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Urteil: Terrorverdächtige dürfen überwacht werden

Der BND darf die Telefonate von Terrorverdächtigen abhören, auch wenn für Deutschland selbst keine konkrete Gefahr besteht. Ein verurteilter Terrorist hatte gegen diese Praxis geklagt - und verloren.

Die Gefahr internationaler Anschläge durch "Schläfer" sei Grund genug, heißt es in einem heute veröffentlichten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Damit blieb die Klage eines islamistischen Terroristen erfolglos, der unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA ins Visier des Geheimdienstes geriet. Der 43-Jährige wurde zwischenzeitlich rechtskräftig zu acht Jahren Haft verurteilt und befindet sich in Köln im Gefängnis.

Mit ihrem Urteil erklärten die Leipziger Richter die so genannte strategische Überwachung der Telekommunikation für rechtmäßig. Dabei wird eine Vielzahl von Telefonverbindungen, in denen bestimmte Suchbegriffe vorkommen, erfasst. In ausgesuchten Fällen erfolgt eine Auswertung beispielsweise durch das Bundeskriminalamt. Nach Angaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums gab es im Jahr 2005 rund 24.400 derartiger Maßnahmen, in 83 Fällen kam es zu einer Auswertung, 21 wurden schließlich als nachrichtendienstlich relevant eingestuft.

Kläger: Verweis auf internationale Terrorgefahr reicht nicht aus

Aus Sicht der Leipziger Richter dient die telefonische Überwachung der Sammlung von Informationen, die erforderlich sind, um die Gefahr terroristischer Anschläge rechtzeitig zu erkennen und so verhindern zu können. Leben Verdächtige in Deutschland, bestehe ein unmittelbarer Bezug zur Bundesrepublik. Der Kläger lebte seinerzeit im Ruhrgebiet und gehörte der El-Tawhid-Gruppe an, die zum Netzwerk der El Kaida gezählt wird. Bei seiner Verurteilung im Oktober 2005 durch das Oberlandesgericht Düsseldorf spielte ein als "Märtyrer-Telefonat" bezeichnetes Gespräch eine Rolle, in dem sich der Palästinenser als Selbstmordattentäter angeboten haben soll.

Aus Sicht des Klägers war das Abhören seiner Telefonate im Oktober und November 2001 rechtswidrig. Allein der Verweis auf die internationale Terrorgefahr reiche nicht aus, sagte sein Anwalt Jens Dieckmann. Nach der Niederlage in Leipzig erwägt der Jurist eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

In einem Punkt erzielte der Kläger in Leipzig jedoch einen Erfolg: Er hatte kritisiert, dass er zu spät und unzureichend über die Abhöraktion informiert wurde. Der BND lenkte ein und sicherte ihm zu, innerhalb von vier Wochen Nummern und Zeitpunkt von den abgehörten Telefonaten mitzuteilen. Die Pullacher Behörde reagierte damit auf Hinweise des Gerichts, dass eine entsprechende Information angebracht sein könnte. (kj/dpa)

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