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Christoph Metzelder vor dem Düsseldorfer Amtsgericht

© imago images/Michael Gstettenbauer

Urteil im Fall Metzelder: Kinderporno-Klicken ist ein Alltags- und Massendelikt

Der Fall des Ex-Profifußballers wirkt ungewöhnlich – ist es vermutlich aber nicht. Missbrauchsbilder wird es immer mehr geben. Ein Kommentar.

Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Christoph Metzelder ist aus der von ihm selbst so beschriebenen „digitalen Parallelwelt“ zurück auf dem Boden des Grundgesetzes, auf dem für mutmaßliche Täter wie ihn zudem das Strafgesetzbuch gilt. Das Amtsgericht Düsseldorf hat ihn wegen der Weitergabe kinder- und jugendpornografischer Bilder zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

„Mutmaßlich“ sollte man sagen, weil man nie weiß bei Metzelder. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der von Politik und Gesellschaft ehemals Hofierte feuerte parallel zu seinem Prozess aus allen Rohren, die ihm der Rechtsmittelstaat zur Abwehr vermeintlich falscher Vorwürfe zur Verfügung stellt. Er wollte nicht mal, dass man seinen Namen nennt.

Metzelder, Opfer einer Tatprovokation?

Nun spricht er von Scham und Reue, während sich Gerichte, Staatsanwaltschaften und Medien nach ungezählten Metzelder-Klagen doppelt und dreifach überlegen werden, was sie über Ermittlungen gegen Prominente noch mitteilen. Im Zweifel nichts mehr.

Das oder besser: die Metzelder-Verfahren stiften somit eher Verwirrung, als dass sie Aufklärung leisten. Das gilt, scheint es, auch für den Fall selbst. Ein männlicher Konsument von Bildern, die Missbrauch an Kindern zeigen, der seine Dateien mit erwachsenen Sexualpartnerinnen teilt, ist ungewöhnlich; ungewöhnlich auch, wie Polizei und „Bild“ den Verdächtigen praktisch zusammen festsetzten.

Metzelder, Opfer einer Tatprovokation? Das bleibt eine These seines Verteidigers, der seinen Mandanten noch auf eine weitere ungewöhnliche Weise in Schutz nimmt: Der sei „natürlich kein Pädophiler“, weil viele Bildchen, die dieser auf dem Handy hatte, „attraktive junge Frauen“ zeigten, „die Sie und ich genau so attraktiv finden würden“.

Ein kostenloses Überangebot. Man muss nicht mal Kunde sein

Man möchte so etwas weder hören noch lesen, jedenfalls nicht in diesem Zusammenhang. Doch vielleicht verweisen die unbedachten Worte auf die ungewöhnliche Wahrheit an dem Fall, dass vieles an ihm gewöhnlich ist: Jeder Mensch mit Internetzugang kann die „digitale Parallelwelt“ betreten, in der legale Pornografie von Missbrauch und Gewalt an Minderjährigen exakt einen Klick entfernt ist.

Alltäglich haben die Staatsanwaltschaften mit Männern zu tun, für die das eine die Steigerung des anderen bedeutet. Ein Mann wie Metzelder, der sich aus diesem kostenlosen Überangebot bedient haben will, muss nicht mal „Kunde“ sein. Google-Suche genügt. Es bedarf keiner kriminellen Tauschgeschäfte und keiner Kontakte. Wohl kaum eine andere Straftat ist derart leicht zu begehen.

Empörung über die eigene Ohnmacht

Wie soll man reagieren? Mit Abscheu und höheren Strafen? Selbst wenn es weniger Missbrauch gäbe, wird es immer mehr Bilder geben. Die „digitale Parallelwelt“ ist grenzenlos, sie reproduziert sich unbegrenzt. Die Empörung über Fälle wie diesen, sie könnte auch eine Empörung über die Ohnmacht sein, so wenig dagegen ausrichten zu können.

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