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Untersuchungsausschuss: Friedensrhetorik auf dem Prüfstand

Der BND-Untersuchungsausschuss hört deutsche Agenten aus Bagdad an. Die Opposition wirft unterdessen die Frage auf, ob die damalige rot-grüne Bundesregierung entgegen ihrer strikten Antikriegsrhetorik heimlich mitgebombt hat.

Von Hans Monath

Die Geschichte klingt wie ein Thriller des Bestsellerautors John Le Carré und beschäftigt nun den BND-Untersuchungsausschuss des Bundestages: Mitten in der heißen Phase des Irakkriegs sammelten zwei Agenten des deutschen Auslandsgeheimdienstes in Bagdad Informationen und lieferten Berichte nach Deutschland, die teilweise auch ans Hauptquartier der US-Streitkräfte (Centcom) in Katar weitergeleitet wurden. Am Donnerstag sagen die beiden BND-Mitarbeiter vor dem Gremium aus – voraussichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Den Abgeordneten geht es aber nicht nur um Fakten. Die Opposition wirft die Frage auf, ob die damalige rot-grüne Bundesregierung entgegen ihrer strikten Antikriegsrhetorik heimlich mitgebombt hat. Auf dem Prüfstand steht auch die Glaubwürdigkeit des damaligen Kanzleramtschefs und heutigen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD). Seit seiner Ernennung zum Kanzlerkandidaten verspürt auch die Union wieder stärkeres Interesse, seine Einlassungen auf Schwachstellen abzuklopfen.

Die Bundesregierung hat ihre Sicht der Dinge im Februar 2006 in einem Bericht ausführlich dargelegt, die der SPD-Obmann im Ausschuss, Michael Hartmann, durch die Akten bestätigt sieht: „Kriegsrelevante, strategisch relevante Informationen“ sind laut Hartmann nicht an die US-Stellen weitergegeben worden. Laut dem Bericht legte die rot-grüne Regierung großen Wert auf eigene Erkenntnisse über den Irak, weil angesichts der Eiszeit im transatlantischen Verhältnis mit neutraler Unterrichtung durch US- Geheimdienste nicht zu rechnen war. Das Defizit sollten die zwei Agenten beheben. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten und sie im Notfall evakuieren zu können, mussten Absprachen mit US-Diensten und dem US-Militär sowie den Irakern getroffen werden. In den eigenen Erkenntnissen sahen die Verantwortlichen „hochwertiges Tauschmaterial“, durch das sie sich Informationen der USA über andere irakische Regionen erhofften.

Verhindert wurde die Weitergabe von Informationen, die US-Bomber zu ihrem Ziel hätten führen können, laut SPD und Regierungsbericht durch eine mündliche Weisung und durch strikte organisatorische Trennung der in Bagdad spionierenden „Staubsauger“ (Hartmann) und des deutschen Verbindungsmannes zu den Amerikanern im Hauptquartier in Katar. Der Leiter der BND-Abteilung „38 b“ („Militärische Auswertung“) in Pullach wurde aus Bagdad beliefert und entschied dann, welche Information an die US-Stellen weitergegeben wurden. Der BND-Verbindungsmann im Centcom (Deckname: Gardist), auf den die US-Seite großen Druck ausübte, konnte angeblich nur gefilterte Informationen weiterleiten.

Zwar lieferten die Agenten auch genaue Positionsbestimmungen von militärischen Gebäuden und Fahrzeugen sowie von Sandsackstellungen. Die Informationen seien aber in der Regel zeitlich verzögert („acht bis 20 Stunden“) an die US-Seite geliefert worden. Direkt abgesetzt worden sei der Hinweis, wonach sich in einem Hotel, nach dem das US-Militär fragte, Journalisten aufhielten. So sei vermutlich deren Leben gerettet worden.

Die Opposition bezweifelt, dass die Weisung eingehalten wurde, und spricht von aktiver deutscher Hilfe bei der Zielauswahl für US-Bombenangriffe.

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