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Der Krieg im Kongress dauerte drei Monate, jetzt hat ihn Präsident Obama gewonnen.

© AFP

US-Haushaltsstreit: Die Partei des Nein sagt leise Ja

Nach drei Jahren endet der erbitterte Kampf um die Ausgaben- und Schuldenpolitik der USA relativ glimpflich. Die US-Republikaner machen nun doch eine höhere Schuldenobergrenze möglich - aus Angst um ihre sinkenden Sympathiewerte.

Der US-Kongress hat eine erneute Zitterpartie um die Zahlungsfähigkeit der Regierung abgewendet und den Börsen weltweit Auftrieb gegeben. Die Abgeordneten gaben den Weg frei für eine Erhöhung der Schuldenobergrenze bis März 2015, ohne Bedingungen daran zu knüpfen. Damit erlauben sie der Regierung von Barack Obama die Kreditaufnahme für die Begleichung der Ausgaben, die in den nächsten dreizehn Monaten absehbar sind.

In der Nacht zu Mittwoch billigte das von den Republikanern beherrschte Repräsentantenhaus mit 221 zu 201 Stimmen die Vorlage. 193 Demokraten und 28 Republikaner votierten mit Ja. Schon am Mittwoch stimmte der Senat, wie erwartet, ebenfalls zu. Die Demokraten haben in dieser zweiten Kammer die Mehrheit. Für die Anhebung der Schuldenobergrenze votierten 55 Senatoren, 43 stimmten dagegen.

Absolute Verschuldung wird weiter wachsen

Nach drei Jahren endet so ein erbitterter Kampf um die Ausgaben- und Schuldenpolitik der USA relativ glimpflich. Der Konflikt hatte das Land seit 2011 mehrfach an den Rand der Zahlungsunfähigkeit getrieben und die vorsichtige Erholung der Weltwirtschaft nach der Finanzkrise gefährdet. Unter dem Druck des rechten Flügels, der „Tea Party“, setzten die Republikaner das Haushaltsrecht als Hebel ein, um Präsident Obama an zentralen Projekten, zum Beispiel der Gesundheitsreform, zu hindern. Auf dem Höhepunkt des Streits im Herbst 2013 mussten zahlreiche Behörden und staatliche Einrichtungen für zwei Wochen schließen, da ein gesetzlicher Haushalt zur Finanzierung ihrer laufenden Ausgaben fehlte. In der Folge sanken die Zustimmungsraten zu den Republikanern dramatisch. Denn auch Bürger, die deren Forderung nach einer Drosselung der Staatsausgaben und der Verschuldung für richtig halten, wandten sich gegen die Methode der politischen Auseinandersetzung, die sie als Erpressungsmanöver bewerteten.

Finanzexperten sind einerseits erleichtert, dass die US-Haushaltspolitik nun zunächst keinen zusätzlichen Risikofaktor für die globalen Konjunkturaussichten mehr bildet. Andererseits gilt die aufgelaufene Staatsverschuldung von 17,3 Billionen Dollar als besorgniserregend. Die Summe entspricht rund 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der USA. Selbst bei einer disziplinierten Haushaltspolitik werden sowohl die absolute Verschuldung als auch ihre Höhe im Verhältnis zum BIP in den kommenden Jahren weiter wachsen, unter anderem wegen der Pensionslasten sowie der Ausgaben für die staatliche Grundrente (Social Security) und die ebenfalls staatliche Gesundheitsversorgung der Senioren (Medicare). Wegen der höheren Lebenserwartung der Bevölkerung steigen diese Ausgaben überproportional.

Politik des billigen Geldes

In den Schuldenprognosen sind die Effekte, die sich aus der absehbaren Zinswende ergeben, noch nicht eingerechnet. Bei Zinssätzen zwischen null und einem Prozent, die die Notenbanken seit 2008 als Therapie gegen die Krise verordnet hatten, ist der Schuldendienst für den Staatshaushalt erträglich. Sobald diese Politik des billigen Geldes endet und die Zinssätze allmählich wieder auf Werte deutlich oberhalb der Inflationsrate steigen, müssen die USA wesentlich mehr Geld für Zinsen und Tilgung ausgeben.

Mit Blick auf diese dämpfende Wirkung der Zinswende auf das Wachstum hatten die Märkte die Ernennung der neuen US-Notenbankchefin Janet Yellen begrüßt. Sie gilt als Anhängerin einer Niedrigzinspolitik zur Stützung der Konjunktur. Umso genauer wird nun beobachtet, was aus ihrer Ankündigung vom Dienstag folgt, die Anleihekäufe und die Geldmenge vorsichtig zu reduzieren. In den USA werden 2014 2,8 Prozent Wachstum erwartet, mehr als doppelt so viel wie in Europa. Die offizielle Arbeitslosenrate ist auf 6,6 Prozent gefallen.

Neben den Auswirkungen auf die Budget- und Schuldenpolitik sowie die Finanzmärkte analysieren US-Medien die politischen Folgen neun Monate vor der Kongresswahl. Die „New York Times“ bewertet das Votum des Kongresses als Kapitulation der Republikaner. Drei Jahre lang hätten sie versucht, die Erhöhung der Schuldenobergrenze an die Streichung von Ausgabenprogrammen zu knüpfen, die aus ihrer Sicht unnötig sind. Doch ihr Anführer John Boehner, „Speaker“ des Repräsentantenhauses, konnte keine gemeinsame Haltung der Fraktion durchsetzen und gab die Abstimmung frei. Nach wie vor ist die große Mehrheit der 238 republikanischen Abgeordneten gegen die Erhöhung, teils aus Prinzip, teils weil sie Präsident Obama keinen Erfolg ermöglichen wollen. Die 28 Republikaner, die für die Erhöhung stimmten, seien „eine zusammen gewürfelte Koalition“ aus Moderaten und Abgeordneten, die nicht zur Wiederwahl stehen.

Zu Kompromissen drängt die Parteiführung aus Sorge, dass die Republikaner ihre Siegchancen bei der Kongresswahl schmälern, wenn sie als „Party of No“ auftritt: eine Partei, die Obamas Vorschlägen aus Prinzip ablehne. Auch Republikaner, die 2016 als Präsidentschaftskandidaten antreten wollen, wünschen sich eine Öffnung zur Mitte und ganz konkret einen Kompromiss bei der Reform des Einwanderungsrechts, um attraktiver für Latinos zu werden, die größte Minderheit.

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