Autonomiezone – in Berlin vertritt. „Dazu haben wir jedoch Sicherheitskräfte vom Gefangenencamp Al Hol abziehen müssen.“ IS-Frauen haben dort Wächter angegriffen, zudem intensivieren IS-Zellen ihre Aktionen im syrisch-irakischen Grenzgebiet. Man berate nun über Proteste gegen die türkische Politik auch in Deutschland.

Vereinte Nationen warnen vor Vertreibungen durch türkische Armee

Schon 2018 hatten türkische Truppen mit islamistischen Milizen das syrisch-kurdische Afrin besetzt – Hunderttausende flohen. Erdogan ließ dort syrische Araber ansiedeln. Das Nothilfebüro der Vereinten Nationen warnte nun vor neuen Vertreibungen. „Wenn die Türkei mit Panzern aus deutscher Produktion in die Region einmarschiert, ist ein zweites Afrin zu befürchten“, sagte auch Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker„Mit Hunderten Toten, Zehntausenden neuen Flüchtlingen und massiven Menschenrechtsverletzungen durch die türkische Armee.“

Zur Startseite