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Richard Grenell ist seit Mai 2018 Botschafter der USA in Deutschland.

© Daniel Bockwoldt/dpa

US-Botschafter in Berlin: Richard Grenell verstärkt die Abwehrreflexe

Seine Lieblingsbeschäftigung ist das Drohen. Doch damit stößt US-Botschafter Richard Grenell in Deutschland auf taube Ohren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat ein gewisses Talent, mit der Drei-P-Methode zum Erfolg zu kommen. Die drei Ps stehen für Pöbeln, Poltern, Polarisieren. Mit den drei Ps gelangte Trump ins Weiße Haus, zog die Steuersenkung durch und hievte den konservativen Brett Kavanaugh in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten.

Für die USA mit ihrem Zweiparteiensystem, wo knappe Mehrheiten oft durch Mobilisierung der eigenen Klientel entstehen, sind die drei Ps wie gemacht.

Etwas anders sieht es in der Weltpolitik aus. Dort herrschen kompliziertere Gesetzmäßigkeiten. Als Mittel der Diplomatie jedenfalls bewirken die drei Ps meist das Gegenteil des Beabsichtigten.

Der amerikanische Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, ist „his master‘s voice“, Trumps Stimme und Sprachrohr. Zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört das Drohen. Auf den Plätzen zwei und drei rangieren das Beleidigtsein und die Verärgerung. Das fängt bei der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 an, zieht sich über das Zwei-Prozentziel für die deutschen Verteidigungsausgaben und hört bei der Forderung nach einer Beteiligung der Bundeswehr an der US-geführten Mission zum Schutz des Handelsverkehrs durch die Straße von Hormus nicht auf.

Mit üblichem Aplomb

„Steht ihr noch an der Seite des Westens?“, fragt Grenell mit dramatisch klingenden Worten die Bundesregierung, obwohl bislang außer den USA nur ein weiteres westliches Land – Großbritannien unter Ministerpräsident Boris Johnson – bei der Mission im Persischen Golf mitmacht.

Wegen der Weigerung der Groko, die Verteidigungsausgaben nennenswert zu erhöhen, droht Grenell mit Konsequenzen und erinnert aktuell daran, dass „der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt“. Bei deutschen Unternehmen wiederum, die sich an Nord Stream 2 beteiligen, stellt Grenell mit üblichem Aplomb Sanktionen in Aussicht.

Selbst Putin und Xi sind beliebter als Trump

Der Botschafter weiß, dass sein Präsident in Deutschland sehr unbeliebt ist. Mehr als 80 Prozent der Deutschen sind besorgt über dessen Politik. Selbst Wladimir Putin und Xi Jingping sind beliebter. Trump vertrauen, laut einer Umfrage des US-Forschungsinstituts Pew Research Center, nur zehn Prozent der Deutschen, bei dessen Vorgänger, Barack Obama, waren es 86 Prozent.

Ein kluger Diplomat berücksichtigt solche Stimmungen. Ihm ist bewusst, dass öffentlich erhobene Forderungen unbeliebter Menschen meist Widerstände provozieren. Man könnte es auch Trotzreaktionen nennen. Kein Mitglied der Bundesregierung kann sich zurzeit den Vorwurf leisten, Trumps (oder Grenells) Pudel zu sein.

Das erschwert und belastet die inhaltliche Diskussion. Die US-Regierung mag in allen drei Punkten – Verteidigungshaushalt, Nord Stream 2 und Straße von Hormus – durchaus nachvollziehbare Argumente haben. Doch weil sie lieber mit harten Bandagen kämpft, als dass sie den Versuch unternimmt, durch Win-Win-Verhandlungen zum Ziel zu gelangen, verstärkt sie die Abwehrreflexe. Trotz ist ein schlechter Ratgeber. Aber auch Politiker sind nur Menschen.

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