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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird bald im Untersuchungsausschuss Stellung nehmen müssen.

© aFoto: Philipp Schulze/dpa

Ursula von der Leyen: Die Solistin

Fehler sind passiert, gibt Ursula von der Leyen zu. Doch Rückzug kommt im Denken der Ministerin nicht vor.

Von Robert Birnbaum

„Es gibt so’n Punkt“, sagt ein Abgeordneter, „da reicht es einfach.“ Der Mann sitzt für die Opposition im Verteidigungsausschuss. Am Mittwoch reichte es Grünen, FDP und Linken dort ganz entschieden. Das Gremium versucht seit Wochen, Licht in die Beraterpraxis in Ursula von der Leyens Ministerium zu bringen. Die Ministerin selbst erschien zur Sondersitzung und ließ sich stundenlang befragen. Ihre frühere Staatssekretärin Katrin Suder, eine Schlüsselfigur in der Affäre, kam nicht. Da reichte es dann.

Mit dem Kopf durch die Wand

Offenbar gab es Versuche, das Unheil in letzter Minute abzuwenden. Ein Antrag auf weitere Millionen für externe Berater verschwand von der Ausschuss-Tagesordnung – auf wessen Veranlassung, blieb ein bisschen unklar. Klüger wäre es so oder so gewesen, ihn gar nicht erst zu stellen. So wirkte er als Affront – mit dem Kopf durch die Wand.

Der Zeugenstuhl im künftigen Untersuchungsausschuss ist der Ministerin jetzt also sicher. Der ist noch jedes Mal zur Anklagebank geworden. Die Sache werde immer undurchsichtiger, „je tiefer man gräbt“, verkündet schon der Linken-Abgeordnete Alexander Neu voller Vorfreude. Aber irgendwie passt das ja als konsequenter Abschluss zum Jahr des Missvergnügens für die Niedersächsin.

Tatsächlich gilt Leyen schon seit Längerem nicht mehr als echte Hoffnungsträgerin. Die Zeiten sind vorbei, in denen sie als Favoritin auf die Nachfolge Angela Merkels gehandelt wurde. Das war ihr sogar recht. Die 60-Jährige hat sich über ihre Chancen auf CDU-Vorsitz und Kanzleramt wenig Illusionen gemacht. So sehr sie Parteiversammlungen gelegentlich mit feurigen Reden verblüffen konnte, so gering war ihr Interesse und ihre Begabung fürs Netzwerken.

Reformerin mit eisernem Besen

Sie blieb die Solistin, als die Merkel sie einst aus Hannover an ihre Seite geholt hatte. Als die Nachfolgefrage plötzlich konkret wurde, kam ihr Name nicht mal mehr spielerisch ins Spiel. Annegret Kramp-Karrenbauer hatte den Platz der Favoritin übernommen.

Für Leyen blieb beim CDU-Parteitag nur die Verteidigung des Vize-Vorsitzpostens. Selbst die gelang nur mit Mühe. 57,47 Prozent der Stimmen – niemand hätte es ihr verdenken können, das Ergebnis als Anlass zum Rückzug zu nehmen. Aber Rückzug kommt in ihrem Denken nicht vor. Als sie 2017 nach dem Auffliegen eines rechtsextremen Offiziersanwärters der Bundeswehr pauschal ein „Haltungsproblem“ unterstellte, mochte sie vor der empörten Reaktion nicht mal taktisch zurückweichen.

Den Spruch nehmen sie ihr in der Truppe wohl auf ewig übel. Dass immer wieder – manchmal ernste, manchmal eher lächerliche – Pannen und Defekte an Ausrüstung und Gerät öffentlich Wellen schlagen, hat übrigens auch damit zu tun. Als Reformerin mit eisernem Besen antreten, wie sie es 2013 tat, löste schon Widerstände im Großapparat Bundeswehr aus. Die ungerechte Beschimpfung verschaffte den Kritikern Legitimation.

Der wildwuchernde Beraterdschungel

„U-Boote, die nicht schwimmen, und Flugzeuge, die nicht fliegen“ sind seither fester Bestandteil jeder Regierungskritik. Die Berateraffäre ist komplizierter, aber noch gefährlicher. Sie hat das Zeug, ihr Reformprojekt generell in Misskredit zu bringen. Anstoß gaben Berichte des Bundesrechnungshofs, der im Ministerium und in Behörden auf einen wild wuchernden Beraterdschungel stieß. Die Externen kamen aus Beratungs- und IT-Firmen, etliche Aufträge wurden ohne Ausschreibung vergeben. Wofür sie in zwei Jahren 200 Millionen Euro kassierten, blieb oft unklar. Die Revision des Ministeriums stieß auf Berater, die mit Dienstzimmer und amtlichem Briefpapier nach außen wie Beamte auftreten konnten.

Dass Fehler passiert sind, hat Leyen schon früher eingeräumt. Den Ausschlag für den Untersuchungsausschuss gab, so stellen es die drei Oppositionsparteien dar, die Weigerung der Ex-Staatssekretärin Suder. Leyen hatte die frühere McKinsey-Frau 2013 als leibhaftigen Reformmotor ins Haus geholt; heute leitet sie den Digitalrat der Regierung. Fragen zu möglicher Vetternwirtschaft wollte sie nur schriftlich beantworten. Leyen hat erklärt, sie könne der einstigen engen Vertrauten ihr Verhalten nicht vorschreiben. Formal stimmt das. Es reichte nur nicht.

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