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US-Außenminister Mike Pompeo.

© Reuters/ Mandel Ngan

Update

US-Außenminister in Bagdad statt Berlin: Was Pompeos Absage über das Verhältnis zu Deutschland aussagt

Der ausgefallene Besuch des US-Außenministers wirft Fragen auf: Will Pompeo die störrischen Deutschen strafen?

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Mike Pompeo ist bekannt als besonders verschwiegener amerikanischer Außenminister. Und als wenig diplomatisch. Aber die Kommunikationspolitik am Dienstag stach dann doch noch einmal heraus. In knappen Sätzen teilte die US-Botschaft in Berlin auf Twitter mit, dass der für in wenigen Stunden geplante Besuch von Pompeo in der deutschen Hauptstadt ausfalle. „Bedauerlicherweise müssen wir den Besuch in Berlin aufgrund dringender Angelegenheiten verschieben. Wir freuen uns darauf, einen neuen Termin für diese wichtigen Gespräche zu vereinbaren. Der Außenminister freut sich schon darauf, bald nach Berlin zu kommen.“ Mehr nicht, und auch von Pompeo war erst mal nichts dazu zu hören. Dabei twitterte dieser gleichzeitig über das 100-jährige Jubiläum der US-finnischen Beziehungen, die man gerade feiere.

Am späten Abend wurde dann bekannt, dass er statt nach Berlin in den Irak geflogen war. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus irakischen Regierungskreisen erfuhr, sollte Pompeo in der Hauptstadt Bagdad Regierungschef Adel Abdul Mahdi treffen.

Der Besuch des US-Außenministers fällt in eine Zeit, in der Washington den Druck auf das Nachbarland Iran erhöht. Die US-Luftstreitkräfte verlegen derzeit nach Angaben des Pentagon mehrere B-52-Langstreckenbomber sowie den Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ in die Region. Vor seiner Abreise nach Europa hatte Pompeo auf „eskalierende Aktivitäten der Iraner“ und auf „Angriffe auf Interessen der USA“ verwiesen. Seit dem Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran, der sich an diesem Mittwoch jährt, haben sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter verschlechtert. Das Weiße Haus verhängte zuletzt neue Sanktionen gegen Teheran. Der Iran will Medienberichten zufolge am Mittwoch die schrittweise Reduzierung seiner Verpflichtungen aus dem Atomabkommen ankündigen.

Deutschland sieht diese Eskalation mit Sorge und versucht, das Atomabkommen gemeinsam mit der EU trotz immer neuer US-Sanktion zu retten. Aus amerikanischer Sicht ist das naiv.

"Wir brauchen den engen Draht nach Washington"

Erklärt das die abrupte Absage von Pompeos Berlin-Besuch? Oder anders gesagt: Spricht daraus nicht eine Missachtung Deutschlands, wie viele sofort vermuteten? Es wäre, immerhin ein Jahr nach seinem Amtsantritt, Pompeos erster Deutschlandbesuch gewesen, 38 andere Länder hat er zuvor bereits besucht. Auf eine Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz hatte der 55-jährige Ex-CIA-Chef im Februar verzichtet, obwohl er zu der Zeit tagelang in Europa unterwegs war und Polen, die Slowakei, Ungarn, Belgien und Island besuchte. Das wurde von vielen als klares Zeichen interpretiert, wie es um die transatlantischen Beziehungen bestellt ist.

Berlin wurde von der Absage des Besuchs komplett überrascht, bei dem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas auf dem Programm standen. Ob Pompeo noch wie geplant nach Großbritannien reist, blieb zunächst unklar. Er hatte zuvor in Finnland an einer Arktis-Konferenz teilgenommen, bei der er Russland und China in scharfem Ton vor einer möglichen Intervention in der Region gewarnt hatte.

Im Vorfeld des geplanten Berlin-Treffens hatte Maas dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt, praktisch alle internationalen Konflikte ließen sich nur im Dialog mit Amerika lösen. „Wir brauchen den engen Draht nach Washington. Deshalb haben wir ein vitales Interesse daran, bei den dringenden internationalen Fragen eng mit den Amerikanern zusammenzuarbeiten und die europäische Position zu vertreten.“

Die Probleme im bilateralen Verhältnis sind zahlreich

Die Probleme, die Maas meint, reichen von der Lage in der Ukraine, in Venezuela, im Iran und in Syrien bis zum schwierigen Verhältnis mit Russland und China. Auch das Thema der aus US-Sicht zu geringen deutschen Rüstungsausgaben und die Kritik der USA an dem deutsch-russischen Pipeline-Projekt Nord Stream 2 wären sicher angesprochen worden. Washington ist überzeugt davon, dass Deutschland sich mit dem Bau der Pipeline von Russland abhängig macht. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, drohte beteiligten deutschen Unternehmen gerade wieder mit Sanktionen. Zudem könnte der Handelskonflikt mit der EU bald eskalieren, US-Präsident Donald Trump droht mit Zöllen auf Auto-Importe, die Deutschland besonders treffen würden. Zu bereden hätte es also wahrlich genug gegeben.

Am Dienstag hatte Pompeo Maas angerufen und die kurzfristige Absage bedauert. „Beide Seiten vereinbarten, schnell einen neuen Termin zu finden“, teilte das Auswärtige Amt mit. Maas drückte Verständnis für die Verschiebung aus. Soll heißen: Er empfindet den Vorfall nicht als Affront.

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, vermutet die Gründe für die Absage nicht im bilateralen Verhältnis. Er sehe Indizien, „dass es inneramerikanische Gründe sind, die zur Planänderung geführt haben, und nicht Dinge, die im deutsch-amerikanischen Verhältnis liegen“, sagte er dem Tagesspiegel, bevor die Irak-Reise publik wurde. Auch sein SPD-Kollege Nils Schmid hofft darauf, dass der Dialog mit den USA bald nachgeholt wird: „Es gibt genügend wichtige Themen und Differenzen, über die zu sprechen wäre.“

Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour nannte die Verschiebung ebenfalls bedauerlich. Er hoffe, dass Pompeo „den Termin bald nachholt und dann auch ins Parlament kommt, damit er einen realistischen Eindruck davon bekommt, wie die derzeitige US-Außenpolitik in Deutschland ankommt“, sagte er.

Ähnlich wie die FDP machte die AfD die Bundesregierung für die Absage verantwortlich. Das Verhältnis zu den USA befinde sich „auf einem absoluten Tiefpunkt seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte der Abgeordnete Petr Bystron. Für die geschwundene Bedeutung Deutschlands für Washington sei „allein das SPD-geführte Außenministerium und die deutsche Regierung verantwortlich“.

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